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Vorwort zur internationalen AusgabeDie Kosten der TatenlosigkeitVON ROBERTO BISSIO 1Es ist unmöglich, endgültige, unumstößlicheAntworten auf hypothetischeFragen zu geben, die gegenwärtige Entwicklungenbetreffen. Und doch drehtsich heutzutage die internationale Debattehäufig um eine solche Frage: Lebtes sich besser in einer Welt ohne einenSaddam Hussein an der Macht? Einesolche Frage zieht unweigerlich eineweitere nach sich: Ginge es der Weltnicht besser, wenn die in den Irakkrieginvestierten Mittel und Anstrengungenanderswohin geflossen wären – zumBeispiel, um den Armen zu helfen?Es ist schwer, überhaupt noch Neues zuden enormen Mengen an verfügbarenInformationen und Kommentaren zudiesen Fragen hinzuzufügen. Aber genaudas versucht der vorliegende SocialWatch Report, indem er sich den Themenvon einer anderen Seite nähert –nämlich von der Seite der Basisorganisationenin allen Teilen der Welt, die anvorderster Front im Kampf gegen Armutund Diskriminierung stehen.Täglich sterben Tausende in allen Teilender Welt, obwohl ihr Tod problemloshätte vermieden werden können. Wirdsich in ein paar Jahren die Welt fragen,warum niemand Entscheidungen getroffenhat, um das Sterben zu verhindern?Sollte dies der Fall sein, kann sich keinEntscheidungsträger herausreden, dasses keine Warnungen gegeben hätte.1 Roberto Bissio ist Koordinator von SocialWatch.In einem Interview mit einer australischenFernsehstation beklagte sich derPräsident der Weltbank, James Wolfensohn,kürzlich über die schockierendeUngerechtigkeit bei den staatlichenAusgaben für globale Militäraktionenund der Finanzierung von Entwicklungsprogrammen.„Wir haben ungefähr50 Mrd. Dollar Entwicklungsausgabenund 1000 Mrd. an Militärausgaben;das halte ich für unausgewogen“,bemerkte er. Andere Stimmenweisen auf weit schlimmere Konsequenzenhin: unmittelbare zivile Opfer,massenhafte Menschenrechtsverletzungen,wachsende Fremdenfeindlichkeit,Missachtung internationaler Gesetze.Es ist noch verfrüht, eine Aussage darüberzu treffen, wie viel Schaden dasinternationale rechtliche und institutionelleSystem und mit ihm die UN durchden Irak-Krieg genommen hat. Es bestehtaber kein Zweifel, dass es dieDemokratie nicht stärkt, wenn dieÖffentlichkeit den Worten ihrer Führungkeinen Glauben mehr schenkt. Der amerikanischeKolumnist und Pulitzer-Preisträger Herbert Agar beschrieb denenormen Wert von Versprechungen bereitsin den schweren Zeiten der GroßenWirtschaftskrise: „Unsere Zivilisationberuht auf einer Reihe von Versprechen;werden diese Versprechen zu häufiggebrochen, stirbt die Zivilisation, wiereich oder technisch versiert sie auchsein mag. Hoffnung und Glaube sindabhängig von Versprechen; wenn Hoffnungund Glaube schwinden, folgt allesandere nach.“Im Jahr 2000 gaben die Präsidentenund Premierminister fast aller unabhängigenNationen der Welt das großeVersprechen, die Armut innerhalb einerGeneration von der Erde zu verbannen.Social Watch wurde 1995 genau zudem Zweck geschaffen, die Regierungenan die von ihnen eingegangenenVerpflichtungen zu erinnern, nämlichGeschlechtergerechtigkeit und Armutsbeseitigungganz oben auf ihre nationaleund internationale Agenda zu setzen.Seither berichten Bürgerkoalitionen ausrund fünfzig Ländern von allen Kontinentenjedes Jahr über ihre Analysen.Aber statt die nationalen Social Watch-Koalitionen zu bitten, sich bei ihrenUntersuchungen für diesen Bericht aufeine der vielen Entwicklungsziele zukonzentrieren, 2 stellten wir ihnen die2 Frühere Social Watch Berichte konzentriertensich unter anderem auf Bildung, auf Armutund auf lebenswichtige soziale Dienste.Frage: „Was sind die Haupthindernissefür menschliche Sicherheit in IhremLand?“Die Millennium-Entwicklungsziele sollenja nicht nur Entwicklungsinstitutionenwie der Weltbank die Möglichkeitbieten, zögernden Geberländern mehrGeld zu entlocken, sondern sie sind diepraktische Messlatte zur Beurteilungpolitischer Maßnahmen und Ergebnisse.Der wesentliche Zweck vereinbarterZielgrößen und Indikatoren bestehtdarin, der Öffentlichkeit die Beurteilungund Überprüfung der Leistungenihrer Regierungen und der vonihnen kontrollierten internationalenInstitutionen zu ermöglichen. Gleichzeitigist die Forderung, dass Versprecheneingehalten werden müssen,auch für den politischen Willen förderlich,sie in die Tat umzusetzen.Die Indizes, Ranglisten und Bewertungenjedes einzelnen Bereichs verschiedenersozialer Entwicklungen zeigeneines ganz deutlich: Die enormenUngleichheiten auf der Welt dauern an– mit einer wachsenden Kluft zwischenArm und Reich und trotz erheblicherAnstrengungen von Seiten vieler Entwicklungsländer,die Lage ihrer Bevölkerungzu verbessern. Aber die von denreicheren Ländern eingegangenen Verpflichtungensind nicht eingehaltenworden und so wie die Dinge liegen,wird sich daran bis 2015 nichts ändern.Vor zwei Jahrtausenden schrieb Seneca,„nicht weil es schwer ist, wagen wir esnicht, sondern weil wir es nicht wagen,ist es schwer“. Keine der erforderlichenMaßnahmen ist technisch schwierigoder politisch untragbar. Die meisten,wenn nicht alle würden tatsächlichüberall auf enormen politischen Zuspruchstoßen. Wenn wir nicht mutighandeln, wenn wir zögern oder gar untätigbleiben, kann das nur dazu führen,dass die Menschheit nicht einmal diewenigen Ziele erreicht, auf die mansich schon geeinigt hat.Social Watch Report Deutschland / 5

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