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Migranten, Migrantinnen und ArmutVON STEFAN HERCEG 1Der Begriff MigrantenInnen ist neuerenDatums. Bis in die 80er Jahre wurdenvornehmlich die Wörter „Ausländer“und „Gastarbeiter“ verwendet. Er umfasstzunächst alle in der BundesrepublikDeutschland lebenden Menschennicht deutscher Staatsangehörigkeit.Die Bezeichnung ist in so fern unscharf,als darunter auch jene Menschenfallen, die inzwischen eingebürgertsind, wobei man diese Gruppeauch als Menschen mit Migrationshintergrundbezeichnet. Die zwei größtenGruppen der Migranten in Deutschlandsind Flüchtlinge und Arbeitsmigranten.Gesetzlich verordnete ArmutÜber zwei Drittel der Flüchtlinge sindin Sammelunterkünften untergebracht.Asylbewerber werden anders behandeltals Kriegsflüchtlinge, denen am Anfangder 90er Jahre genehmigt wurde, aucharbeiten zu dürfen, wenn sie eine Arbeitgefunden hatten. 1997 jedoch wurdeein generelles Arbeitsverbot eingeführt.Womit die erste Ursache, warumFlüchtlinge in wirtschaftliche Schwierigkeitenkommen, bereits umrissenwäre: Die Caritas-Armutsuntersuchungvon 1992 2 hat gezeigt, dass die Quoteder Nicht-Erwerbstätigen unter ausländischenFlüchtlingen 82,5 Prozent beträgt.Aufgrund ihrer Aufenthaltsdauerwäre allerdings mit einem höherenGrad an Erwerbstätigkeit zu rechnengewesen. Immerhin halten sich 43,7Prozent aller Flüchtlinge bereits längerals 2 Jahre in Deutschland auf.1 Stefan Herceg ist Mitarbeiter im ReferatMigration und Integration, DeutscherCaritasverband2 www.caritas.deLogische Folge für die Flüchtlinge, dienicht arbeiten dürfen, ist, Sozialleistungenin Anspruch zu nehmen. Die Caritasuntersuchungzeigt, dass 76,7 Prozentaller Flüchtlinge zum Zeitpunktder Untersuchung Hilfe zum Lebensunterhaltbekamen. Die Leistungenwerden unter das Existenzminimum desBundessozialhilfegesetzes abgesenkt.Einschränkungen bestehen zudem inder medizinischen Versorgung, bei derfreien Arztwahl und in amtsärztlicherPflichtbehandlung. Sämtliche Vermögenswertewerden vollständig vomSozialamt angerechnet. Es wurdenzunächst Warengutscheine eingeführtum den Flüchtlingen Barmittel zu entziehenund zuletzt Lebensmittelpakete,bei denen der Wert der ausgesprochenenLeistungen gegenüber den Preisenim Einzelhandel um etwa 30 Prozentgekürzt war. Aus den Beratungsstellender Caritas wird öfter mitgeteilt, dassdiese Maßnahmen den Steuerzahlermehr gekostet haben, als wenn geregelteSozialhilfe ausgezahlt worden wäre.Nicht zu unterschätzen sind auch diesozio-psychologischen Auswirkungeneines solchen Umgangs mit Flüchtlingen:Das Drängen der Flüchtlinge indie Sozialhilfe und Asyl-Leistungsgesetz-Abhängigkeitschafft Sozialneidund erzeugt Bilder von ausländischenSchmarotzern. Gleichzeitig wird dieInanspruchnahme solcher Leistungenals Missbrauch gebrandmarkt. Deutlichwird dies insbesondere an der Zunahmevon abschätzigen Phrasen über und herabwürdigendenBezeichnungen vonFlüchtlingen im deutschen Sprachgebrauch:Seit Ende der 80er Jahre wurdenimmer öfter Begriffe wie ‚DasBoot ist voll’, ‚Überflutung’, ‚fauleSchmarotzer, die unser Sozialsystemaushöhlen’, ‚Wirtschaftsflüchtlinge’und ähnliches mehr verwendet.Abschätzige PhrasenEine weitere Ursache für die Armut vonFlüchtlingen sind deren miserableWohnverhältnisse, unterdurchschnittlicheBildung, Ausbildung, Gesundheitund mangelnde politische Partizipation.Zusammenfassend muss gesagt werden,dass die Flüchtlinge vor allem aufgrundder restriktiven staatlichen Asylpolitikin extremer Weise von Armut betroffensind. Anhand des Versorgungsgrades inden zentralen Lebensbereichen Arbeitund Einkommen, Wohnverhältnisse,Bildung, Ausbildung, Gesundheit undpolitische Partizipation werden Armutslagengemessen. Es lässt sich für dieüberwiegende Zahl der Flüchtlingefeststellen, dass sie in allen Bereichenunterversorgt sind, und ihnen nahezualle Chancen genommen werden, ausdieser marginalisierten Existenz herauszukommen.Anders als in anderenFeldern der Sozialpolitik besteht gegenüberden Flüchtlingen nicht der Willesie aus den Armutslagen herauszuführen.Im Gegenteil: Armut wird gesetzlichverordnet – in der Hoffnung, damitabzuschrecken. So sollen Arme undBedrängte aus anderen Teilen der Weltvon den Grenzen Deutschlands ferngehalten werden.Abschreckende Wirkung politischgewolltGesetzliche Hindernisse beschränkenden Zugang zu Existenz sicherndenArbeitsplätzen. Freie Wahl des Wohnortesbesteht nicht. Für Kinder vonFlüchtlingen besteht in den meistenBundesländern keine Schulpflicht. Füreinen Teil der Kinder erhalten dieFamilien – auch wenn ein Elternteilbeschäftigt ist – kein Kindergeld unddie Mütter kein Erziehungsgeld. Durchdie Einschränkungen in den Grundrechtenund bei sozialstaatlichen Hilfenreduzieren sich zwangsläufig auchsoziale Kontakte und Partizipationsmöglichkeiten,die in einer marktwirtschaftlichausgerichteten Gesellschaftentscheidend an die Verfügbarkeit desGeldes geknüpft sind. So verhindertetwa die Sachleistungsgewährung nichtnur, dass Anwälte nicht mehr bezahltwerden können – womit das Asylrechtauf dem kalten Weg beschnitten wordenist. Die mangelnde Verfügbarkeit vonBargeld erschwert auch gegenseitigeSocial Watch Report Deutschland / 18

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