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Darüber hinaus wirkt sich die Verarmungder Staatskassen, insbesonderedie der Kommunen, auf die unteren undmittleren Einkommensschichten in besondererWeise aus. Die durch Steuersenkungenund Steuergeschenke anVermögende reduzierten Handlungsspielräumeder öffentlichen Kassentreffen bei Kreisen und Kommunenzunehmend deren Dienstleistungen(unter anderem bei sozialen Diensten,Bildung, Kultur, Sport). Das sindAngebote, auf die insbesondere dieunteren Einkommensgruppen angewiesensind. Dienste werden eingeschränktoder eingestellt; oder sie führen durchGebührenerhöhungen zu relativ hohenBelastungen für untere und mittlereEinkommensschichten.Mit der Agenda 2010 wird der Prozessder Pauperisierung nicht gestoppt, geschweigedenn gewendet – im Gegenteil,er wird systematisch beschleunigt.Vorbereitet wurde die Agenda 2010 in2002 als ‚Vermittlungsskandal’ derArbeitsverwaltung und durch eine Neuauflageder ‚Faulenzerdebatte’. Balddarauf wurden die Konzepte in die sogenanntenHartz-Gesetze umgemünzt,die in 2003 in einen Allparteienkompromissum die Agenda 2010 herumübergeleitet wurden.Die Agenda 2010 beschleunigt dieVerarmungVon der Aufwertung der Leiharbeit in2003/2004 werden abermals untere undmittlere Einkommensgruppen besondersgetroffen. Von der sogenanntenZeitarbeit gehen zugleich Effekte aus,die bei den Stammbelegschaften (wiederumverstärkt in den unteren undmittleren Vergütungsgruppen) lohnsenkendeWirkungen entfalten und so zurVerarmung weiterer Bevölkerungskreisebeitragen.Hinzu sind seit Januar 2004 die aus derKrankenversicherung ausgelagertenKosten für medizinische Leistungengetreten. Auch Haushalte, deren Mitgliederin absoluter Armut leben, müssennun die Eigenleistungen in denüblichen Grenzen tragen. Haushalte mitgeringem Einkommen nehmen die Gesundheitsdienstleistungenentsprechendzurückhaltend in Anspruch: Krankheitund geringere Lebenserwartung korrelierenmit Armut.Bei der Rente wird mit der Einführungdes sogenannten Nachhaltigkeitsfaktorsmittel- bis langfristig das Leistungsniveauweiter gesenkt. Renten werdenfür einen zunehmend größeren Teil derälteren Menschen, insbesondereFrauen, auf oder sogar unter das Niveauder Sozialhilfe beziehungsweise derGrundsicherung absinken. Durch dieAufstockung von hälftigen auf volleVersicherungsbeiträge, wie jüngst beider Pflegeversicherung, sinkt dasRentenniveau ebenfalls.Hinzu wird zum 1. Januar 2005 die Abschaffungder Arbeitslosenhilfe und dieUmbenennung der Sozialhilfe in ArbeitslosengeldII (Alg II) treten. Dieswird vor allem Haushalte an der relativenArmutsgrenze treffen und sie in dieabsolute Armut drücken. Das Alg IIknüpft bei der seit Jahren eingefrorenen(real also abgesenkten) Sozialhilfe undder beständig eingeschränkten Arbeitslosenhilfean. Bereits seit Januar 2003sind durch die Einschnitte bei der Arbeitslosenhilfe(weitergehende Anrechnungvon Ersparnissen und Partnereinkommen)viele Personen verarmt.Durch die sogenannte Zusammenlegungvon Arbeitslosen- und Sozialhilfewerden ab Januar 2005 weitere rund500.000 Personen keine einschlägigenLohnersatzleistungen mehr erhalten; inOstdeutschland betrifft das knapp einDrittel aller Leistungsbezieher. DieZahl derjenigen, die zukünftig mitHaushaltseinkommen in Höhe derabsoluten Armutsgrenze leben müssen,steigt um gut 50 Prozent von knapp 3Mio. auf rund 4,5 Mio. Menschen. Denunteren Einkommensgruppen werdenaufgrund der gesetzlichen Einschnitteim Zeitraum der Jahre 2004 bis 2005Einkünfte von jährlich 6 bis 8 MilliardenEuro entzogen – ein Volumen umdas die Spitzensteuerzahler in etwajährlich bereichert werden.Auch die Beschäftigten werden dieAuswirkungen des Alg II zu spürenbekommen. Die Zumutbarkeit vonNiedrigstlöhnen - das heißt auch Löhnenweit unter Tarif – für Alg-II-Bezieherwird zusätzlichen Druck auf dieLöhne ausüben - zunächst vor allemauf die unteren und dann auch auf diemittleren Lohngruppen. Die Spiralevon Lohnsenkungen, Anwachsen derArmut, Reduzierung von Kaufkraft,Sinken des Beschäftigungsvolumens,Zunahme von Insolvenzen (bei Verbrauchernwie bei Firmen) wird sicherneut drehen.Materielle Nöte verstärkenVerunsicherung und AngstImmer breitere Bevölkerungskreiseerfahren, was Armut tatsächlich bedeutet.Immer mehr Menschen sind vonsich gegenseitig überbietenden Forderungender Besserverdienenden zu weiteremLohn- und Sozialabbau bedroht.Materielle Nöte verstärken Verunsicherungund Angst. Die Erfahrungvon Armut kann weder schön noch hinweggeredet werden.Verarmung schlägt sich in Verschuldungund wachsender Konsumzurückhaltungnieder. Auch die Wirtschaft leidetunter der Kaufkraftschwäche imInland (ein Phänomen, das zum Teildurch Exportstärke verdeckt wird).Eine gerechtere Verteilung von Armutund Reichtum steht also auf derAgenda – Gerechtigkeit, die Land undLeuten mehr Prosperität ermöglichenkann.Social Watch Report Deutschland / 15

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