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Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

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(A)<br />

(B)<br />

Hartmut Koschyk<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />

auch gegenüber unserem Wirtschaftsgefüge vermittelt.<br />

Dies nutzt den deutschen Außenwirtschaftsbeziehungen<br />

vor allem mit den Ländern, die für die deutsche Wirtschaft<br />

in den kommenden Jahrzehnten immer wichtiger werden.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU)<br />

Es geht hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch um<br />

eine Kernaufgabe des deutschen Auslandsschulwesens,<br />

nämlich um eine qualitativ hochwertige Schulversorgung<br />

für Tausende von Kindern deutscher Staatsbürger, die<br />

zeitweilig für deutsche Unternehmen, sonstige deutsche<br />

Einrichtungen oder deutsche Vertretungen im Ausland<br />

tätig sind. Wir haben eine Fürsorgepflicht für die schulische<br />

Wiedereingliederung der Kinder deutscher Staatsbürger,<br />

die sich zeitweise im Ausland aufhalten. Diese<br />

können wir nur dann gewährleisten, wenn die Schulversorgung<br />

auf einem hohen Niveau sichergestellt bleibt.<br />

Deutsche Auslandsschulen sind aber auch ein wichtiges<br />

Bindeglied zwischen Deutschland und den auf Dauer<br />

im Ausland lebenden deutschsprachigen Gemeinschaften,<br />

insbesondere den deutschen Minderheiten vor allem in<br />

Mittel- und Osteuropa, die eine wichtige kulturelle<br />

Brücke zwischen Deutschland und ihren Heimatländern<br />

darstellen.<br />

Die deutsche Wirtschaft lebt ganz entscheidend vom<br />

Export. Dies setzt Präsenz auf allen Weltmärkten voraus.<br />

Sehr viele deutsche Unternehmen entsenden ihre Mitarbeiter<br />

ins Ausland, damit sie dort Kunden werben und beraten,<br />

Maschinen aufstellen und warten, den Export ausbauen<br />

sowie Filialnetze errichten. Für diese Mitarbeiter<br />

der deutschen Wirtschaft ist es entscheidend, dass ihre<br />

Kinder im Ausland eine Schulausbildung nach deutschem<br />

Modell vorfinden, damit sie später ihre Ausbildung in<br />

Deutschland fortsetzen können. So hat eine Untersuchung<br />

des Deutschen Industrie- und Handelstages ergeben, dass<br />

für 95 Prozent der deutschen Unternehmen die Existenz<br />

einer guten deutschen Schule in dem jeweiligen Land von<br />

großer Bedeutung ist, um Entsandtkräfte für eine Tätigkeit<br />

in diesem Land zu gewinnen.<br />

Zugleich – und das sollte uns alarmieren – beklagen<br />

86 Prozent der vom Deutschen Industrie- und Handelstag<br />

befragten Unternehmen eine für die Erfüllung ihrer Aufgaben<br />

nicht hinreichende finanzielle Ausstattung deutscher<br />

Schulen im Ausland. Deshalb hat die Wirtschaftsministerkonferenz<br />

auf Initiative Bayerns zu Recht einen<br />

Appell an die Bundesregierung gerichtet, die Qualität und<br />

Funktionsfähigkeit der deutschen Auslandsschulen nicht<br />

durch Kürzungen im Haushalt des Auswärtigen Amtes<br />

weiter zu gefährden, sondern das deutsche Auslandsschulwesen<br />

nachhaltig zu stärken und weiter auszubauen.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

Betrachtet man die Entwicklung des Schultitels des<br />

Auswärtigen Amtes seit Regierungsübernahme der rotgrünen<br />

Koalition im Jahr 1998, so stellt man fest, dass der<br />

Schultitel im Auswärtigen Amt 1998 noch 193 Millionen<br />

Euro betrug. In diesem Jahr ist dieser Ansatz auf<br />

172 Millionen Euro gesunken. Er soll in der mittelfristigen<br />

Finanzplanung bis zum Jahr 2004 auf 169 Millionen<br />

Euro zurückgeführt werden. Diese Kürzungen beinhalten<br />

noch nicht die Teuerungsraten in vielen Ländern der Welt<br />

22533<br />

und die Wechselkursschwankungen. Berücksichtigt man<br />

diese Aspekte, so kann man von einer Senkung des Schultitels<br />

im Auswärtigen Amt von 30 bis 40 Prozent ausgehen.<br />

(Zuruf von der CDU/CSU: Zu viel!)<br />

Zu Recht warnen deshalb die deutschen Außenhandelskammern,<br />

die Verantwortlichen deutscher Unternehmen<br />

vor Ort, aber auch die Wirtschaft in Deutschland vor der<br />

Gefahr eines Renommeeverlustes deutscher Auslandsschulen<br />

gegenüber internationalen Schulen vor Ort. Die<br />

Folgen dieser Einsparungen sind schon heute sichtbar. Sie<br />

äußern sich im Rückgang der Anzahl qualifizierter Entsendelehrer,<br />

in Statusverschlechterungen und in der zu<br />

geringen Anzahl deutscher Lehrer. Das Schulgeld hingegen<br />

steigt, was zur Folge hat, dass die Zahl der Schüler<br />

zurückgeht. Durch die massive Kürzungspolitik der Bundesrepublik<br />

sind die deutschen Auslandsschulen zu einem<br />

Stiefkind der deutschen auswärtigen Kulturpolitik geworden.<br />

Dies ist nicht länger hinnehmbar.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU – Rita Grießhaber<br />

[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt<br />

doch nicht!)<br />

Wir fordern deshalb in unserem Antrag, die weitere<br />

Kürzung des Schultitels zu stoppen und den in der mittelfristigen<br />

Finanzplanung vorgesehenen Finanzierungsansatz<br />

endlich grundlegend zu korrigieren. Die Bundesregierung<br />

muss anerkennen, dass die deutschen<br />

Auslandsschulen einen wesentlichen Beitrag zum Ansehen<br />

Deutschlands in der Welt leisten und dass sie einen<br />

legitimen und gesicherten Anspruch auf eine verlässliche<br />

Finanzierung durch Mittel aus dem Bundeshaushalt haben.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

In der mittelfristigen Finanzplanung müssen auch die Folgen<br />

berücksichtigt werden, die sich aus Wechselkursschwankungen<br />

und der Geldentwertung in den Gastländern<br />

ergeben.<br />

Auch im Rahmen der 38. Jahrestagung des Instituts für<br />

deutsche Sprache, die unter dem Thema „Deutsch von<br />

außen“ stand, wurde erst in diesen Tagen mehrfach die<br />

Forderung formuliert, die auswärtige Kulturpolitik solle<br />

ihren Sparkurs beenden und die Anstrengungen des<br />

Goethe-Institutes, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes,<br />

der anderen Mittler, aber auch der deutschen<br />

Auslandsschulen zur Verbreitung der deutschen<br />

Sprache und Kultur sowie zum Erhalt der sprachlichen<br />

Vielfalt nach Kräften unterstützen.<br />

Die rot-grüne Bundesregierung beraubt sich mit ihrer<br />

derzeitigen Politik eindeutig eines der vornehmsten Instrumente<br />

auswärtiger Kulturpolitik.<br />

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)<br />

Nicht nur die wiederholte, vollmundig angekündigte Stärkung<br />

der auswärtigen Kulturpolitik bleibt weiterhin aus.<br />

Es kommt noch schlimmer: Es werden bestehende, funktionierende<br />

Strukturen der auswärtigen Kulturpolitik gerade<br />

auch im Bereich des Auslandsschulwesens durch<br />

die vorgenommenen Kürzungen in einem nicht mehr zu<br />

(C)<br />

(D)

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