Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
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22446<br />
Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />
– also des Rates der Außenminister – aufzuheben – daran<br />
hätte niemand zu denken gewagt –, sondern die Arbeit zu<br />
erleichtern und, wo immer dies möglich ist, zu verbessern.<br />
Wir haben zunächst eine Diskussion darüber geführt<br />
und dann auf Anregung der spanischen Präsidentschaft<br />
beschlossen, dass die Staats- und Regierungschefs für<br />
Sevilla eine Entscheidung in diese Richtung vorbereiten<br />
sollten. Die persönlichen Beauftragten der Staats- und Regierungschefs<br />
werden die entsprechenden Vorbereitungen<br />
treffen.<br />
Ich meine, dass die Etablierung eines solchen Rates<br />
vernünftig ist, weil durch die fortschreitende Integration<br />
in Europa aus dem, was früher ausschließlich Außenpolitik<br />
war, mehr und mehr Wirtschafts-, Finanz- und Innenpolitik<br />
wird. Dass dies ein besonderes Interesse heraufbeschwört,<br />
liegt auf der Hand.<br />
Zu der Frage, wo dieser Europaminister – oder wie<br />
auch immer man ihn bezeichnet – angesiedelt wird, gibt<br />
es unterschiedliche Überlegungen und Modelle. Frankreich<br />
zum Beispiel hat einen Europaminister mit originären<br />
Kompetenzen, der Teil des Außenministeriums<br />
ist. In anderen Ländern gehört er zur jeweiligen Regierungszentrale.<br />
Ich meine, dass derzeit keine Debatten<br />
über Organisationsfragen, sondern eher über die Notwendigkeit<br />
eines solchen Konzeptes geführt werden sollten.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]:<br />
Fischer guckt so begeistert!)<br />
– Was macht er?<br />
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Fischer ist hellauf<br />
begeistert! – Gegenruf von Joseph Fischer,<br />
Bundesminister: Natürlich! – Heiterkeit bei der<br />
CDU/CSU)<br />
– Ja natürlich, das ist doch klar. Warum sollte er nicht begeistert<br />
sein, wenn vernünftige europapolitische Vorschläge<br />
diskutiert werden? Das ist doch keine Frage.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Wir haben – damit komme ich zum Außenminister –<br />
über die Diskussion, die ich bereits erläutert habe, hinaus<br />
ein sehr schwieriges und wichtiges außenpolitisches Problem<br />
zu beraten gehabt. Dabei handelt es sich um die Situation<br />
im Nahen Osten. Wir haben deutlich gemacht,<br />
dass die Europäische Union insgesamt den Plan des saudiarabischen<br />
Kronprinzen Abdullah unterstützt, der dazu<br />
führen soll, dass die Parteien wieder an den Verhandlungstisch<br />
kommen. Unser Eindruck in Barcelona und<br />
auch jetzt ist, dass es durch die erneute amerikanische Intervention,<br />
die wir für richtig und vernünftig halten, gelingen<br />
könnte, wieder Bewegung in die Situation im<br />
Nahen Osten in Richtung Deeskalation der Gewalt und<br />
Rückkehr an den Verhandlungstisch zu bringen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der<br />
FDP und des Abg. Roland Claus [PDS])<br />
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass<br />
alle Fraktionen in diesem Haus ein Interesse daran haben,<br />
dass der Konflikt im Nahen Osten auf dem Verhandlungswege<br />
entschärft und schließlich gelöst wird,<br />
(Beifall im ganzen Hause)<br />
und dass wir – ungeachtet der Auseinandersetzungen über<br />
Details – zu der Auffassung kommen werden, dass Europas<br />
und auch Deutschlands Rolle in diesem Prozess zwar<br />
wichtig und hilfreich sein kann, bei der Lösung des Konflikts<br />
aber nicht dominieren wird. Gleichwohl müssen<br />
auch wir die Chance, die sich ergeben hat, ergreifen.<br />
Diese Chance besteht darin, dass die Vereinigten Staaten,<br />
die Vereinten Nationen und die Europäische Union miteinander<br />
und auf der Basis der genannten Konzepte dafür<br />
sorgen, dass es zu einer friedlichen Entwicklung im Nahen<br />
Osten kommt.<br />
Eine neue Chance wird die friedliche Entwicklung im<br />
Nahen Osten nur dann bekommen, wenn man das realisiert,<br />
was Kern der Aussage des Sicherheitsrates war: dass<br />
einerseits Israel dauerhaft in gesicherten Grenzen friedlich<br />
existieren kann und dass andererseits die Palästinenser<br />
ihren eigenen Staat erhalten. Wir alle miteinander haben<br />
Anlass, uns mit dem, was in diesem Punkt jetzt in<br />
Bewegung gekommen ist, einverstanden zu erklären und<br />
es zu unterstützen.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort<br />
hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Friedrich<br />
Merz.<br />
Friedrich Merz (CDU/CSU) (von der CDU/CSU mit<br />
Beifall begrüßt): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen<br />
und Herren! Vor zwei Jahren hat sich die Europäische<br />
Union auf dem von Ihnen, Herr Bundeskanzler, zitierten<br />
Rat in Lissabon das strategische Ziel gesetzt, „die Union<br />
zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten<br />
Wirtschaftsraum in der Welt zu machen, zu einem<br />
Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum<br />
mit mehr und besseren Arbeitsplätzen<br />
und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu realisieren“.<br />
Der Gipfel vom vergangenen Wochenende hätte<br />
feststellen müssen, dass Sie von dem Ziel, dass Sie sich<br />
vor zwei Jahren in Lissabon gesetzt hatten, weiter denn je<br />
zuvor entfernt sind.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Ich bestreite nicht, dass die Zwischenbilanz, die Sie gezogen<br />
haben, in einigen wenigen Bereichen, etwa bei der<br />
Computer- und Internetnutzung sowie bei einer Reihe von<br />
Dienstleistungsrichtlinien insbesondere für die Finanzmärkte,<br />
durchaus positiv ausfällt. Ich begrüße auch ganz<br />
ausdrücklich die unmissverständliche und klare Botschaft,<br />
die die Staats- und Regierungschefs am vergangenen<br />
Wochenende zum Konflikt im Nahen Osten abgefasst<br />
haben. Wir teilen das Bekenntnis zu einem<br />
demokratischen und unabhängigen Staat Palästina ebenso<br />
wie das Recht der Israelis, in sicheren staatlichen Grenzen<br />
leben zu können. Wir alle sind über die Lage im Nahen<br />
(C)<br />
(D)