Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002 22569<br />
Die Auslandsschulen werden automatisch – auch durch<br />
die geringere Entsendung von Firmenkräften – zu Begegnungsschulen.<br />
Gerade das sollen wir auch fördern. Eine<br />
stärkere Kooperation der europäischen Länder und der<br />
Träger von Auslandsschulen ist zusätzlich nötig, um mehr<br />
Euro-Campus-Schulen zu entwickeln. Dann schaffen wir<br />
es, dem amerikanischen Angebot ein europäisches entgegenzusetzen<br />
und aktiv Studenten und damit Eliten aus<br />
ihren jeweiligen Ländern eine Anbindung an Deutschland<br />
und Europa zu bieten.<br />
Insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern<br />
können durch eine intensivere Zusammenarbeit mit Vertretern<br />
der deutschen Wirtschaft die berufsbildenden<br />
Zweige ausgebaut und damit eine erhöhte lokale Nachfrage<br />
nach Absolventen des dualen Systems angeregt werden.<br />
Das wäre meiner Auffassung nach ein Schritt in die<br />
richtige Richtung und ein gutes Beispiel für „public-private-partnership“<br />
in der auswärtigen Kulturpolitik.<br />
Für die Förderung internationaler Kontakte und Austauschaktivitäten<br />
im Schulbereich erhält der Pädagogische<br />
Austauschdienst der Kultusministerkonferenz Fördermittel<br />
aus der auswärtigen Kulturpolitik. Seine<br />
Schwerpunkte sind die Pflege von Schulpartnerschaften,<br />
die Weiterbildung von Ortskräften sowie Besuchsprogramme<br />
für ausländische und deutsche Schüler. Der<br />
Pädagogische Austauschdienst fördert Toleranz und gegenseitiges<br />
Verständnis. Er ist für die Grundlagen internationaler<br />
Dialogbereitschaft entscheidend, weil er jungen<br />
Menschen ermöglicht, sich mit anderen Vorstellungen<br />
und Werten auseinander zu setzen. Das trägt auch dazu<br />
bei, Anstöße für Demokratieentwicklung zu liefern. Wir<br />
haben damit ein gutes Netz internationaler Zusammenarbeit<br />
im Schulbereich.<br />
Kommen wir zu einem zentralen Anliegen der auswärtigen<br />
Kulturarbeit im Allgemeinen und der Schulen im<br />
Besonderen: Die Förderung der deutschen Sprache im<br />
Ausland ist nach wie vor eine der höchst dotierten Einzelaufgaben<br />
der auswärtigen Kulturpolitik. Auch wenn die<br />
Nachfrage nach Deutschunterricht weltweit stark bleibt<br />
und in einigen Ländern sogar steigt, so wird Deutsch immer<br />
mehr vom Englischen verdrängt. In der Computersprache<br />
und im Internet hat sich Englisch als Mittel der<br />
Verständigung etabliert, auch wenn der deutsche Anteil<br />
im Internet weiter wächst. Auch in den Naturwissenschaften<br />
hat Deutsch längst seinen Stellenwert als internationale<br />
Wissenschaftssprache verloren. Vor diesem Hintergrund<br />
müssen wir weiter versuchen, Deutsch<br />
international als eine zweite Fremdsprache zu etablieren.<br />
Die Konzentration der zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />
auf Schwerpunktregionen wie zum Beispiel die mittel- und<br />
osteuropäischen Staaten und die GUS einerseits und Multiplikatoren<br />
andererseits – ohne die notwendige Unterstützung<br />
des Deutschunterrichts außerhalb von Schwerpunktregionen<br />
zu vernachlässigen – hat nach wie vor Priorität.<br />
Die Begegnung der Kulturen ist die Chance des<br />
21. Jahrhunderts. Im Zeitalter der Globalisierung bietet<br />
die Kommunikation zwischen den Kulturen die Chance<br />
für friedliche Kooperation, für Konfliktvermeidung und<br />
verständnisorientierten Dialog. Die Vereinten Nationen<br />
hatten das vergangene Jahr 2001 als das „Internationale<br />
Jahr des Dialogs zwischen den Kulturen“ ausgerufen.<br />
Dies ist dem Deutschen <strong>Bundestag</strong> eine besondere Verpflichtung.<br />
Der gegenseitige Austausch, das Verstehen<br />
des anderen, der Respekt vor anderen Kulturen, Gebräuchen<br />
und Sitten, das gegenseitige Geben und Nehmen,<br />
also die vom Auswärtigen Amt so genannte „Zweibahnstraße“,<br />
ist der Weg, der in Zukunft verstärkt in der internationalen<br />
Zusammenarbeit gegangen werden muss.<br />
Es muss in der auswärtigen Kulturpolitik verstärkt darum<br />
gehen, die Zivilgesellschaft, ihre Institutionen und<br />
vielfältigen Verbindungen und Netzwerke als Basis der<br />
internationalen Kulturbeziehungen zu fördern. Beziehungen<br />
zwischen verschiedenen Ebenen der Zivilgesellschaft<br />
können unterhalb der politischen und diplomatischen<br />
Ebene Türen zum gegenseitigen Verständnis und zu verbesserter<br />
Kommunikation öffnen und bereits dort konfliktverhindernd<br />
wirken. Die deutschen Auslandsschulen<br />
spielen hierbei die Rolle der „ersten Instanz“. Hier kommen<br />
junge Menschen – vielfach zum ersten Mal – in Kontakt<br />
mit Deutschland und seiner Kultur. Deshalb sind die<br />
Schulen der Türöffner für die Auseinandersetzung mit<br />
Deutschland und allem, was es ausmacht, und wirken prägend<br />
für die Sozialisation – auch in der Frage des Studiums,<br />
ob Schüler sich für Europa oder die USA entscheiden.<br />
Unterschiedliche kulturelle Ansätze und die Diversität<br />
der Kulturen erfordern neue Möglichkeiten der Begegnung,<br />
wobei kulturelle Orientierungen als Regulativ für einen<br />
neuen globalen Gesellschaftsvertrag dienen können.<br />
Die Vielfalt der Kulturen muss als Ressource der auswärtigen<br />
Kulturpolitik und damit auch der Auslandsschulen<br />
betrachtet werden. Deshalb sind Begegnungsschulen<br />
und Euro-Campus-Schulen so wichtig. Neben dem Kostenargument<br />
bieten sie die Chance zu einem wirklichen<br />
Austausch. Hier bestehen neue Möglichkeiten des deutschen<br />
Auslandsschulwesens. Wenn schon die Goethe-Institute<br />
Partnerschaften mit europäischen Ländern eingehen,<br />
gemeinsam Häuser und andere Ressourcen nutzen,<br />
Personal mit dem Auswärtigen Amt austauschen und sich<br />
auch sonst viel einfallen lassen, um den Kostendruck<br />
kreativ umzusetzen, dann sehe ich nicht, warum das bei<br />
den Schulen nicht auch gelingen soll.<br />
Ich glaube, dass auf diese Weise die Folgen der gesunkenen<br />
Mittel im Schulfonds aufgefangen werden können.<br />
Ich glaube auch, dass es wichtig und richtig ist, dass die<br />
Auslandsschulen nicht nur – wie auch immer – auf<br />
Deutschland vorbereiten und Wissen über Deutschland<br />
vermitteln, sondern das es in der Zukunft vielmehr darauf<br />
ankommt, dem Prinzip der „Zweibahnstraße“ gerecht zu<br />
werden. Der Bergriff „Begegnungsschule“ müsste deshalb<br />
eigentlich zu „Begegnungs- und Austauschschule“<br />
erweitert werden.<br />
Hier liegt der eigentliche Kern deutscher Auslandsschularbeit:<br />
Junge Menschen zu verantwortlichen, kulturell<br />
übergreifend denkenden Personen heranzubilden, bei<br />
denen Verantwortung und Toleranz lebendig erlebte Begriffe<br />
sind. Deshalb halte ich die Form der Begegnungsschule<br />
für wichtig. Weitere Gründe sind, entsprechend<br />
ausgebildete Menschen für deutsche Unternehmen auszubilden<br />
oder emotionale Bindungen an Deutschland zu<br />
schaffen.<br />
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