Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002 22593<br />
Gesetzesbegründung der Bundesregierung heißt es mit<br />
entwaffnender Offenheit, dass in überbezahlten Ämterbereichen<br />
und wenn der Arbeitsmarkt abgesenkte Konditionen<br />
zulasse, die Eingangsbesoldung abgesenkt werden<br />
könne. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, zumal wir in<br />
allen in Betracht kommenden Berufsgängen Arbeitslosigkeit<br />
und Stellennot zu beklagen haben. Auch in diesem<br />
Punkt wird nach dem Prinzip „Aufgeschoben ist nicht<br />
aufgehoben“ mit einer Neuauflage in der nächsten Legislaturperiode<br />
zu rechnen sein, wenn man der rot-grünen<br />
Koalition die Chance dazu gibt. Hier ist keine bessere Einsicht<br />
am Werk, sondern nur der durchsichtige Versuch erkennbar,<br />
durch ein taktisches Manöver eine Niederlage im<br />
Bundesrat zu vermeiden.<br />
Die FDP-<strong>Bundestag</strong>sfraktion lehnt das Regierungsvorhaben<br />
auch in der abgespeckten Fassung ab. Es verbleiben<br />
genügend Regelungen, denen beim besten Willen<br />
nicht zugestimmt werden kann. Das gilt für die Übernahme<br />
von Ländervorschlägen aus der Bundesratsinitiative<br />
zur Fortsetzung der Dienstrechtsreform mit der Ausweitung<br />
der Befugnisse der Länder zur Einrichtung von<br />
Zeitbeamtenverhältnissen und den Wegfall von Vorgaben<br />
für Probebeamtenverhältnisse. Nur weil die Länder bei<br />
der von FDP und CDU/CSU durchgesetzten Dienstrechtsreform<br />
1997 für sich die Möglichkeit geschaffen haben,<br />
Zeitbeamtenverhältnisse für Führungspositionen<br />
einzurichten, ist das noch lange nicht gut. Was wirklich<br />
– und das zeigt gerade auch der Fall Jagoda – beabsichtigt<br />
ist, jedenfalls aber die Folge sein wird, das ist bei allem<br />
anderweitigen Wortgeklingel eine weitere Politisierung<br />
der Beamtenschaft. Dies lehnt die FDP-Fraktion ab. Wir<br />
brauchen ein innerlich unabhängiges Berufsbeamtentum,<br />
das der Loyalität verpflichtet ist und nicht nach der Wiederberufung<br />
in ein weiteres Zeitbeamtenverhältnis oder<br />
der endgültigen Übertragung des Amtes schielt. Unter<br />
dieser Voraussetzung ist es dann überhaupt nicht mehr<br />
hinnehmbar, wenn diese Politisierung bis in Beamtengruppen<br />
unterhalb der Ebene von Behördenchefs mit der<br />
Besoldung von leitenden Regierungsdirektoren getragen<br />
wird, bei Lehrern und Gemeindebeamten sogar bis A 12/<br />
A 11.<br />
Es gibt weitere Gründe für die Ablehnung des Gesetzes,<br />
so die unzureichende Flexibilisierung der Stellenobergrenzen.<br />
Die Länder können sich aus ihrer Verantwortung<br />
stehlen. Die vorgelegten Ergänzungen des<br />
Gesetzentwurfs zur Verbesserung in der Leistungsbezahlung<br />
sind unvollkommen und werden weitgehend in den<br />
Ländern leergehen. Richtig wäre, kleinliche bürokratische<br />
Beschränkungen strukturell zu beseitigen. Richtig<br />
wäre, sich allein auf eine anteilmäßige Begrenzung des<br />
Aufwandes für alle Leistungselemente am gesamten Besoldungsaufwand<br />
für die Beamten zu verständigen. Richtig<br />
wäre, die Länder, die bislang nichts oder zu wenig<br />
dafür getan hätten, die Leistungsbezahlung bei sich einzuführen<br />
oder beizubehalten, zur Leistungshonorierung<br />
zu verpflichten. Was einige Länder in diesem Zusammenhang<br />
tun, kann nur als Denaturierung der Dienstrechtsreform<br />
und Ausnutzung der betroffenen Beamten qualifiziert<br />
werden, weil sie die Einsparungen aus der Streckung<br />
der Gehälterskala nicht zurückgeben.<br />
Anderen Maßnahmen, zum Beispiel der Gewährung<br />
der Zulage für Polizeivollzugsbeamte als Flugsicherheitsbegleiter,<br />
stimmt die FDP ausdrücklich zu. Allerdings<br />
eine wichtige Anmerkung zum Verfahren: Bei dem immer<br />
wieder vom Innenministerium gewählten Weg der Änderung<br />
besoldungsrechtlicher Verordnungen durch Gesetz<br />
frage ich mich, ob nicht die diesbezüglichen Rechtsverordnungsermächtigungen<br />
überflüssig sind.<br />
Dem Gesetzentwurf des Bundesrates zur Fortsetzung<br />
der Dienstrechtsreform kann sich die FDP-<strong>Bundestag</strong>sfraktion<br />
nicht anschließen. Auch die von der Regierungskoalition<br />
nicht übernommenen Vorschläge sind abzulehnen.<br />
Weder sind Vorruhestandsregelungen auf breiter<br />
Front zurzeit akzeptabel noch können neue Stellenzulagen<br />
für die befristete Wahrnehmung von höherwertigen<br />
Tätigkeiten gerechtfertigt werden.<br />
Petra Pau (PDS): Die beiden heute zur Debatte und<br />
Abstimmung stehenden Gesetzeswerke sind symptomatisch<br />
für die handwerkliche Unfähigkeit der Koalition,<br />
schlüssige Gesetze vorzulegen und durch die parlamentarische<br />
Beratung zu bringen und gleichzeitig betroffenen<br />
Bevölkerungsgruppen den Sinn dieser Werke zu vermitteln.<br />
Sehen wir uns das Besoldungsstrukturgesetz an. Der<br />
Gesetzentwurf ist eines von 15 Leitprojekten des Programmes<br />
„Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ der<br />
Bundesregierung. Zur Umsetzung des Vorhabens „Moderner<br />
Staat“ sollte „auch das Besoldungsrecht zugunsten<br />
aller Dienstherren flexibilisiert werden. Es sollten deshalb<br />
bundeseinheitliche Vorgaben für die Beamtenbesoldung<br />
abgebaut und den Dienstherren größere Gestaltungsspielräume<br />
an die Hand gegeben werden“, um im Personalbereich<br />
differenzierter handeln zu können. Den Mitarbeitern<br />
sollten neue Perspektiven eröffnet und ihr Leistungswille<br />
gefördert werden.<br />
Nach Vorlage des Gesetzentwurfes gab es einen Sturm<br />
der Empörung unter den Betroffenen und durch die Gewerkschaften.<br />
Die Fraktion der PDS hat in einem Entschließungsantrag<br />
die Hauptkritiken der Gewerkschaften<br />
und Betroffenen aufgenommen und versucht, mit sinnvollen<br />
Änderungsvorschlägen das Gesetzeswerk zu verändern.<br />
Insbesondere wandten wir uns gegen die Aufhebung<br />
der einheitlichen Besoldungsordnung. Wir wollten<br />
die Anwendung der Zulagenregelung erleichtern und undurchschaubare<br />
Zulagenregelungen vermeiden. Der Verheiratetenzuschlag<br />
sollte vorerst aufrecht erhalten werden,<br />
da offensichtlich hier eine allgemeine Benachteiligung der<br />
betroffenen Familien bei Streichung einsetzen würde. Der<br />
Verheiratetenzuschlag ist in den vergangenen Jahrzehnten<br />
längst zu einem Bestandteil des monatlichen Einkommens<br />
geworden. Gleichwohl erkennen wir an, dass eine<br />
Reform hier notwendig ist, weil das Leben in Familien<br />
zwar bevorteilt werden sollte, aber nicht das bloße Verheiratetsein.<br />
Nun ereilte uns inzwischen die dritte Änderung des<br />
Koalitionsentwurfes. Inzwischen sieht der Gesetzestext<br />
nicht mehr die Streichung des Verheiratetenzuschlages<br />
vor. Dies ist einerseits schade; da somit gar kein neues<br />
Konzept vorliegt und die Frage nach der Anpassung an<br />
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