Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />
Damit ist also auch die Einführung von Vorsorgewerten<br />
noch längst nicht vom Tisch.<br />
Wir wollen sicherstellen, dass die Beteiligung der<br />
Kommunen am Ausbau des Mobilfunknetzes klappt, dass<br />
sensible Antennenstandorte künftig ausgeklammert werden<br />
und dass die Information der Öffentlichkeit – besonders<br />
die der Anwohner – besser wird. Diesen Anspruch eines<br />
kontinuierlichen Monitoring wollen wir mit unserem<br />
Antrag deutlich unterstreichen. Unser Signal nach<br />
draußen ist: Wir bleiben dran. Der nächste <strong>Bundestag</strong><br />
wird sich wieder damit befassen – schon aus Gründen der<br />
Vorsorge.<br />
Detlef Parr (FDP): Zahlreiche Anfragen, Fachgespräche,<br />
Anhörungen haben eines gezeigt: Keine Fraktion<br />
in diesem Hohen Hause nimmt die möglichen Probleme,<br />
die mit der Aufstellung von Sendemasten und deren Standortwahl<br />
verbunden sein können, sowie eventuelle Gesundheitsgefahren<br />
beim Telefonieren mit Handy auf die<br />
leichte Schulter. Wir sind ja auch den landesweiten Bürgerinitiativen<br />
eine ernsthafte Beschäftigung mit diesem<br />
Thema schuldig. Der auch aus der Großen Anfrage der<br />
Union und unseren Kleinen Anfragen resultierende Antrag<br />
enthält eine Reihe von Forderungen, die wir unterstützen<br />
können. Vor allem ist es erfreulich, dass die<br />
Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber positiv herausgestellt<br />
und auf gesetzgeberische Maßnahmen verzichtet<br />
wird. Der aktuelle Blick in die Kommunen zeigt,<br />
dass öffentliche Diskussionen zunehmen und die sachliche<br />
Information eine zentrale Rolle spielt. Wir müssen die<br />
Sorgen der Bürger ernst nehmen. Wir dürfen aber vor dem<br />
Hintergrund wissenschaftlich nicht hinreichend belegter<br />
Studienergebnisse keine Ängste schüren. Ein gutes Beispiel<br />
für sachliche Aufklärung ist der Vorschlag der Mobilfunkbetreiber,<br />
ein Messstationennetz zu errichten, das<br />
sowohl fest als auch mobil die tatsächlichen Immissionen<br />
online und automatisch überwacht. Dieses Monitoring der<br />
elektromagnetischen Immissionen sollte in regelmäßigen<br />
Abständen veröffentlicht werden.<br />
Zum Qualitätssigel für strahlungsarme Handys: Es ist<br />
dann eine gute Sache, wenn damit Informationen verbunden<br />
sind, die den Nutzer auch erreichen und den Kauf und<br />
die Handhabung von Geräten beeinflussen. Unsere Frage,<br />
ob die Aussagekraft des SAR-Wertes beschränkt ist und<br />
allein als Grundlage für eine an Vorsorgegesichtspunkten<br />
orientierte Kaufentscheidung ausreicht, ist nicht zufriedenstellend<br />
beantwortet worden. Für die Vergabe des Labels<br />
sollten weitere Kriterien entwickelt werden, über die<br />
wir bei den Ausschussberatungen noch reden müssen.<br />
Auch die Zielrichtung und Methodik der Forschungsvorhaben<br />
müssen genauer definiert werden. Bei den Anhörungen<br />
zeigte sich, dass es vor allem an der Vergleichbarkeit<br />
vorliegender Studien mangelt. Es ist unseres<br />
Erachtens zu überlegen, ob mit der Vergabe neuer Forschungsaufträge<br />
die Weiterentwicklung bereits veröffentlichter<br />
Studien und von Wiederholungsstudien verbunden<br />
werden sollte. Ziel müssen konsistente Ergebnisse sein,<br />
die bessere Aufschlüsse über Verdachtsmomente möglicher<br />
Beeinträchtigung der Gesundheit erlauben.<br />
Wir dürfen das Problem der schnurlosen Telefone nach<br />
dem DECT-Standard nicht aus den Augen verlieren. Insbesondere<br />
die Hinweise von Kinderärzten, welche Folgen<br />
der Einfluss der gepulsten Felder auf Säuglinge und<br />
Kleinkinder haben kann, dürfen nicht unterschätzt werden.<br />
Spezielle Kinder-Studien können Aufschluss über<br />
diese wichtige Frage geben. Wie überhaupt bei allen Vorsorgemaßnahmen<br />
dem Schutz unserer Kinder und Jugendlichen<br />
besonderes Augenmerk geschenkt werden<br />
muss.<br />
Der vorliegende Antrag ist eine gute Grundlage für die<br />
Beratungen in den Ausschüssen.<br />
Gerhard Jüttemann (PDS): Kollegin Marlene<br />
Rupprecht von der SPD hat in ihrem zu Protokoll gegebenen<br />
Redebeitrag zum Thema Mobilfunkstrahlung im<br />
November gesagt, der dazu vorliegende PDS-Antrag gebe<br />
in vielen Punkten den aktuellen Diskussionsstand wieder.<br />
Ich würde Ihnen dieses Kompliment gern zurückgeben. Ich<br />
kann es aber nicht, weil der seit gestern vorliegende SPD-<br />
Antrag den aktuellen Diskussionsstand ausklammert.<br />
Sie beschränken sich darauf, die so genannte freiwillige<br />
Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber zu loben<br />
und deren Kontrolle anzukündigen. Dabei verbreiten Sie<br />
die Illusion, als könnten so die mit der Mobilfunkstrahlung<br />
verbundenen Probleme aus der Welt geschafft werden.<br />
Mit Vorsorgepolitik, wie es die Überschrift verspricht,<br />
hat Ihr Antrag jedenfalls nichts zu tun. Zur<br />
Vorsorge gehörte es nämlich mindestens, dass Sie die<br />
Grenzwerte absenken. Ich will Ihnen sagen, warum. Die<br />
gültigen Grenzwerte sind seit 1991 nicht verändert worden.<br />
Das heißt, der ihnen zugrunde liegende wissenschaftliche<br />
Kenntnisstand ist mehr als zehn Jahre alt und<br />
stammt aus einer Zeit vor der Einführung der digitalen<br />
Mobilfunknetze. Dennoch gibt es Konsens darüber,<br />
dass diese Grenzwerte vor konkret bekannten Risiken<br />
wie Schäden durch Erwärmung menschlichen Gewebes<br />
schützen.<br />
Vorsorgewerte hätten jedoch eine ganz andere Aufgabe.<br />
Sie sollten nicht vor erwiesenen, sondern vor nicht<br />
auszuschließenden Gefahren schützen. Gibt es solche Gefahren?<br />
In der Fachwelt wird das kaum noch bestritten.<br />
Selbst die Bundesregierung bejaht in ihrer Antwort auf die<br />
Große Anfrage der CDU/CSU diese Frage – ich zitiere –:<br />
Studien an Probanden schließen nicht aus, dass bei<br />
Einhaltung des Basisgrenzwertes von 2 Watt pro Kilogramm<br />
für die Teilkörperexposition das menschliche<br />
Gehirn in seinen physiologischen Reaktionen<br />
beeinflusst werden kann.<br />
Kollege Winfried Hermann von den Grünen hat im<br />
November in seinem Redebeitrag Folgendes festgestellt,<br />
ich zitiere:<br />
Weil der Umweltminister in dieser Sache längst tätig<br />
geworden ist und wir noch in den nächsten Monaten<br />
mit der Vorlage des Entwurfs einer novellierten<br />
26. Bundes-Immissionsschutzverordnung rechnen,<br />
werden wir dem Antrag der PDS nicht folgen.<br />
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