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Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

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Peter Götz<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />

– Es waren über ein Viertel, 80 von 323, Herr Kollege<br />

Repnik.<br />

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Katastrophe!)<br />

Das hat Konsequenzen in vielfältiger Form: Schulen<br />

oder Straßen können nicht mehr renoviert werden, dringend<br />

notwendige kommunale Investitionen brechen total<br />

weg. Das hat auch Auswirkungen auf die Bauwirtschaft.<br />

Den mittelständischen Baubetrieben fehlen die Aufträge.<br />

Sie stehen vor dem Aus. Zu ihnen kommt kein Bundeskanzler<br />

um zu helfen, zu ihnen kommt bestenfalls der Gerichtsvollzieher.<br />

Schwimmbäder, Bibliotheken oder<br />

Theater werden geschlossen, weil das Geld fehlt.<br />

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sollte<br />

der Bundeskanzler am besten auch da hingehen?)<br />

Das ist eine schlimme Entwicklung, die Sie einfach einmal<br />

zur Kenntnis nehmen müssen, Herr Schmidt.<br />

Ich erinnere daran, dass der Kanzler vor vier Jahren die<br />

Stärkung der kommunalen Finanzen versprochen hat.<br />

Auch in diesem Punkt hat er sein Versprechen gebrochen<br />

und genau das Gegenteil gemacht.<br />

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Pfui!)<br />

Er hat damit eine Entwicklung eingeleitet, die für die lokale<br />

Demokratie, die Sie, Herr Kollege Friese, gerade in<br />

den Himmel gehoben haben, dramatisch ist.<br />

(Bernd Scheelen [SPD]: Da gehört sie auch<br />

hin!)<br />

– Dann handeln Sie auch danach, wenn Sie der Meinung<br />

sind, sie gehöre dahin.<br />

Nachdem die Gewerbesteuereinnahmen total eingebrochen<br />

sind, beginnen auch immer mehr SPD-Mandatsträger,<br />

ihren Unmut über die Politik der Regierung<br />

Schröder öffentlich zu artikulieren. Wenn der SPD-Oberbürgermeister<br />

von Hannover, Schmalstieg – um nur einen<br />

zu zitieren; ich könnte die Reihe fortsetzen –, zu Recht vor<br />

dem Ende der kommunalen Selbstverwaltung warnt,<br />

müssten doch alle rot-grünen Alarmglocken klingeln, und<br />

dann können Sie keine solche Rede halten, wie Sie sie,<br />

Herr Kollege Friese, vorhin gehalten haben.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –<br />

Bernd Scheelen [SPD]: Die Rede war gut, sehr<br />

gut!)<br />

Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen:<br />

Ihre ganzen politischen Entscheidungen der letzten<br />

Jahre widersprechen auch dem Geist des Grundgesetzes.<br />

Sie sind deshalb auch verfassungsrechtlich problematisch.<br />

Ich will das an dem Beispiel der Auswirkungen der<br />

Versteigerung der UMTS-Lizenzen deutlich machen.<br />

(Bernd Scheelen [SPD]: Dazu sage ich nachher<br />

was!)<br />

Der Bundesfinanzminister kassierte von den Telekommunikationsunternehmen<br />

nahezu 100 Milliarden DM. Das<br />

ist ein Fünftel seines gesamten Jahresetats. Die Telekommunikationsunternehmen<br />

setzen diese exorbitanten Kosten<br />

steuerlich ab und schreiben auf Jahre hinaus Verluste.<br />

22473<br />

Die Folge ist: Den Gemeinden fehlen allein 14 Milliarden<br />

DM in ihren Kassen. Sie finanzieren damit über Steuerausfälle<br />

indirekt die Einnahmen des Bundes. Der Bundesfinanzminister<br />

kassiert und die Stadtkämmerer zahlen<br />

letztlich die Zeche. Wir nennen das eine kommunalfeindliche<br />

Politik.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />

der FDP)<br />

Warum klagt der SPD-Oberbürgermeister von Wuppertal<br />

gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen unzureichender<br />

kommunaler Finanzausstattung und erklärt öffentlich,<br />

dass er noch lieber den Bund verklagen würde? –<br />

Zu Wuppertal will ich gar nicht mehr sagen. –<br />

(Bernd Scheelen [SPD]: Eine schöne Stadt!<br />

Hat immer gute Oberbürgermeister gehabt!)<br />

Dafür gibt es Ursachen, die nicht schöngeredet werden<br />

können.<br />

Wir erleben einen ständigen Verschiebebahnhof von<br />

Aufgaben und Ausgaben zulasten der kommunalen<br />

Haushalte, von der Grundsicherung bei der Rente – bei der<br />

übrigens nach Ihrer Geschäftsordnung die kommunalen<br />

Spitzenverbände nicht beteiligt waren – über die Kindergeldmitfinanzierung<br />

bis zur Langzeitarbeitslosigkeit, die<br />

mit zunehmender Tendenz zur kommunalen Sozialhilfe<br />

verschoben wird. Um die Arbeitslosenstatistik zu verbessern,<br />

werden einfach die Kosten aus dem Bundeshaushalt<br />

nach unten weggeschoben. Die menschlichen Schicksale<br />

spielen dabei keine Rolle. „Kommunalisierung der Kosten<br />

der Langzeitarbeitslosen“ ist fast schon ein geflügeltes<br />

Wort für das rot-grüne Versagen auf dem Arbeitsmarkt geworden.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />

der FDP)<br />

Aber die Probleme am Arbeitsmarkt lassen sich nicht<br />

durch statistische Tricks lösen. Die Regierung muss endlich<br />

handeln. Es ist zu wenig, Herr Kollege Friese, hier<br />

das Hohelied der kommunalen Selbstverwaltung zu singen<br />

und in Ihren konkreten politischen Entscheidungen<br />

genau das Gegenteil zu tun.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU)<br />

Es gibt einige klare Anstandsregeln im Leben. Eine davon<br />

lautet: Wer bestellt, zahlt. Stellen Sie sich vor, Sie gehen<br />

mit einem gut gelaunten Bundeskanzler in eine Gaststätte.<br />

Herr Schröder bestellt und bestellt und bestellt.<br />

(Susanne Kastner [SPD]: Gut gelaunt ist er! –<br />

Konrad Gilges [SPD]: Das macht er garantiert<br />

nicht! – Gegenruf von der CDU/CSU: Er trinkt<br />

lieber!)<br />

Es wird Ihnen schon fast unheimlich wegen der hohen<br />

Rechnung, die auf Herrn Schröder zukommt. Aber am Ende<br />

kommt die Überraschung: Der Bundeskanzler steht auf,<br />

schiebt Ihnen still und leise die Rechnung über den Tisch<br />

und sagt, er müsse gerade seinen Haushalt konsolidieren.<br />

(Susanne Kastner [SPD]: Was ist denn das für<br />

ein Vergleich, sagen Sie mal! – Gegenruf des<br />

Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]:<br />

Sehr zutreffend!)<br />

(C)<br />

(D)

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