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Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002 22587<br />

kehrssicherheitspolitik darstellen zu können. Ich freue<br />

mich ebenso über den feststellbaren politischen Grundkonsens<br />

und die konstruktive Zusammenarbeit.<br />

Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Kontinuität<br />

ist das A und O in der Verkehrssicherheit. Kampagnen,<br />

Pläne und Ziele machen hier nur dann Sinn, wenn<br />

sie auf Dauer angelegt sind. Das Verhalten der Menschen<br />

muss sich ändern – zuerst in den Köpfen, dann auf der<br />

Straße. Darin sind sich – Gott sei Dank – alle Fraktionen<br />

im <strong>Bundestag</strong> einig. Nur in der Intensität unterscheiden<br />

Sie sich. Die CDU/CSU-Fraktion stand immer für diese<br />

Kontinuität. Das galt für die Zeit der Regierung; das gilt<br />

aber auch jetzt in der Opposition, wie die hier debattierten<br />

Anträge beweisen.<br />

Verkehrssicherheit muss auf Verhaltensänderung abstellen<br />

– weg vom Einzelkämpfer, hin zum Teamarbeiter.<br />

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat, die Verkehrswachten,<br />

der ADAC, der ADFC, die Technischen Überwachungs-Vereine,<br />

die Polizei, Kindergärten, Schulen und<br />

viele andere leisten dabei eine wichtige Arbeit.<br />

Was jedoch fehlt in unserer Republik, ist ein Gesamtkonzept<br />

für mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Von drei<br />

SPD-Verkehrsministern angekündigt, gibt es bis heute<br />

keine umfassende Konkretisierung.<br />

Ganz anders dagegen handelt die Europäische Kommission.<br />

Sie hat ein Zehnjahresprogramm aufgelegt. Sie<br />

zeigt Betroffenheit. Das ist praktizierte Mitverantwortung;<br />

denn Europas Unfallbilanz – und wir gehören dazu –<br />

ist bitter, bedrückend und belastend. Täglich sterben<br />

123 Menschen im Straßenverkehr.<br />

Die EU setzt auf sichere Frontpartien, besonders bei<br />

Geländewagen, um mehr Fußgänger- und Radfahrerschutz<br />

zu erreichen. Sie zeigt konkrete Absichten.<br />

Bei uns zögert und zaudert man in dieser Frage, trotz<br />

des Antrags der Union, trotz der Aufforderung durch die<br />

Kinderkommission des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es, trotz Appellen<br />

von Experten, trotz des Wissens, dass diese Kuhfänger<br />

voller Risiken sind.<br />

Nach Auffassung des Europäischen Verkehrssicherheitsrates<br />

könnten fast 2 000 Menschenleben gerettet und<br />

über 15 000 Verunfallte mit schweren Verletzungen verhindert<br />

werden, würde man die passive Sicherheit der<br />

Fahrzeuge insgesamt endlich verbessern. Vertretbare<br />

Frontpartien gehören dazu.<br />

Ein Unfall mit 20 km/h hat bei einem Geländewagen<br />

mit Frontschutzbügeln die gleiche Aufprallwirkung wie<br />

ein Zusammenstoß mit einer normalen Frontpartie bei<br />

40 km/h – verheerend für Fußgänger, tragisch besonders<br />

für Kinder.<br />

Anstatt die Autokonzerne zu mehr Fahrzeugsicherheit<br />

zu verpflichten, weicht man mit Hinweis auf Brüssel der<br />

Herausforderung aus. Der Autokanzler will es offensichtlich<br />

mit der Autobranche nicht verderben.<br />

Auf ein Mehr an Sicherheit setzt auch der zweite Antrag<br />

der CDU/CSU, der heute hier debattiert wird. Kreisverkehre<br />

sind außerorts die sichersten Verkehrskreuzun-<br />

gen. Die Geschwindigkeit wird herabgesetzt, die Vorsicht<br />

sitzt am Steuer. Diese innovativen Lösungen, die zudem<br />

günstig zu bauen und zu warten sind, müssen weiter vorangetrieben<br />

werden.<br />

Die Regierung aber scheut mutige Programme, obwohl<br />

ein Mehr an Sicherheit erreicht werden kann. Das zeigt<br />

sich auch bei der Finanzierung der Verkehrssicherheit. Bis<br />

auf 1999 lag der Haushaltstitel für die Verkehrssicherheit<br />

gleichbleibend bei 11,248 Millionen Euro, trotz regelmäßiger<br />

Erhöhungsankündigungen. Das ist zu wenig für<br />

eine kontinuierliche Verkehrssicherheitspolitik. Peinlich,<br />

wenn Organisationen darüber klagen, dass sie mit Lehrbüchern<br />

aus dem Jahr 1972 arbeiten müssen.<br />

Die CDU/CSU-<strong>Bundestag</strong>sfraktion hat in den letzten<br />

Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die Mittel<br />

für die Verkehrserziehung gesteigert werden müssen,<br />

wenn die Wirksamkeit der Maßnahmen gewahrt werden<br />

soll. Bei 2,4 Millionen Verkehrsunfällen im Jahr darf man<br />

bei der Finanzierung der Verkehrssicherheitsmaßnahmen<br />

nicht kleckern, sondern muss klotzen.<br />

Zu viele Schwachstellen zeigt auch die Verkehrssicherheitspolitik<br />

des jetzt dritten Verkehrsministers in dieser<br />

Regierung. „Gelassen läuft’s“ ist offensichtlich nicht<br />

nur der aktuelle Verkehrssicherheitsslogan, zu bewundern<br />

am Straßenrand, sondern – ironisch angemerkt – offensichtlich<br />

die Leitlinie von Fachminister Kurt Bodewig.<br />

Die CDU/CSU-Fraktion hat mit ihrem Antrag zu sicheren<br />

Frontpartien von Fahrzeugen bewiesen, dass sie<br />

handelt. Die Regierung dagegen hat, indem sie den Antrag<br />

neun Monate hat schmoren lassen, eine unvertretbare<br />

Untätigkeit unter Beweis gestellt. Viele schlimme Unfälle<br />

hat es in der Zwischenzeit wieder gegeben.<br />

Die Industrie muss aufgefordert werden zu handeln.<br />

Auf eine Selbstverpflichtung dabei zu setzen ist gut, weil<br />

sie auf Einsicht baut. Wichtiger ist es aber, den Uneinsichtigen<br />

auf die Sprünge zu helfen.<br />

Beim Autokauf wird darauf geachtet, dass die eigene<br />

Sicherheit – die des Fahrers und Beifahrers – hoch ist.<br />

Hersteller gehen mit immer neuen Entwicklungen darauf<br />

ein. Die Interessen von Fußgängern und Radfahrern aber<br />

werden oft nicht im gleichen Zuge weiterentwickelt. Hier<br />

besteht Handlungsbedarf.<br />

Bei den besonders häufig auftretenden Frontalzusammenstößen<br />

zwischen Fußgängern/Radfahrern und PKW<br />

sind aufseiten der Kraftfahrzeuge in erster Linie zwei Gefahrenpunkte<br />

auszumachen: zum einen die beim Frontalanprall<br />

zunächst treffende Stoßstange und Kühlerpartie<br />

mit der unmittelbaren Gefahr von schweren bis hin zu<br />

schwersten Verletzungen. Hier drohen, so Sicherheitsexperten,<br />

namentlich bei Fahrzeugen mit Frontschutzbügeln,<br />

besonders häufig tödliche Kopfverletzungen für Kinder.<br />

Ein weiteres Problem ist der Bereich von Windschutzscheibe<br />

und A-Säule. Hier kann es zu erheblichen bis<br />

schwersten Verletzungen nicht nur durch den Anprall,<br />

sondern besonders auch durch den Abprall und den nachfolgenden<br />

Sturz auf die Fahrbahn kommen. Auch hier tragen<br />

steife Frontpartien wesentlich zur Unfallschwere bei,<br />

indem sie den Passanten oder Fahrradfahrer anheben und<br />

es zu einem Anprall auf die Windschutzscheibe kommt.<br />

(C)<br />

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