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Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />

Auch im Bereich der Forschung werden mehr Fragen<br />

aufgeworfen als beantwortet. Eines aber geht aus Ihren<br />

Antworten hervor: Die Wissenschaft weiß, dass sie nichts<br />

weiß. – Die Strahlenschutzkommission kommt in ihrem<br />

<strong>Bericht</strong> vom 13. September 2001 zu dem Ergebnis, dass<br />

im Bereich hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung<br />

einschließlich des Mobilfunks gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />

nicht nachzuweisen sind. Gleichzeitig<br />

wird aber nicht ausgeschlossen, dass vor allem so genannte<br />

„hypersensible Personen“ langfristig auf elektromagnetische<br />

Strahlung negativ reagieren könnten.<br />

In diesem Zusammenhang ist die Lektüre der<br />

„ECOLOG“-Studie interessant, die durchaus einen Zusammenhang<br />

zwischen der Entfernung von Sendeanlagen<br />

zu Wohngebieten und gesundheitlichen Problemen wie<br />

Schlafstörungen und Kopfschmerzen sieht und dies vor<br />

allem mit Studien in der Schweiz belegt. Zwar wird auch<br />

auf die mangelhaften gesicherten Langzeittests hingewiesen.<br />

Im Ergebnis hat aber zum Beispiel die Schweiz Vorsorgegrenzwerte<br />

eingeführt, die unter denen in der Bundesrepublik<br />

liegen.<br />

Ich möchte auf zwei Hauptpunkte in dieser Debatte<br />

eingehen: die Vorsorge und die Aufklärung. Im Antrag der<br />

Regierungskoalition – der nun endlich vorliegt, und zwar<br />

lange nach dem der CDU – haben Sie den Vorsorgeaspekt<br />

im Namen aufgegriffen. Dahinter verbirgt sich aber kaum<br />

Neues. Gute Forschungsarbeit ist im Bereich Gesundheitsschutz<br />

die halbe Vorsorge. Ihr bisheriges Engagement<br />

in der Forschung wird den Anforderungen in keiner<br />

Weise gerecht. Sie leisten bis heute keinen Beitrag für die<br />

Vorsorge, obwohl die Strahlenschutzkommission bereits<br />

1998 eine Intensivierung der Forschung gefordert hatte.<br />

Vor dem Hintergrund der Vergabe der UMTS-Lizenzen<br />

ist die Frage zu stellen: Warum wurde die Forschung nicht<br />

vorher intensiviert? Von 1999 bis 2003 wurden lediglich<br />

circa 1,5 Millionen Euro zu diesem Zweck eingesetzt.<br />

Aber offensichtlich haben Sie – wenn auch spät – das Problem<br />

zur Kenntnis genommen; denn für die Jahre 2002 bis<br />

2005 werden immerhin 8,5 Millionen Euro zur Verfügung<br />

gestellt. Dass dieser Betrag für die langfristigen und aufwendigen<br />

Forschungen ausreicht, wage ich allerdings zu<br />

bezweifeln.<br />

Aus diesem Grund fordern wir die Bundesregierung<br />

auf: Stellen Sie Mittel für ein Programm zur Verfügung,<br />

das den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation<br />

genügt und auch internationale Forschungsergebnisse und<br />

Vergleichsdaten berücksichtigt! Mit dem Verkauf der<br />

UTMS-Lizenzen wird in den nächsten Jahren eine völlig<br />

neue Technologie eingeführt werden. Neue Sendeanlagen<br />

müssen errichtet werden. Nutzen Sie einen Teil der Erlöse,<br />

um eventuelle gesundheitliche Auswirkungen zu erforschen!<br />

Machen Sie die Ergebnisse öffentlich, um weitere<br />

Verunsicherung in der Bevölkerung schon im Vorfeld<br />

zu vermeiden!<br />

Positiv zu bewerten ist die Selbstverpflichtungserklärung<br />

der Mobilfunkbetreiber, in der Zukunft beim Bau<br />

neuer Sendestationen stärker mit den Kommunen zusammenzuarbeiten<br />

und ihnen bezüglich der Standorte ein Mitspracherecht<br />

einzuräumen. In diesem Zusammenhang<br />

möchte ich das Engagement der kommunalen Spitzenverbände<br />

besonders hervorheben.<br />

Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass vor Ort<br />

großer Aufklärungsbedarf besteht. Verstärkte Forschung<br />

ist die eine Seite; die andere ist die gezielte und umfassende<br />

Information der Bürger. Mit Broschüren und einigen<br />

Veranstaltungen ist es nicht getan. Die richtige und<br />

sinnvolle Intensivierung der Forschung muss von umfassenden<br />

Informations- und Aufklärungskampagnen begleitet<br />

werden und diese Informationen müssen adressatengerecht<br />

aufbereitet sein. Die Entwicklung einer solchen<br />

Kampagne fehlt völlig in dem jetzt vorliegenden Antrag.<br />

An dieser Stelle kann ich nur die Forderungen der<br />

CDU/CSU wiederholen: Schaffen Sie eine zentrale Anlaufstelle<br />

für Informationen an die Bürgerinnen und Bürger!<br />

Durch Ihre Passivität gefährden Sie die Akzeptanz einer<br />

wichtigen und von der Mehrzahl der Bürger gewollten<br />

Kommunikationstechnik. Mit der von den Koalitionsfraktionen<br />

praktizierten Hinhalte- und Verzögerungspolitik<br />

werden Ängste und Unsicherheiten nicht abgebaut,<br />

sondern verstärkt. Auch mit Vorsorge hat das nur sehr wenig<br />

zu tun.<br />

Überhaupt vermisse ich in dem Antrag der Koalitionsfraktionen<br />

klare Konzepte. Es finden sich sehr wohl Absichtserklärungen;<br />

damit allerdings ist niemandem geholfen.<br />

Die Bereitschaft der Mobilfunkbetreiber, die Strahlungsintensität<br />

der Handys zu kennzeichnen, ist zu begrüßen.<br />

Die bessere Lösung ist allerdings die Entwicklung<br />

eines einheitlichen Qualitätssiegels, da Unterschiede<br />

in der Kennzeichnung vermieden werden; dies erleichtert<br />

den Verbrauchern zugleich den Überblick beim Kauf eines<br />

Gerätes. In diesem Bereich wird es entscheidend sein,<br />

die Hersteller verstärkt in die Pflicht zu nehmen und nicht<br />

nur, wie im Antrag formuliert, auf eine Umsetzung hinzuwirken.<br />

Die Mobilfunktechnologie wird auch in Zukunft<br />

von immer mehr Menschen genutzt werden. Es ist entscheidend,<br />

mögliche negativen Folgen ernst zu nehmen<br />

und zugleich in Forschung und Aufklärung zu investieren.<br />

Der von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegte<br />

Antrag enthält keine konkreten Konzepte, sondern bleibt<br />

oberflächlich. Aus diesem Grund können wir ihm in dieser<br />

Form nicht zustimmen.<br />

Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der<br />

Mobilfunk boomt: Mittlerweile sind 55 Millionen Mobilfunkanschlüsse<br />

verkauft worden; das sind mehr, als es aktuell<br />

Festnetzanschlüsse gibt.<br />

Der Mobilfunk hat positive Auswirkungen auf Kommunikation,<br />

Sicherheit und Beschäftigte. Hier hat es zwischen<br />

1997 und 2000 nahezu eine Verdopplung gegeben.<br />

Die Kehrseite der Medaille Mobilfunkausbau ist: Die Verbraucherinnen<br />

und Verbraucher sind zunehmend verunsichert.<br />

Mögliche Gesundheitsgefährdungen durch elektromagnetische<br />

Strahlung werden überall in den Medien<br />

diskutiert. Bisher stand in der Mobilfunkdebatte die<br />

Strahlung durch die mittlerweile circa 45 000 Sendemasten<br />

im Mittelpunkt, die überall aus dem Boden bzw.<br />

den Dächern schießen. Zunehmend kritisch werden aber<br />

(C)<br />

(D)

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