Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002 22581<br />
fast allen Orten telefonieren zu können, zu Teilnehmern<br />
eines Großversuchs? Genau diese Frage einer eventuellen<br />
gesundheitlichen Beeinträchtigung beschäftigt viele Bürgerinnen<br />
und Bürger.<br />
Der Umweltausschuss hat deshalb im Juli 2001 eine<br />
Anhörung zu dieser Problematik durchgeführt. Wir Abgeordneten<br />
wollten von den eingeladenen Sachverständigen<br />
wissen, welche gesundheitlichen Gefährdungen durch<br />
hochfrequente elektromagnetische Felder, die sowohl von<br />
den Basisstationen als auch von den Handys ausgehen,<br />
festzustellen und inwiefern die Grenzwerte aufgrund von<br />
wissenschaftlichen Untersuchungen abzusenken seien.<br />
Alle Wissenschaftler, auch sehr kritische, sahen sich nicht<br />
in der Lage, uns eindeutige wissenschaftlich nachvollziehbare<br />
Antworten auf unsere Fragen zu geben.<br />
Die Bundesregierung hat nach der Anhörung des <strong>Bundestag</strong>es<br />
die deutsche Strahlenschutzkommission mit<br />
einer erneuten umfassenden Bewertung der wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Wirkungen<br />
elektromagnetischer Felder beauftragt. Die Strahlenschutzkommission<br />
hat ihr Ergebnis im September 2001<br />
vorgelegt. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand schützen<br />
die geltenden Grenzwerte ausreichend vor nachgewiesenen<br />
Gesundheitsgefahren.<br />
Trotz dieses Ergebnisses nehmen wir Abgeordnete die<br />
Sorgen der Bürger und Bürgerinnen sehr ernst. Wir begrüßen<br />
deshalb die von der Bundesregierung eingeleiteten<br />
Vorsorgemaßnahmen. Die Forschung auf dem Gebiet<br />
der elektromagnetischen Felder durch Mobilfunksendeanlagen<br />
und Mobilfunkgeräte wird massiv verstärkt. Für<br />
den Zeitraum 2002 bis 2005 stehen mehr als 20 Millionen<br />
Euro zur Verfügung. Dabei sollen die gesundheitlichen<br />
Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung und die<br />
Förderung emissionsmindernder Technologien im Mittelpunkt<br />
stehen. Die Mobilfunkbetreiber haben weitere<br />
8,5 Millionen Euro für diesen Zeitraum zugesagt. Der<br />
<strong>Bundestag</strong> muss regelmäßig – erstmalig nach zwei Jahren –<br />
über die Forschungsergebnisse unterrichtet werden.<br />
Dabei wird überprüft werden, ob die Grenzwerte der<br />
26. BImSchV noch dem Vorsorgeprinzip entsprechen.<br />
Die Einrichtung einer zentralen Datenbank mit Informationen<br />
über genehmigte Anlagen erfüllt die Forderung<br />
der Bürgerinnen und Bürger nach Information und Transparenz.<br />
Wir wollen mit unserem Antrag sicherstellen, dass<br />
die Selbstverpflichtung der Betreiber durch ein regelmäßiges<br />
und unabhängiges Monitoring überprüft wird.<br />
Alternativstandorte, die Berücksichtigung hoch sensibler<br />
Standorte wie Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten<br />
und die Mitwirkung der Kommunen bei der Standortauswahl<br />
sowie die Mehrfachnutzung der Antennenanlagen<br />
sollen dabei im Verfahren nachgewiesen werden.<br />
Auch die Daten über die tatsächliche Mobilfunkstrahlung<br />
müssen öffentlich zugänglich gemacht werden. Ganz<br />
im Sinne der Verbraucher sollen sich die Gerätehersteller<br />
zu einer Kennzeichnung von Handys verpflichten, weil<br />
wir die bisherigen Angaben für nicht ausreichend halten.<br />
Vor allem müssen deutliche Warnhinweise für den Gebrauch<br />
der Geräte durch Kinder gegeben werden.<br />
Strahlungsarme Handys mit einem Qualitätssiegel auszuzeichnen<br />
dient nicht nur dem Verbraucher. Hersteller<br />
müssten erkennen, dass es für sie auch ein Marktvorteil<br />
bedeutet. Sollten die eingeleiteten Vorsorgemaßnahmen<br />
nicht zu den erwarteten Ergebnissen führen, behalten wir<br />
uns vor, in Absprache mit der Bundesregierung weitere<br />
Schritte zu unternehmen.<br />
Werner Wittlich (CDU/CSU): Kaum ein anderes<br />
Kommunikationsmittel hat unser tägliches Leben so<br />
nachhaltig geprägt wie das Handy. Es steht inzwischen<br />
nicht nur für Erreichbarkeit und Mobilität, sondern ermöglicht<br />
Informationsaustausch per SMS, das Surfen im<br />
Internet und in der neuen Generation der Handys – sie<br />
werden zurzeit auf der Cebit vorgestellt – sogar die Übermittlung<br />
von Fotos und Faxen. Allein in der Bundesrepublik<br />
Deutschland nutzen weit über 50 Millionen Menschen<br />
dieses Kommunikationsmittel. Damit ist die<br />
Mobilfunktechnologie aus unserem Alltag nicht mehr<br />
wegzudenken.<br />
Durch die neue UMTS-Technik werden sich in den<br />
kommenden Jahren weitere Verwendungsmöglichkeiten<br />
ergeben. Dennoch ist der Fortschritt aber keineswegs unumstritten.<br />
lm gleichen Maße, wie zur Ausweitung der<br />
Mobilfunkqualität neue Sendeanlagen aufgestellt wurden,<br />
wuchs die Verunsicherung in der Bevölkerung, ob<br />
und in welcher Form die elektromagnetische Strahlung zu<br />
Gesundheitsschäden führen kann. Die Anfragen von besorgten<br />
Bürgern häuften sich.<br />
Die CDU/CSU-Fraktion hat sich bereits am 3. April<br />
2001 in einer Großen Anfrage an die Bundesregierung gewandt,<br />
um Informationen über die Ergebnisse wissenschaftlicher<br />
Forschung zu erhalten. Die Beantwortung<br />
wurde von der Bundesregierung immer wieder hinausgeschoben.<br />
In der Begründung hieß es lediglich, die Ergebnisse<br />
der Strahlenschutzkommission seien abzuwarten.<br />
In der Zwischenzeit hat die CDU/CSU daher einen eigenen<br />
Antrag zu diesem Thema formuliert. Obwohl inzwischen<br />
die Antwort auf die Große Anfrage und ein Antrag<br />
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorliegen, hat<br />
sich an unserer Kritik nichts geändert. Die Verunsicherung<br />
in der Bevölkerung beruht hauptsächlich auf mangelnden<br />
Kenntnissen über die Funktionsweise der Mobilfunktechnologie.<br />
Es ist unerlässlich, beim Bau von<br />
weiteren Sendeanlagen mit Verbrauchern und Kommunen<br />
zusammenzuarbeiten, um geeignete Standorte zu finden.<br />
Genauso wichtig ist es, die Bevölkerung über die<br />
Chancen und Risiken der Mobilfunktechnologie aufzuklären.<br />
In einer Antwort auf unsere Große Anfrage<br />
geht die Bundesregierung davon aus, dass zum Betrieb<br />
der neuen UTMS-Netze die Neuerrichtung von etwa<br />
8 000 Basisstationen notwendig sein wird, um bis zum<br />
Jahr 2005 die geforderte 50-prozentige Abdeckung zu erreichen.<br />
Zwar wird eingeräumt, dass dies mit dem Ziel,<br />
die Strahlenbelastung zu minimieren, kollidieren kann.<br />
Was sie konkret vor Ort unternehmen werden, bleibt wie<br />
so oft völlig offen. Mit einer solchen butterweichen Politik<br />
schüren Sie die berechtigten Sorgen der Bürger, anstatt<br />
sie zu mindern.<br />
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