Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
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22464<br />
Christian Sterzing<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />
Europa eingesetzt hat. – Das war doch die Bundesregierung.<br />
Wer hat die Überlegungen hinsichtlich einer Ratsreform<br />
angestellt? – Auch das war die Bundesregierung,<br />
insbesondere der Bundeskanzler durch ein Schreiben, das<br />
er gemeinsam mit Herrn Blair verfasst hat. Mit den<br />
europapolitischen Halbwahrheiten, die Sie hier zum Teil<br />
geäußert haben, dient man weder der Sache noch wird<br />
man der Komplexität der Probleme gerecht.<br />
Die Lissabon-Strategie stand im Mittelpunkt der Beratungen.<br />
Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns in Europa<br />
nicht nur zusammensetzen sollten, um hehre Ziele zu formulieren.<br />
Wir sollten vielmehr in regelmäßigen Abständen<br />
selbstkritisch überprüfen, ob wir auf dem richtigen<br />
Weg sind und ob wir auf nationaler Ebene das Richtige<br />
getan haben. Mit der kritischen Auseinandersetzung über<br />
den Lissabon-Prozess wurden in Barcelona insofern<br />
wichtige Signale gesetzt. Es geht wirklich um die zentrale<br />
Botschaft, dass die Europäische Union im Zeitalter der<br />
Globalisierung alles tun will und auch alles tut, um den<br />
Strukturwandel sozial und ökologisch zu gestalten.<br />
Ich will das Augenmerk auf einen Aspekt richten, der<br />
nur am Rande erwähnt wurde, nämlich auf die Tatsache,<br />
dass in Barcelona 28 Staats- und Regierungschefs, also<br />
die Vertreter der 15 Mitgliedstaaten mit den 13 Beitrittsländern,<br />
zusammensaßen. Es ging bei den Beratungen<br />
nicht um Beitrittsprobleme oder um die Formulierung<br />
von Kompromissen im Beitrittsprozess. Vielmehr hat das<br />
Europa der 28 über die Gestaltung des wirtschaftlichen<br />
und sozialen Zukunftsprozesses gemeinsam diskutiert.<br />
Zum ersten Mal war es eine Selbstverständlichkeit, dass<br />
alle 28 beieinander saßen. Auch dies ist ein ganz wichtiges<br />
Signal, das in die Beitrittsländer ausgesandt wurde: Wir<br />
rechnen mit euch, wir rechnen mit eurem Beitritt und wir<br />
wollen mit euch gemeinsam auch schon vor dem Beitritt<br />
die anstehenden Zukunftsprobleme diskutieren.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD)<br />
Die Auseinandersetzung über die Öffnung der Gasund<br />
Strommärkte war ein Hauptthema, das besonders in<br />
den Medien seinen Niederschlag gefunden hat. Wir alle<br />
hätten uns – das können wir gemeinsam feststellen – mehr<br />
gewünscht. Die Öffnung der Märkte ist ein zähflüssiger<br />
Prozess, der leider nicht so schnell vorangeht, wie wir es<br />
uns erhofft haben. Wir müssen uns jetzt aber nicht nur mit<br />
unseren Partnern kritisch auseinander setzen und den<br />
Zeigefinger auf den einen oder anderen richten, sondern<br />
auch deutlich machen, dass wir selbst uns kritisch mit den<br />
Verhältnissen bei uns im Hinblick auf diese Marktöffnung<br />
auseinander setzen müssen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-<br />
SES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Helmut Haussmann<br />
[FDP]: Richtig!)<br />
Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Selbstkritik<br />
durchaus angebracht ist. In unseren Papieren ist immer von<br />
der hundertprozentigen Liberalisierung unserer Märkte<br />
die Rede. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen<br />
werden, dass das mit dem Wettbewerb nicht in allen Bereichen<br />
so glasklar ist, dass wir Probleme der Marktbeherrschung<br />
haben und dass wir uns mit Problemen<br />
möglicher Fusionen auseinander setzen müssen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-<br />
SES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg.<br />
Dr. Helmut Haussmann [FDP])<br />
Wir müssen sicherlich klar machen – auch das wurde<br />
erwähnt –: Marktöffnung ist keine Einbahnstraße. Es geht<br />
nicht, dass mit den Monopolgewinnen auf dem einen nationalen<br />
Markt Einkaufspolitik auf anderen liberalisierten<br />
nationalen Märkten betrieben wird. Das ist von der Bundesregierung<br />
heute sehr deutlich gemacht worden, sodass<br />
daran kein Zweifel bestehen kann.<br />
Barcelona hat gezeigt, dass der mühsame Weg der Integration<br />
in vielen Bereichen schrittweise gegangen werden<br />
muss. Der Europäische Rat hat aber auch gezeigt,<br />
dass Barcelona in einen sehr grundsätzlichen Reformprozess<br />
eingebettet ist, der mit dem Stichwort Konvent<br />
richtig umschrieben ist.<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Herr Kollege Sterzing,<br />
auch Sie muss ich leider an die Redezeit erinnern.<br />
Christian Sterzing (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Ja. – In diesen Tagen wird deutlich, dass die mühsame integrationspolitische<br />
Alltagsarbeit gemacht wird, aber die<br />
darüber hinaus bestehende grundsätzliche Reformnotwendigkeit<br />
und -bereitschaft innerhalb der EU im Konvent,<br />
der heute tagt, ihren Ausdruck findet. Insofern können<br />
wir sagen, dass wir uns auf dem richtigen Weg<br />
befinden.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
und bei der SPD)<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort<br />
erteile, muss ich von hier oben leider etwas Unangenehmes<br />
erledigen. Aus dem stenografischen Protokoll geht<br />
hervor, dass der Kollege Rezzo Schlauch einen Zwischenruf<br />
gemacht hat, der nicht den Gepflogenheiten des<br />
Hohen Hauses entspricht.<br />
(Peter Hintze [CDU/CSU]: Das ist laufend bei<br />
ihm! – Zurufe von der CDU/CSU: Welchen<br />
denn?)<br />
– Ich möchte ihn nicht wiederholen. Sie können das im<br />
Protokoll nachlesen. Aber es ist nicht üblich – das wissen<br />
Sie alle –, Mitglieder des <strong>Bundestag</strong>es oder andere Kolleginnen<br />
und Kollegen aus der Politik persönlich zu diffamieren.<br />
Deshalb weise ich diesen Zwischenruf hiermit<br />
zurück.<br />
(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Öko-<br />
Quasimodo!)<br />
Jetzt fahren wir in der Aussprache fort. Das Wort hat<br />
der Kollege Dr. Gerd Müller für die Fraktion der<br />
CDU/CSU.<br />
Dr. Gerd Müller (CDU/CSU) (von Abgeordneten der<br />
CDU/CSU mit Beifall begrüßt): Frau Präsidentin! Meine<br />
(C)<br />
(D)