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Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

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Gerhard Schüßler<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />

Selbst in der Antwort auf die Große Anfrage der PDS-<br />

Fraktion brüstet sich Rot-Grün noch, den Kommunen<br />

gehe es doch gut.<br />

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]:<br />

Wo leben die?)<br />

Nichts davon ist wahr.<br />

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />

der CDU/CSU)<br />

Die miserable Lage der Kommunen ist die logische<br />

Konsequenz des Vollzugs von Bundes- und Landesgesetzen,<br />

deren Finanzierung allein bei den Gemeinden abgeladen<br />

wurde. In den vergangenen drei Jahren ist die<br />

Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben auf kommunaler<br />

Ebene immer weiter auseinander gegangen.<br />

(Hans-Michael Goldmann [FDP]:<br />

Sehr richtig!)<br />

Mehr als 50 Prozent der Kommunen – das sind die neuesten<br />

Daten – haben derzeit keinen ausgeglichenen Haushalt<br />

mehr.<br />

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Grünen<br />

wissen nicht, was in den Kommunen los ist!)<br />

Wann hat es das schon einmal gegeben, meine Damen und<br />

Herren? Und da sagen Sie: Den Kommunen geht es doch<br />

gut.<br />

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das sagt vor<br />

allem Herr Metzger!)<br />

Die Gesamtverschuldung der deutschen Kommunen<br />

ist im Jahr 2001 auf 100 Milliarden Euro angewachsen.<br />

Die Städte und Gemeinden stehen unter immer höherem<br />

Kostendruck. Sie können kaum noch ihren Pflichtaufgaben<br />

gerecht werden. Freiwillige Aufgaben und Investitionsaufgaben<br />

werden immer weiter zurückgeführt –<br />

zulasten der Bürger, die aber schließlich in unseren Gemeinden<br />

leben.<br />

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />

Kultur- und Bildungseinrichtungen, Stadtbüchereien<br />

und Freizeiteinrichtungen – die Liste könnte man beliebig<br />

verlängern – werden geschlossen. Nur einige Beispiele:<br />

Braunschweig schließt sein Bildungs- und Freizeitzentrum.<br />

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Da gehen<br />

die Lichter aus, im wahrsten Sinne des Wortes!)<br />

In Cottbus sind bereits 62 Prozent der Straßen in einem<br />

Zustand, der eine wirtschaftliche Straßenunterhaltung<br />

nicht mehr erlaubt. Um auf diesem schlechten Niveau allein<br />

den Bestand zu sichern, müssten jährlich 2,5 Milliarden<br />

Euro aufgebracht werden. Die Stadt muss ihre Mittel<br />

für den Unterhalt von Straßen aber weiter kürzen.<br />

Die Stadt Krefeld – man höre und staune, Herr<br />

Scheelen – hat im Haushaltsplan für das Jahr 2002 überhaupt<br />

keine neuen Investitionen vorgesehen. Zurückgestellt<br />

wurden die Sanierung des Theaters, der Bau von<br />

22477<br />

Kinderspielplätzen und der notwendige Neubau einer<br />

Hauptfeuerwache.<br />

(Zuruf von der FDP: Das ist die Realität!)<br />

Die Stadt Wuppertal schließt fünf Grundschulen.<br />

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Und<br />

das nach PISA! – Zuruf von der FDP: Und das<br />

nach PISA und nach den Spenden! – Bernd<br />

Scheelen [SPD]: Weil die Schüler nicht mehr da<br />

sind!)<br />

Bund und Länder verlagern immer mehr Aufgaben,<br />

zum Beispiel die Kinderbetreuung, auf die Kommunen.<br />

Unbekannt ist noch die Höhe der Integrationskosten, mit<br />

denen die Kommunen durch das neue Zuwanderungsgesetz<br />

belastet werden sollen.<br />

Diese Bundesregierung tut wirklich alles, um den<br />

Kommunen den finanziellen Teppich unter den Füßen<br />

vollständig wegzuziehen.<br />

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />

Darum kann von der kommunalen Selbstverwaltung – das<br />

mögen Sie noch so sehr bestreiten; diejenigen, die in den<br />

Kommunen Verantwortung tragen, sagen Tag für Tag,<br />

dass das so ist – nun wirklich keine Rede mehr sein.<br />

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die hat Rot-<br />

Grün den Kommunen genommen!)<br />

Die Gründe für die katastrophale Haushaltssituation<br />

der Kommunen liegen offen zutage. Die rot-grüne<br />

Steuerreform hat sich verheerend auf die kommunalen<br />

Haushalte ausgewirkt. Der Einbruch bei der Körperschaftsteuer<br />

führt zum Beispiel dazu, dass der nordrheinwestfälische<br />

Finanzminister an vier Unternehmen 1,7 Milliarden<br />

Euro Körperschaftsteuer zurückzuzahlen hat.<br />

(Oswald Metzger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />

NEN]: Das waren die Gewinngutschriften aus<br />

Jahrzehnten!)<br />

Das kommt davon, wenn man ein Gesetz beschließt, das<br />

es möglich macht, dass Verluste, die im Ausland anfallen,<br />

mit Gewinnen in Deutschland verrechnet werden können.<br />

(Beifall bei der FDP – Harald Friese [SPD]:<br />

Aber ihr altes Standortsicherungsgesetz von<br />

1993!)<br />

– Sie wissen ja, dass das wahr ist, darum regen Sie sich ja<br />

auch so auf.<br />

(Bernd Scheelen [SPD]: Weil Sie keine<br />

Ahnung haben!)<br />

Die Einbrüche bei der Gewerbesteuer sind katastrophal<br />

– der Kollege Claus hat schon Beispiele genannt –:<br />

Ludwigshafen minus 68 Prozent, Leverkusen minus<br />

64 Prozent, Krefeld minus 50 Prozent, Frankfurt am Main<br />

minus 38 Prozent, Rostock minus 46 Prozent usw.<br />

(Harald Friese [SPD]: Darmstadt plus 70 Prozent!)<br />

Aber Herr Poß sagt, den Gemeinden gehe es gut, sie hätten<br />

850 Millionen DM Mehreinnahmen. Das ist doch ein Witz.<br />

(Beifall bei der FDP)<br />

(C)<br />

(D)

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