Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
(A)<br />
(B)<br />
Gudrun Kopp<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />
Das ist eine Ansammlung von Klein-klein-Initiativen, die,<br />
wenn das Gesamtkonzept stimmen würde, als Umrahmung<br />
ganz nett wären. Aber schauen Sie sich zum Beispiel<br />
das Kapitel „Besseres Klima schaffen für mehr<br />
Selbstständigkeit“ an.<br />
(Zuruf von der CDU/CSU: Das liest sich wie<br />
der Fünfjahresplan der alten DDR!)<br />
Sie finden in diesem Mittelstandsbericht Schulprojekte<br />
und internetgestützte Schülerwettbewerbe. Das ist prima;<br />
aber das hilft dem Mittelstand in seiner Substanz nicht.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber dann kommt<br />
der Wend hierher und macht Klassenkampf! –<br />
Gegenruf des Abg. Wolfgang Weiermann<br />
[SPD]: Klassenkampf macht ihr ja inzwischen<br />
mehr als wir! Klassenkampf von oben!)<br />
Zum Stichwort Bürokratieabbau wird in diesem grandiosen<br />
<strong>Bericht</strong> lediglich eine Vereinfachung von Antragsformularen<br />
vorgeschlagen. Das ist prima; aber das hilft<br />
dem in seiner Existenz gefährdeten Mittelstand nicht.<br />
Das heißt also: völlige Praxisferne bei der Regierung,<br />
was die augenblickliche Situation des Mittelstands betrifft.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Es sind überhaupt keine Perspektiven in Sicht, wie Sie<br />
helfen wollen.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die blenden das<br />
total aus! – Dirk Niebel [FDP]: Alte Linke statt<br />
Neue Mitte!)<br />
Wie wäre es denn einmal mit einem Gesetzes- oder<br />
Bürokratie-TÜV?<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hatten wir<br />
schon mal! Das haben die wieder abgeschafft! –<br />
Dr. Rainer Wend [SPD]: Und dafür machen wir<br />
eine neue Behörde!)<br />
– Nein, ohne neue Behörde, im Kopf. Das wäre wichtig,<br />
bevor wir hier Unsinn beschließen, neue Gesetze wie zum<br />
Beispiel zur Bauabzugsteuer und viele andere Dinge<br />
mehr. Das sind Todsünden für den Mittelstand. Ich kann<br />
Ihnen nur sagen: Die FDP wird dazu beitragen, dass es<br />
hier im September einen radikalen Kurswechsel gibt.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
Wir haben erlebt, dass die Einmischung der Politik das<br />
Schlimmste ist, was der Wirtschaft und vor allen Dingen<br />
dem Mittelstand passieren kann.<br />
(Wolfgang Weiermann [SPD]: Was sollen wir<br />
denn machen? Sie sagen immer: Das ist Einmischung!)<br />
– Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen.<br />
(Wolfgang Weiermann [SPD]: Darüber regen<br />
wir uns aber auf! Das ist doch dummes Zeug!)<br />
Es wird ja ab September besser, ohne Sie.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
22525<br />
Sie mischen sich ein, versäumen es aber, die nötigen Rahmenbedingungen<br />
zu schaffen. Sie drehen an verschiedenen<br />
Stellschräubchen und nehmen damit dem Mittelstand<br />
die Luft zum Atmen. Sie haben es verdient, ab September<br />
nicht mehr auf der Regierungsbank zu sitzen.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –<br />
Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die hätten es verdient,<br />
schon jetzt nicht mehr da zu sitzen! –<br />
Wolfgang Weiermann [SPD]: 6 minus! Das war<br />
„Thema verfehlt“!)<br />
Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Für die<br />
Fraktion der PDS spricht der Kollege Rolf Kutzmutz.<br />
Rolf Kutzmutz (PDS): Herr Präsident! Meine Damen<br />
und Herren! Der Unterschied zwischen einer Wiederholung<br />
und einer Fortsetzung ist beim Film, dass eine Fortsetzung<br />
etwas Neues in der Handlung bringt. Wir aber<br />
wiederholen zum x-ten Mal den offensichtlichen Lieblingsfilm<br />
des <strong>Bundestag</strong>es „Spiel mir das Lied vom Mittelstand“.<br />
(Beifall bei der PDS)<br />
Nun gibt es das Buch zum Film. Ich meine, es ist gut,<br />
dass solch ein <strong>Bericht</strong> vorgelegt wird. Damit wird – Wahlkampf<br />
hin, Wahlkampf her – Kleinunternehmern und<br />
auch Politikern überhaupt erst einmal deutlich gezeigt, wo<br />
und wie Mittelstandspolitik des Bundes betrieben wird.<br />
(Gudrun Kopp [FDP]: Eben nicht!)<br />
Damit bin ich allerdings auch bei einem Kardinalproblem<br />
dieses <strong>Bericht</strong>s. Bei all den gepriesenen Förderlinien, Förderbausteinen<br />
und Internetportalen – der Dschungel für<br />
Rat und Hilfe Suchende hat sich bis jetzt nicht gelichtet.<br />
Mindestens ein Dutzend verschiedene Internetportale als<br />
Einstieg in unterschiedliche Felder der Mittelstandspolitik<br />
sind dem 56-Seiten-<strong>Bericht</strong> zu entnehmen. Fünf Bundesministerien<br />
– neben dem Wirtschaftsministerium auch<br />
das Forschungs-, das Umwelt-, das Familien- und das<br />
Entwicklungshilfeministerium – und natürlich, nicht zu<br />
vergessen, die geschätzte Kollegin Frau Wolf als Mittelstandsbeauftragte<br />
kümmern sich um den Mittelstand.<br />
Nur: Existenzgründer und Kleinunternehmer haben<br />
keine Zeit, pausenlos durch das Internet zu surfen. Als<br />
Vorsitzender des Offenen Wirtschaftsverbandes weiß ich<br />
das aus eigener Erfahrung und durch viele <strong>Bericht</strong>e. Die<br />
Zeit reicht nicht aus, um zu suchen; die Zeit muss verwendet<br />
werden, um etwas zu tun.<br />
(Beifall bei der PDS)<br />
Angesichts der auch in diesem <strong>Bericht</strong> bekundeten IT-<br />
Euphorie der Bundesregierung müsste es doch eigentlich<br />
ein Leichtes sein, ein zentrales Internetportal einzurichten,<br />
von dem aus verständlich und übersichtlich der Weg<br />
zu allen Spezialinformationen – von Fragen inländischer<br />
Wirtschaftsförderung über Fragen zu Umwelt, Gleichstellung<br />
und Ausbildung bis hin zu Außenwirtschaftsfragen –<br />
gewiesen wird. Das wäre zumindest ein Anfang, um irgendwann<br />
zu einem Angebot aus einer Hand zu kommen<br />
– zumal – das weiß ich aus eigener Erfahrung – mit<br />
(C)<br />
(D)