Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />
Minister Jochen Dieckmann (Nordrhein-Westfalen)<br />
Restriktionen. Diese würden wir gern ändern, wenn wir<br />
die Mittel dazu hätten.<br />
Zum Abschluss will ich nicht verschweigen, dass wir<br />
uns im Kreis der Länder durchaus mehr gewünscht hätten,<br />
was insbesondere die Verbesserung der Anwaltsausbildung<br />
angeht. Man kann das im Entwurf des Bundesrats<br />
nachlesen. Ich meine insbesondere die Anforderungen an<br />
die Zulassung zur anwaltlichen Tätigkeit. Deshalb<br />
möchte ich dem abschließenden Votum des Bundesrats<br />
nicht vorgreifen. Ich persönlich meine – ich habe das mit<br />
einigen Kolleginnen und Kollegen besprechen können –,<br />
dass das Ergebnis Ihrer Beratung, über das Sie jetzt abstimmen<br />
werden, ein Kompromiss ist, der von sehr vielen<br />
der Beteiligten getragen werden kann und der auch praktisch<br />
durchführbar ist. Ich glaube, es ist ein Beitrag dazu,<br />
dass die Juristenausbildung auch in Zukunft bestmöglichst<br />
ausgerichtet sowie anwalts- und berufsorientiert ist,<br />
zugleich aber den notwendigen Freiraum für Eigeninitiative<br />
und Eigenverantwortung lässt.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Für die CDU/CSU-<br />
Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Rupert Scholz.<br />
Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Frau Präsidentin!<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie<br />
mir noch einige ergänzende Bemerkungen zu dem, was<br />
mein Kollege Röttgen gesagt hat und was im Übrigen in<br />
allen Beiträgen hier deutlich zum Ausdruck gekommen<br />
ist. Natürlich geht es nicht um Revolution. Revolution ist<br />
nie gut.<br />
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Na, na! – Alfred Hartenbach<br />
[SPD]: Vor allem: Wenn Juristen Revolution<br />
machen, werden sie einen Kopf kürzer gemacht!)<br />
– Revolution ist nie gut. – Im Zusammenhang mit dieser<br />
Diskussion ist aber das Wort „Revolution“ nicht ohne Zufall<br />
immer wieder angeklungen, denn die Reform der Juristenausbildung<br />
war wirklich längst überfällig.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Das bisherige System der Ausbildung und damit auch das<br />
System der Prüfungen schleppen wir seit Ewigkeiten mit<br />
uns herum, obwohl die Anforderungen und auch das Berufsbild<br />
des Juristen inzwischen elementare Veränderungen<br />
erfahren haben.<br />
Es geht und ging also darum – das betone und unterstreiche<br />
ich auch aus meiner Sicht –, am Einheitsjuristen<br />
festzuhalten, aber diesen Einheitsjuristen mit der Fähigkeit<br />
auszustatten, mit der Vielfalt der unendlichen Ausdifferenzierungen<br />
und dem unendlichen Wachstum des juristischen<br />
Stoffes fertig zu werden. Das heißt, es geht vor<br />
allem darum, Juristen methodisch zu schulen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Ein methodisch geschulter Jurist ist aber nicht zu bekommen,<br />
wenn man ihn nur mit Stoff – ich sage das ganz be-<br />
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wusst aus meiner eigenen universitären Erfahrung und einer<br />
ständigen Prüfungserfahrung heraus – und mit immer<br />
mehr Spezialwissen buchstäblich zuschaufelt. Hier ist<br />
viel gesündigt worden. Diesen Fehlentwicklungen muss<br />
– das sage ich mit allem Nachdruck – Einhalt geboten<br />
werden.<br />
Die Qualität eines Studenten im Referendarexamen<br />
kann nicht danach beurteilt werden, ob er sozusagen sämtliche<br />
BGH-Entscheidungen kennt, ja, am besten gleich<br />
wie ein wandelnder Palandt ins Examen marschiert. Das<br />
ist es nicht. Nein, wichtig ist, dass er die Fähigkeit hat, mit<br />
einer juristischen Problemstellung fertig zu werden, sich<br />
einzuarbeiten und mit den nötigen logischen und methodischen<br />
Mitteln das zu leisten, was von ihm gefordert<br />
wird. Das ist die Lebensherausforderung eines Juristen.<br />
Die Vorstellung des Einheitsjuristen geht von der<br />
Grundvorstellung der Einheit der Rechtsordnung, an der<br />
natürlich auch unter Ausbildungsaspekten festzuhalten<br />
ist, aus. Der Einheitsjurist muss im Übrigen aber auch von<br />
einer methodisch geschlossenen Basis ausgehen können.<br />
Deshalb ist es richtig, die Spezialisierung während der<br />
Ausbildung zurückzufahren und den Stoff um ein System<br />
von Schwerpunktgruppen zu konzentrieren. Was haben<br />
wir denn bisher gemacht? Die Wahlfachgruppen wurden<br />
immer weiter ausgefächert, wurden immer spezieller und<br />
mit immer mehr Perfektionsansprüchen belastet. Das war<br />
der falsche Weg. Ich bin gerade den Kollegen, die das Ladenburger<br />
Manifest verfasst haben, dankbar, dass sie<br />
hierzu einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Ihre<br />
Ansicht hat mein Kollege Böckenförde ja auch in den von<br />
uns durchgeführten Anhörungen vertreten. Wir haben<br />
diese übernommen. Die Wahlfachgruppen müssen zu<br />
sachadäquaten, systematisch passenden Schwerpunktgruppen<br />
zusammengefasst werden. Auf dieser Ebene haben<br />
dann die Universitäten die 30 Prozent abzuprüfen, die<br />
ihnen als Mandat im Prüfungssystem zugewiesen wurden.<br />
Gestatten Sie mir auch ein Wort zu diesen 30 Prozent:<br />
Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man von der<br />
Länderseite nicht über 25 Prozent gehen wollte; denn es<br />
ist für die Universitäten schwierig, selbst einen Anteil von<br />
25 Prozent zu übernehmen. Auch das weiß ich wiederum<br />
aus der eigenen Erfahrung, da ich, wie ja gesagt, lehre und<br />
prüfe. Aber es muss geleistet werden. Das bedeutet allerdings<br />
– hier greife ich den eben schon von Kollegen<br />
Röttgen an die Landesfinanzminister gerichteten Appell<br />
auf und schließe auch die Landeskultusminister, Herr<br />
Dieckmann, ein –, man wird auch Änderungen im Bereich<br />
des CW-Wertes vornehmen müssen, denn die juristischen<br />
Fakultäten der Universitäten werden das, was jetzt von ihnen<br />
erwartet wird – das muss von ihnen auch eingelöst<br />
werden –, nicht leisten können, wenn man ihnen hier nicht<br />
entgegenkommt.<br />
Die ganze Reform steht und fällt damit, dass an einem<br />
Strang gezogen wird. Das bedeutet natürlich auch, dass<br />
hinsichtlich der Ausfüllung und der Konkretisierung<br />
durch die Landesgesetzgebung, durch die Justizausbildungsverordnung<br />
und durch die Justizausbildungsgesetze<br />
der Leitfaden und die Grundphilosophie dieses Bundesgesetzes<br />
aufgenommen und möglichst effektiv umgesetzt<br />
werden müssen.<br />
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