30.11.2012 Aufrufe

Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenographischer Bericht 227. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

(A)<br />

(B)<br />

Peter Hintze<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>227.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 21. März 2002<br />

Klaus und der jetzige Ministerpräsident Zeman diesen unseligen<br />

Dekreten noch irgendeine Wirkung zusprechen<br />

oder sie sogar in den europäischen Verträgen zu verankern<br />

suchen, dann müssen wir hier ein entschiedenes und klares<br />

Nein im Sinne der Menschenrechte sprechen.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Norbert<br />

Wieczorek [SPD]: Das müssen Sie auch gegenüber<br />

Herrn Orbán und seinem Status-Gesetz<br />

sagen!)<br />

Ich finde es sehr gut, dass der Vorsitzende des Europaausschusses,<br />

unser Kollege Pflüger, beim Deutschen <strong>Bundestag</strong><br />

ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, das prüfen<br />

soll, ob von den Benes-Dekreten heute und in Zukunft<br />

noch eine diskriminierende Wirkung ausgeht. Eines muss<br />

man klar sagen: Wenn dieses Gutachten zu dem Ergebnis<br />

kommt, dass dem so ist, dann müssen diese Dekrete aus<br />

der Welt geschafft werden; denn Europa ist eine Rechtsund<br />

Wertegemeinschaft. Wir fühlen uns den Menschenrechten<br />

verpflichtet. Das gilt auch für diese Frage.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU)<br />

Ein weiterer Punkt, der hier eben vom Außenminister<br />

und auch vom Kanzler angesprochen wurde, ist die Landwirtschaftspolitik<br />

in Europa. Diese möchte ich hier zum<br />

Schluss noch ansprechen. Es ist richtig, wenn die Regierung<br />

sagt, dass wir eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik<br />

benötigen. Wir brauchen sie auch schon für die EU<br />

der 15, aber erst recht brauchen wir sie in der EU der 25.<br />

Nur, es kann nicht angehen – das wäre unfair –, dass die<br />

Reform der gemeinsamen Agrarpolitik allein auf dem<br />

Rücken der neu hinzukommenden Mitgliedsländer der<br />

Europäischen Union in Mittel- und Osteuropa ausgetragen<br />

wird. Das dürfen wir nicht zulassen.<br />

(Joseph Fischer, Bundesminister: Richtig!)<br />

– Ich bin dem Bundesaußenminister dankbar dafür, dass er<br />

„Richtig!“ sagt. Aber er soll bitte einmal hierüber auch mit<br />

seinem Finanzminister sprechen. Das eine Extrem vertritt<br />

ja der polnische Landwirtschaftsminister, indem er fordert,<br />

die osteuropäischen Bauern müssten sofort voll an den direkten<br />

Einkommensbeihilfen beteiligt werden. Demgegenüber<br />

steht das Wort des deutschen Finanzministers,<br />

dass in den nächsten Jahren überhaupt nichts passieren<br />

soll. Das ist das andere Extrem.<br />

Im Kommissionsvorschlag, der im Europaausschuss<br />

von <strong>Bundestag</strong> und Bundesrat von Frau Schreyer und<br />

Herrn Verheugen sehr plausibel begründet wurde, heißt<br />

es: Der faire Umgang miteinander gebietet eine gewisse<br />

Beteiligung auch an diesen Hilfen, weil sonst diejenigen,<br />

die neu hinzukommen, sich zu Recht fragen, was das für<br />

eine Europäische Union ist, die die Agrarreform allein auf<br />

ihrem Rücken austragen will. Der Vorschlag der Europäischen<br />

Union findet unsere Unterstützung. Die Hartleibigkeit<br />

unseres Finanzministers mag sich in populistischer<br />

Hinsicht gut auswirken, ruft aber unseren Widerspruch<br />

hervor.<br />

Vizepräsidentin Petra Bläss: Herr Kollege Hintze,<br />

jetzt muss ich Sie leider abbremsen.<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Wieso „leider“?)<br />

22463<br />

Peter Hintze (CDU/CSU): Wir wollen die Europäische<br />

Union gemeinsam bauen. Daran müssen auch die<br />

Staaten, deren Aufnahme wir als Gewinn empfinden, beteiligt<br />

werden. Wenn sie zu uns kommen, sollen sie auch<br />

spüren, dass sie dazugehören.<br />

Herzlichen Dank.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

Vizepräsidentin Petra Bläss: Jetzt hat der Kollege<br />

Christian Sterzing für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen<br />

das Wort.<br />

Christian Sterzing (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und<br />

Kollegen! Das war jetzt nicht nur ein interessanter Einblick<br />

in den Gefühlshaushalt eines Pfarrers, sondern auch<br />

ein interessanter Einblick in den Argumentationshaushalt<br />

der Opposition.<br />

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Billiger geht<br />

es nimmer! – Dr. Helmut Haussmann [FDP]:<br />

Temperamentsausbruch eines Juristen!)<br />

Heute Morgen hatten wir eine Unterredung über die Erweiterung.<br />

Da wurde der Vorschlag der Kommission aus<br />

Ihren Reihen, Herr Hintze, als kapitaler strategischer Fehler<br />

bezeichnet.<br />

(Dietmar Nietan [SPD]: Hört! Hört!)<br />

Dem Ausmaß der Beliebigkeit der Argumente steht man<br />

manchmal hilflos gegenüber. Das überrascht wirklich.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

und bei der SPD – Uwe Hiksch [PDS]: Bei<br />

Hintze ist man immer hilflos! – Günter Gloser<br />

[SPD]: Das ist die neue Unübersichtlichkeit bei<br />

der Opposition!)<br />

– Ja, das ist die neue Unübersichtlichkeit bei der Opposition.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns alle, wie<br />

ich glaube, darüber einig – das klang ja doch in vielen Reden<br />

an –, dass Barcelona kein großes geschichtliches<br />

Ereignis ist. Es gab keine spektakulären Beschlüsse. Die<br />

Ehrlichkeit gebietet aber doch, differenziert mit dem umzugehen,<br />

über was in Barcelona verhandelt und was beschlossen<br />

worden ist. Wenn man sich das genauer anschaut,<br />

dann stellt man fest, dass dort sozusagen die<br />

integrationspolitische Kärrnerarbeit geleistet wurde.<br />

Diese Arbeit ist mühsam und kleinteilig. Es handelt sich<br />

dabei nicht nur um den schwierigen Ausgleich sich widersprechender<br />

nationaler Interessen, sondern auch um<br />

den Versuch, Gemeinsamkeiten vor dem Hintergrund sehr<br />

unterschiedlicher rechtlicher, sozialer und ökonomischer<br />

Traditionen zu finden. Insofern kann sich das, was in<br />

Barcelona beschlossen worden ist, sehen lassen.<br />

Ich weiß nicht, woher der Vorwurf mangelnder Zukunftsorientierung,<br />

mangelnder Dynamik und mangelnder<br />

Offenheit kommt. Man muss die Frage stellen, wer<br />

sich in der Zeit vor und während der Verhandlungen in<br />

Barcelona für die Öffnung der Strom- und Gasmärkte in<br />

(C)<br />

(D)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!