open poems open writing 09/10 - Crespo Foundation
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vom Blumenstrauß und presste sich die feuchten, kalten<br />
Stängel an die Stirn, dann an Wangen und Brust und wieder<br />
zum Gesicht, als wäre es ein Ritual, und ließ den Strauß<br />
einfach fallen. Seine Beine standen kurz vorm Krampf, doch<br />
er stieg weiter, mit wütender und schwindliger Entschlossenheit,<br />
während sein Atem immer animalischer klang, die Glieder<br />
brannten und sein Schädel lauter pochte, hämmerte, donnerte.<br />
Er sank auf die Knie, die nicht mehr und nicht weniger<br />
schmerzten als der Rest des ertaubenden Körpers, kroch salamanderartig<br />
die Treppe hinauf, zog sich mit triefenden, verklebten<br />
Armen nach oben, sein Japsen wurde leiser, sein<br />
Gesicht war auf den glatten Boden gepresst, die vom Wein rot<br />
gesprenkelte Hose hing zwischen den Kniekehlen, verschränkt<br />
lag er auf den harten Stufen, ungläubig blinzelnd, als deren<br />
Grau anthrazitfarben wurde, dann schwarz, verschwand. Er<br />
spürte noch ein letztes Zucken, irgendwo zwanzig Stockwerke<br />
unter ihm stand eine halb leere Rotweinflasche, und in unerreichbarer<br />
Distanz wehte ein frischer, kühlender Abendwind.<br />
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