open poems open writing 09/10 - Crespo Foundation
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sahen ein paar Bauern nach dem verunglückten Fahrzeug. Drin<br />
saß ein dicker Mann. Wir brachten ihn in die Praxis des<br />
Landarztes. Dieser sagte, der Mann sei zwar am Bein verletzt,<br />
sonst aber wohlauf. Er müsse noch eine Weile Krücken<br />
benutzen. Das deprimiere ihn sehr, sagte der Reisende, er<br />
werde seinen Beruf aufgeben müssen: Handelsreisender.<br />
Schließlich würde er ja von allen überholt werden, klagte er.<br />
Er fragte, ob nicht irgendjemand ihn in die nächste Stadt bringen<br />
könne. Niemand konnte ihm diesen Wunsch erfüllen. Und<br />
wieso man diese Brücke immer noch nicht fertig gebaut habe,<br />
fragte er aufgeregt.<br />
Sobald ich zusammen mit einigen Polizisten die Spuren des<br />
Unfalls beseitigt und das Kraftfahrzeug von der Brücke entfernt<br />
hatte, ging ich den Reisenden besuchen. Er saß auf der<br />
Bank vor der Praxis und starrte auf die Straße. Seine Koffer<br />
standen schon griffbereit. Ich sagte ihm, er sehe aus, als<br />
warte er auf etwas. Ja, auf einen Wagen, antworte er. Einen,<br />
der ihn mitnehmen könne. Ich lachte darauf ein wenig. Da könne<br />
er aber lange warten. Der Handelsreisende schüttelte den<br />
Kopf. Ich wollte ihn ein wenig aufheitern und sagte, ich müsse<br />
noch die Bewässerung der Felder kontrollieren, ob er mit mir<br />
eine Strecke bis zum Stadtrand laufen würde. Die Luft würde<br />
ihm sicher gut tun. Der auf Krücken gehende Reisende machte<br />
sich mit mir zusammen auf den Weg. Er staunte ein wenig, wie<br />
still es auf den Straßen war, und ich erklärte ihm, nun würden<br />
einige Leute aus dem Dorf sicher die Brücke fertig bauen<br />
wollen und dass ich mich gleich morgen zu einer Sonderabstimmung<br />
mit dem Gemeinderat treffen müsste. Heute sei es<br />
schon zu spät. Er äußerte sich nicht weiter dazu.<br />
Noch nie war ich während des Sonnenuntergangs die Felder<br />
kontrollieren gegangen. Für gewöhnlich tat ich das am Mittag,<br />
um dann zu Hause einige Arbeiten vor dem Abendbrot zu erledigen.<br />
Wir erreichten die Stadtgrenze, und ich sah über die<br />
Felder. Von hier aus konnten wir auch ein einzelnes Automobil<br />
auf der Handelsroute beobachten. Die Straße sei also<br />
wieder offen, sagte er. Die Gefahr des Steinschlags vorbei?<br />
Es scheine ganz so, antwortete ich. Ob er gern mitgefahren<br />
wäre? Ich deutete auf die Lichter in der Ferne. Er antwortete<br />
nicht, sondern starrte weiter über die Landschaft.<br />
Ein alter Freund aus dem Gemeinderat kam gerade aus der<br />
Stadt zu uns herüber. Sie hätten den Mann im Wasser gefunden,<br />
sagte er. Das hier habe er getragen. Er reichte mir<br />
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