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open poems open writing 09/10 - Crespo Foundation

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Nur, um es gesagt zu haben<br />

In der der Nacht wachte Karl plötzlich auf. Er sah zu ihr<br />

hinüber und bemerkte ein seltsames Gefühl in der Magengegend.<br />

Er wusste, irgendetwas stimmte nicht mit ihnen beiden. Karl<br />

war jemand, der Geheimnisse hatte; sie hingegen nur jemand,<br />

die mit ihrem Lachen nicht allein sein wollte. Was also<br />

taten sie hier? Da bemerkte Karl, was ihn aufgeweckt hatte:<br />

Eine Dose vor dem Bett war umgefallen, ohne, dass ihr jemand<br />

Beachtung schenkte. Und dann wurde es Karl auch wieder klar.<br />

Warum sie trotzdem neben ihm lag. Zum Lachen und Geheimnisse<br />

haben, braucht es immer zwei.<br />

Die Himbeere<br />

Der Bauernhof meiner Großeltern ist voller verwinkelter<br />

Scheunen und Wiesen. Als Kind habe ich die Ferien mit meinem<br />

Bruder immer draußen in den Gärten verbracht. Am Rande des<br />

Hofs stand ein vollgestopftes Lager mit ineinander verfahrenen<br />

Geräten. Fand man seinen Weg zwischen den verrosteten<br />

Heugabeln und einem staubüberzogenen Mähdrescher, so war es<br />

möglich, über ein loses Brett in der Wand in den Garten der<br />

Nachbarin zu gelangen. Neben ihrem Hühnerstall besaß diese<br />

Nachbarin einige Reihen Himbeersträucher. Von Zeit zu Zeit<br />

brachte sie uns einen Teller der Beeren mit, wenn sie unsere<br />

Großeltern am Sonnabend besuchen kam. Leider kam sie in<br />

letzter Zeit nicht mehr, weshalb wir uns entschieden hatten,<br />

einfach ein paar Himbeeren zu klauen. Doch als wir wieder<br />

hinter dem Stall saßen und Himbeeren aßen, fand ich<br />

etwas weitaus Wertvolleres als bloß kernlose Früchte.<br />

Dort lag im Schatten eines Strauches ein Vogelnest.<br />

„Nicht“, hielt mich mein Bruder zurück. „Die alte Lydia sieht<br />

uns noch.“ Doch ich machte mich von ihm los und zog das Nest<br />

mutig zu uns. Dort fand ich einen winzigen Vogel, blind und<br />

ohne Federn.<br />

Ich nahm ihn mit zum Hof meiner Großeltern, und wir verbrachten<br />

die restlichen Tage unserer Ferien damit, nach<br />

Regenwürmern für den kleinen Vogel zu suchen. Er schien un-<br />

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