03.12.2012 Aufrufe

open poems open writing 09/10 - Crespo Foundation

open poems open writing 09/10 - Crespo Foundation

open poems open writing 09/10 - Crespo Foundation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Elen freut sich, wenn dieser oder jener Traum ihr etwas mit<br />

ins Wache gibt, wenn kleine Narben, blaue Flecken von ihr<br />

entdeckt. Sie weiß, dass sie sich nachts im Traume stieß,<br />

vielleicht an Wasser oder auch an Luft. Die Dinge haben dort<br />

nichts Irdisches.<br />

Im Traum könnte die Mutter niemals die Tochter bitten,<br />

sofort die Stube reinzufegen, die Stube braucht dies nicht.<br />

Genauso wie die Mutter keine Worte braucht, sie weiß, dass<br />

Worte nur Konstrukte sind. Dass Elen, dürft sie frei entscheiden,<br />

die Stube nicht Stube genannt, doch Besen und den<br />

Besen Stube. So hätte ein Befehl der Mutter keinen Sinn, da<br />

Elen mit der Stube Besen fegen sollt, was unmöglich erscheint.<br />

Im Traum, da wissen alle, was die Wahrheit ist. Dass<br />

diese nämlich nicht besteht, dass, wenn die Augen zu sind,<br />

der Raum um alles stirbt und lediglich der Weg vom Sinn zum<br />

Hirn die Welt bestimmt. Und da ein jeder dieses weiß, fällt<br />

Falsch und Richtig aus, gibt’s keine Katze, keine Maus. Die<br />

Sinngebung verwest und alles nichtet ab.<br />

Wenn Elen ihren Wahn noch so sehr mag, so mag sie doch<br />

den Atem ihrer Mutter auch, der auf dem alten Canapé noch<br />

heftiger sich aus ihr stößt. Sie mag der Mutter Kälte in der<br />

Hand, die sich auf Elens Stirne legt. Sie mag den Weg von<br />

Mutters Arm zur Stirn am liebsten, denn niemand könnte diesen<br />

Weg, der nichts als still Gebärde ist, ihr nehmen.<br />

Wenn Kastanien retten<br />

Neben Elen in der Kirchbank sitzt die Großmutter, die<br />

schnauft. Die Großmutter, die immer ihr die Socken strickt<br />

und die das Leben so durchschmatzt. Sie hat doch immer ein<br />

Geräusch an sich. Gar zweimal singt sie falsch, doch eigentlich<br />

hat Elen nie an ihre hellen Töne glauben können.<br />

Die Daumendreherei während der Predigt lässt dann das Licht<br />

noch greller gegens bunte Kirchenfenster prallen, sodass man<br />

gar nicht mehr herauszuschauen fähig ist, das Licht bricht<br />

sich noch aus den Strahlen sonst.<br />

Dann lauscht sie wieder nur der kalten Fülle leerer<br />

Kirchen, die eigentlich vollsungen werden müsste, um weiterhin<br />

zu existieren, um nicht vor leisem, immerwährend Seufzen<br />

zu erblassen.<br />

74

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!