open poems open writing 09/10 - Crespo Foundation

Das Schönste jedoch sind die Glocken, weil sie sich immer
fragt, wo sie gegossen wurden, dass sie so ungreifbare Klänge
von sich geben und sie möcht auch gegossen werden dort. Ihr
Klang gibt Elen immer ein Stück Schlaf im Mutterschoß, sie
schmiegt sich immer ein.
Und Elen denkt an Welten ohne Glocken, ohne was, das den
Sonntag jede Woche ruft, und das die Straßen leer hallt
immer wieder mit seinem schwachen Jammern. Wie man in Klänge
einwurzelt, das wird Elen bewusst, als sie nicht mehr vom
Glockenschlage lassen kann, auch in Gedanken nicht. Schnell
fragt sie sich, was wohl die Oma im Gedanke hat, wahrscheinlich
den Großvater, wie er zuhause keltert, den Saft stark
aus der Traube presst.
Elen ist nicht ganz sicher, vielleicht gedenkt sie auch
der alten Zeit, auf jeden Fall sieht Elen die Kastanie auf
dem Boden liegen nun und kann nicht ab, sie aufzuheben und
sich an ihrem tiefen Braun ein bisschen zu vergehen, sie
knetet es durch ihre warme Hand und stumpft es so ein wenig
ab. Der Pfarrer verspricht sich grade da, als Elen die
Kastanie fallen lässt und dumpf verschlägt der Knall des
Pfarrers falsches Wort. Nun schauen alle um, die Großmutter
wird rot im Kopf und schaut beschämt zurück. Elen schließt
schlichtweg die Augen, als Kind hat das ja auch geklappt,
dann war man einfach nicht mehr da für den Moment.
Gardinen
Elen hatte gerade den allerletzten Ton fertig gesummt,
als sie beschloss, die Welt ein bisschen mehr zu meiden. Sie
war schlichtweg zu überfüllt. Drum stieß Elen die Fenster
auf und ging. Gewiss würd sie die Kacheln auf dem Boden missen
und auch die Mutter würd ihr fehlen. „Dir hängt da Blut
im Ohr“, das war das Erste, was die Fremde zu ihr sagte.
Nämlich beim Klettern aus dem Fenster verfing sich das Geäst
in ihr, das einzig, das versuchte, sie zu halten. Es riss auch
ein paar Haare ab und allgemein bekannt ist wohl, wie Haare
binden. Doch Elen ging. Sie ging in alles über. Die Mutter
sucht sie heute noch, wehn die Gardinen rüber.
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