Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

das Rennen um die Olympischen
Winterspiele 2018 zu
schicken, ist eine große Chance
es Sports, sich mit Politik,
Wirtschaft und Kultur zu
einem lohnenswerten gesellschaftlichen
Großprojekt
zusammen zu finden. Erstmals
seit München 1972 hat der
deutsche Sport wieder realistische
Aussichten, olympischer
Gastgeber zu sein. Und dann
hat Hans Wilhelm Gäb einen
Maßstab gesetzt. Man müsse
"aufstehen gegen jene
schrecklichen Vereinfacher, die
es im Zusammenhang mit der
Doping-Problematik wohl als
ein Stück Zeitgeist ansehen,
jegliche Differenzierung
aufzugeben und den gesamten
Sport zu diskreditieren
und in Frage zu stellen". Es
mache ihn "zornig, Schlagzeilen
zu lesen und Urteile zu
hören, nach denen der Sport
am Ende ist, Fairplay nicht
mehr existiert und der Wettkampf
nach Regeln nicht
mehr stattfindet".
Der scheidende Sporthilfe-
Vorsitzende meinte damit
einen bestimmten Behauptungsjournalismus,
dessen
Formel auch in Teilen der
Politik nicht ohne Resonanz
blieb: total verseuchte Radsport-DisziplinProfi-Straßenrennen
Männer (zwei von 302 olympischen Wettbewerben)
gleich total verseuchter Radsport gleich total verseuchter Sport.
Diese Generalverdachtsformel wirkt in ihrer Radikalität wie die
Parole "Sport ist Mord", jedenfalls hatte sie neben nützlichen
auch erschlagende Wirkungen. Die Nützlichkeit liegt darin, eine
Diskussion angetrieben und Veränderungen mit befördert zu
haben. Dafür steht die Stärkung der Nationalen Anti-Doping-
Agentur NADA und die Vereinbarung des Sports mit der Politik,
Doping in Aktionseinheit zu bekämpfen. Die erschlagende
Wirkung liegt im Zeichnen eines Zerrbildes, das die Werte des
Sports verschleiert und die starke Mehrheit der sauberen Athleten
nicht sichtbar macht.
Bei all der Unübersichtlichkeit des Sportjahres 2007 sind
wesentliche Konturen erkennbar. Zweifellos hat Deutschland als
Sportstandort seine Vorzüglichkeit behauptet. Das Sportland
Deutschland lebt weiterhin erfolgreich in einer großen Vielfalt,
Breite und Lebendigkeit, dazu gehören Gegensätze und auch
Widersprüche. Dieses Sportland als Summe aller Möglichkeiten,
Begrenzungen und Gefährdungen in einer Gesellschaft mit
wachsenden Widersprüchen und Herausforderungen hat im
jungen Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) einen allseits
respektierten Interessensvertreter gefunden. Dabei sind die
Anforderungen enorm. Er soll Vertreter von 27 Millionen Mitgliedern
und weit über 100 angeschlossener Organisationen
und Institutionen sein, oberste Instanz für Moral und Fairplay,
Gestalter und Beförderer des Leistungs- und des Breitensports,
Anstifter in seiner Rolle als kooperativer Gesellschaftspartner,
ständige Vertretung der Sport-Außenpolitik - und immer auch
Krisenmanager. Und all das mit nur geringer exekutiver Kraft.
Dieses Anforderungsprofil setzt eine ausgeprägte Überzeugungskraft,
Standfestigkeit und vor allem Politikfähigkeit voraus
mit dem Vermögen, sich Gehör zu verschaffen und im Ringen
mit den gesellschaftlichen Kräften nicht das Gleichgewicht zu
verlieren. Dies ist dem DOSB im zweiten Jahr seiner Existenz
weitgehend gelungen. Es findet seinen besonderen Ausdruck in
der Vereinbarung eines arbeitsteiligen Vorgehens gegen Doping
mit dem Staat und in vielfältigen Aktionen zusammen mit den
unterschiedlichsten Partnern. Dabei ist offen geblieben, wie
nahe der Sport seinem großen Vorhaben gekommen ist, als
Staatsziel Aufnahme in das Grundgesetz zu finden. In Innenminister
Wolfgang Schäuble (CDU) hat der DOSB einen Sport-
Versteher als verlässlichen, kompetenten Partner, der die Autonomie
des Sports respektiert und dabei darauf achtet, dass zur
Förderung auch das Fordern gehört. Reizpunkte im Dialog mit
der Politik hat der Bundestags-Sportausschuss gesetzt, was den
fruchtbaren Dialog einschloss. Dessen Vorsitzender Peter Danckert
(SPD) hat das beratende parlamentarische Gremium in ein
sportpolitisches Aktionsfeld auszuweiten versucht und sich
dabei selbst mit der Attitüde eines Sport-Nebenpräsidenten in
Szene gesetzt.
Unter all diesen Umständen hat der DOSB unter der Führung
seines Präsidenten Thomas Bach, seinem politikerfahrenen
Generaldirektor Michael Vesper und seinem sehr aktiven Präsidium
die erste Bewährungsprobe bestanden und die Vereinigung
von DSB und NOK als Notwendigkeit gerechtfertigt, Defizite
eingeschlossen. Durch die Vielzahl der auf den Weg gebrachten
Projekte und Initiativen wirkt der DOSB wie ein großes Warenhaus
mit einem schier unübersichtlichen Angebot. Gleichzeitig
sind für manche Kunden jene Artikel nicht ausreichend sichtbar
geworden, die ein O in ihrem Namen tragen. Dabei war das O
oft mit drin, auch wenn es nicht auf dem Preisschild stand. Ein
Beispiel dafür ist die Zusage des Verteidigungsministeriums, die
Bundeswehr-Planstellen für Athleten um 120 auf 824 zu erhöhen.
Ein anderes ist der vom DOSB im Oktober in Frankfurt
ausgerichtete Fairplay-Kongress, der in der Öffentlichkeit kaum
wahrgenommen wurde.
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