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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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itter befehdet. In den Jahren<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg -<br />

nach manchem Zögern <strong>und</strong><br />

manchen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

- wurde ihre Verständigung<br />

eingeleitet. Auf <strong>der</strong><br />

Verbandsebene wurde nachvollzogen,<br />

was in vielen<br />

Vereinen bereits praktiziert<br />

wurde. Eugen Eichhoff, lange<br />

Jahre Oberturnwart im <strong>Deutschen</strong><br />

Turner-B<strong>und</strong>, schrieb,<br />

dass in jeden Turnverein eine<br />

Fußballabteilung <strong>und</strong> in jeden<br />

Fußballverein eine Turnabteilung gehöre. Von <strong>der</strong> "Einheit <strong>des</strong><br />

Sports" lassen wir nicht mehr ab, erklärte umgekehrt <strong>der</strong> Fußballer<br />

Peco Bauwens.<br />

Diese Einheit <strong>des</strong> Sports bedeutete zweitens die Zusammenführung<br />

von Arbeitersport <strong>und</strong> bürgerlichem Sport. Auch<br />

zwischen ihnen wurden alte Gräben zugeschüttet <strong>und</strong> ein<br />

gemeinsames Verständnis von Sport entwickelt. Diese Entscheidung<br />

wirkte - über ihre sportpolitischen Folgen hinaus -<br />

bis in das parteipolitische Leben hinein, insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong><br />

SPD, in <strong>der</strong> sie nicht von allen begrüßt wurde. Auch <strong>der</strong> ehemalige<br />

DDR-Sport sah seine Wurzeln im Arbeitersport <strong>der</strong><br />

Weimarer Republik, allerdings nicht in <strong>des</strong>sen sozialdemokratischer<br />

Ausprägung, diese wurde verschwiegen, son<strong>der</strong>n in ihrer<br />

kommunistischen Form.<br />

Die Entscheidung für die organisatorische <strong>und</strong> ideelle Einheit<br />

<strong>des</strong> Sports setzte bei den Beteiligten Toleranz <strong>und</strong> Respekt für<br />

unterschiedliche Zielvorstellungen <strong>und</strong> Traditionen voraus; diese<br />

waren keineswegs von Anfang an <strong>und</strong> überall vorhanden. Der<br />

von Bauwens als <strong>der</strong> "eine" Sport bezeichnete (organisierte)<br />

Sport hat jedoch am Ende breite Zustimmung gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

sich seitdem als tragfähiges Modell für die spätere Vereins- <strong>und</strong><br />

Verbandsentwicklung erwiesen. Mit seiner einheitlichen <strong>und</strong><br />

zugleich offenen Organisationsform hat er zunächst in Gestalt<br />

seiner Vereine, dann <strong>der</strong> zwischen 1945 <strong>und</strong> 1947 gegründeten<br />

Lan<strong>des</strong>sportbünde <strong>und</strong> <strong>der</strong> 1947 <strong>und</strong> 1948 (zunächst als<br />

Arbeitsgemeinschaften) gegründeten Fachverbände <strong>und</strong><br />

schließlich gemeinsam im <strong>Deutschen</strong> Sportb<strong>und</strong> <strong>und</strong> im Nationalen<br />

<strong>Olympischen</strong> Komitee die Gr<strong>und</strong>lagen geschaffen, die sich<br />

in <strong>der</strong> Folge als beson<strong>der</strong>s geeignet für die Realisierung sportlicher<br />

Ziele <strong>und</strong> Werte erwiesen haben <strong>und</strong> später auch die<br />

reibungslose Einbeziehung <strong>der</strong> Lan<strong>des</strong>sportbünde <strong>und</strong> Fachverbände<br />

<strong>der</strong> neuen Bun<strong>des</strong>län<strong>der</strong> ermöglichten.<br />

Diesen Gr<strong>und</strong>lagen verdankt <strong>der</strong> in Vereinen <strong>und</strong> Verbänden<br />

organisierte Sport nicht zuletzt seine heutige Vielfalt <strong>und</strong><br />

letztlich auch sein in den Nachkriegsjahren kaum vorstellbares<br />

Wachstum in den siebziger <strong>und</strong> achtziger Jahren. Unter einem<br />

gemeinsamen Dach <strong>und</strong> geb<strong>und</strong>en an ein gemeinsames Sportverständnis<br />

war trotzdem Raum für unterschiedliche Gestaltungsformen<br />

<strong>des</strong> Sports gegeben, konnte sich vielfältiges Leben<br />

in den Vereinen entfalten, vertrugen sich unterschiedliche<br />

Traditionen <strong>und</strong> Werte <strong>und</strong> haben die Vereine bis heute gleichwohl<br />

o<strong>der</strong> gerade <strong>des</strong>wegen eine ungewöhnliche Zunahme an<br />

Mitglie<strong>der</strong>n, an neuen Aufgaben <strong>und</strong> auch manchen Aktionismus<br />

ihrer Dachverbände verkraftet.<br />

Staatliche Organisationsformen, Zentralismus <strong>und</strong> Dirigismus<br />

wären vermutlich an den Problemen dieses Wachstums<br />

gescheitert; die Vereins- <strong>und</strong> Verbandsstrukturen in Deutschland<br />

haben sich ihnen gegenüber jedoch als trag-, anpassungs<strong>und</strong><br />

leistungsfähig erwiesen. Dass DSB <strong>und</strong> NOK lange nebeneinan<strong>der</strong><br />

bestanden, allerdings ihre unterschiedlichen Aufgaben<br />

gut verteilt hatten <strong>und</strong> durchweg in enger Kooperation, fast<br />

zwei Jahrzehnte mit einem Präsidenten, bearbeiteten, hat dem<br />

offenbar nicht unbedingt geschadet. Die zum DOSB verschmolzenen<br />

Verbände werden sie nun - im Interesse <strong>der</strong> Vereine - als<br />

"ein" Verband zu bewältigen haben, möglichst - so ist die<br />

Erwartung - noch effektiver als bisher. Insofern ist die organisatorisch<br />

neu gestaltete Einheit auch ein historischer Einschnitt.<br />

Der neue (<strong>und</strong> alte) Sinn <strong>des</strong> Sports<br />

Organisationsformen <strong>des</strong> Sports - also im Wesentlichen die<br />

seiner Vereine <strong>und</strong> Verbände - sind aber kein Selbstzweck; sie<br />

entwickeln sich in ihrer Gestalt <strong>und</strong> Struktur über den Sinn, den<br />

die Menschen mit ihnen verbinden <strong>und</strong> den Vereine <strong>und</strong> Verbände<br />

ihnen umgekehrt anbieten: Nach innen, indem sie ihren<br />

Mitglie<strong>der</strong>n ein Angebot zur eigenen (sportlichen) Sinnfindung<br />

machen, nach außen, indem sie sich - mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

deutlich - abgrenzen gegenüber dem, was man nicht als Sport<br />

verstanden <strong>und</strong> ihm zugehörig wissen möchte.<br />

Nachdem es jedenfalls nach 1945 gelungen war, politischideologischen<br />

Ballast <strong>des</strong> Sports abzuwerfen, war <strong>der</strong> Weg frei<br />

für den Aufbau <strong>und</strong> die Entwicklung einer Organisation <strong>des</strong><br />

Sports, <strong>der</strong>en primärer Sinn im Sporttreiben selbst bestehen<br />

sollte <strong>und</strong> nicht so sehr in dem vorgeschriebenen Geist, in dem<br />

dies zu erfolgen hat, aber auch nicht in <strong>der</strong> Gewinnorientierung,<br />

die man natürlich auch im Sport finden kann. Dies ist<br />

nicht zu verwechseln mit einem sinnfreien Sport; den gibt es<br />

nicht. Nur galt es in den Nachkriegsjahren, ohne auf politische<br />

<strong>und</strong> ideologische Gr<strong>und</strong>sätze zurückgreifen zu wollen, einen<br />

neuen Sinn eines "freien" Sports in einer neuen, auf Vereinen<br />

<strong>und</strong> Verbänden beruhenden <strong>und</strong> demokratisch verfassten<br />

Organisation <strong>und</strong> in einer demokratischen Gesellschaft zu<br />

finden. Dafür mussten ideelle Gr<strong>und</strong>lagen entwickelt werden,<br />

durch die sich <strong>der</strong> Sport gesellschaftlich <strong>und</strong> kulturell legitimieren<br />

konnte <strong>und</strong> die - wenigstens theoretisch <strong>und</strong> potenziell -<br />

auch seinen erneuten Missbrauch für sportfremde Zwecke<br />

würden verhin<strong>der</strong>n können.<br />

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