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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Tisch, wir wollen einen<br />

glaubwürdigen Sport",<br />

wurde nicht nur von<br />

DOSB-Präsident Bach <strong>und</strong><br />

seinem "General" Michael<br />

Vesper gebetsmühlenartig<br />

gefor<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n auch<br />

<strong>der</strong> Vorsitzende <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>tags-Sportausschusses,<br />

Peter Danckert, stimmte<br />

wie mancher seiner Kollegen<br />

<strong>und</strong> Kolleginnen in<br />

den Chor <strong>der</strong> Unerbittlichen<br />

ein. Verwirrt war <strong>der</strong><br />

Sportinteressierte dann<br />

aber, als plötzlich von<br />

Amnestie für die Übeltäter<br />

die Rede war, eine Kronzeugenregelung<br />

her musste,<br />

die Gesetze aber dann<br />

doch ausreichten. Zurückru<strong>der</strong>n wurde in den Führungsetagen<br />

<strong>und</strong> Politikerr<strong>und</strong>en zu einer heftig betriebenen Disziplin. Der<br />

Spagat zwischen Rechtfertigung <strong>und</strong> Verurteilung gelang den<br />

selbst ernannten Aufklärern aber miserabel. Nicht gut kam die<br />

Doping-Sport-Soap im benachbarten Ausland an. Beson<strong>der</strong>s<br />

nicht in Frankreich, wo die Tour de France zu kippen drohte.<br />

Aber Geschäftsgeist <strong>und</strong> Einschaltquoten siegen allemal über<br />

die Moral - auch diesmal. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten,<br />

die zuerst enthüllten, sich empörten, ausstiegen, dann<br />

doch übertrugen - endlich mit kritischen Beiträgen -, nervten<br />

den Sportzuschauer, ob Fan o<strong>der</strong> nicht. Medien - auch für sie<br />

wurde das Jahr 2007 zu einem unwürdigen Schmierentheater:<br />

Jahrzehntelang waren viele von uns Journalisten eher Fan als<br />

Und aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Politik <strong>und</strong> <strong>des</strong> Steuerzahlers böte dies die<br />

sanktionsbehaftete Gewährleistung, dass Steuergel<strong>der</strong> nicht für<br />

dubiose Zwecke ausgegeben werden dürfen.<br />

Viel war in den Ausschussdebatten zum Sportför<strong>der</strong>etat 2008<br />

postuliert worden, <strong>der</strong> die DOSB-Anmeldung von 19 Millionen<br />

Euro Mehrbedarf, heruntergefiltert auf zwischenzeitlich 13<br />

Millionen Euro, zur ministeriellen Reife einkürzte. Winfried<br />

Hermann (Bündnis 90/Die Grüne) wollte eine qualifizierte<br />

Haushaltssperre für die Verbände <strong>und</strong> Stützpunkte durchsetzen,<br />

bei denen die Son<strong>der</strong>prüfgruppe <strong>des</strong> BMI Ungereimtheiten<br />

festgestellt hatte. Dieser Antrag wurde genauso abgeschmettert<br />

wie die Initiative <strong>des</strong> grünen Haushaltspolitikers Alexan<strong>der</strong><br />

Bonde: Er for<strong>der</strong>te, alle Spitzensport-För<strong>der</strong>mittel sollten solange<br />

gesperrt werden, bis eindeutige Unterlagen vorliegen, dass<br />

Haushaltsmittel <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> nicht mittelbar für Dopingzwecke<br />

ausgegeben werden. Durchleuchtet man diese Drucksachen, so<br />

Berichterstatter, wegschauende <strong>und</strong> schweigende Mitwisser. Um<br />

so erstaunlicher war, wie viele Journalisten sich plötzlich als<br />

moralisch entrüstete Aufklärer outeten.<br />

Nun stellt sich nicht nur <strong>der</strong> Fan die Frage: Überrascht uns das<br />

alles? Eigentlich nicht. Radsportler gehörten schon lange zu<br />

denen, die Spitznamen wie "rollende Apotheke" trugen. Doch wen<br />

kümmerte das? The show must go on: Nicht nur die Rä<strong>der</strong><br />

rollten, auch <strong>der</strong> Rubel. Sponsoren fanden sich mehr <strong>und</strong> mehr, je<br />

populärer <strong>der</strong> Radsport wurde <strong>und</strong> je ausgefallener seine Protagonisten.<br />

Mit den Finanziers, so lernen wir jetzt, steht <strong>und</strong> fällt<br />

eine Sportart - folgenschwere, aber absehbare Abhängigkeiten:<br />

Der Ausstieg <strong>der</strong> Telekom <strong>und</strong> weiterer Geldgeber könnte den<br />

Radsport für lange Zeit aus dem Sattel heben. Bisher überlebte<br />

<strong>der</strong> Sport alle Krisen, doch dies scheint wohl <strong>der</strong> Supergau. Der<br />

Fan ist hin <strong>und</strong> her gerissen: Einerseits fühlt er sich betrogen, will<br />

nicht glauben, dass Siege nur mit Hilfe von Pharmaindustrie <strong>und</strong><br />

Sportärzten möglich sind, für die <strong>der</strong> Eid <strong>des</strong> Hippokrates nur ein<br />

Lippenbekenntnis war. An<strong>der</strong>erseits hält etwa <strong>der</strong> Radsportfanatiker<br />

trotzig an Männern wie Erik Zabel fest, <strong>der</strong> gestand, zwar mal<br />

in die chemische Trickkiste gelangt zu haben, aber eigentlich<br />

nicht so richtig. Und für dieses befremdliche Bekenntnis wird er<br />

gefeiert als <strong>der</strong> reuige Sohn. Pinocchio lässt grüßen!<br />

Nach <strong>der</strong> ersten Empörung hat sich auch Bun<strong>des</strong>innenminister<br />

Wolfgang Schäuble wie<strong>der</strong> beruhigt, <strong>der</strong> erst die staatlichen<br />

För<strong>der</strong>mittel für die Radler einfrieren wollte, dann aber doch<br />

Milde walten ließ. Er setzt auf die Eigenverantwortung <strong>des</strong><br />

Sports, weil staatliche Regelungen keine wirkliche Alternative<br />

seien. Aber, so <strong>der</strong> Minister, neben <strong>der</strong> biochemischen Manipulation<br />

sei <strong>der</strong> Sport dabei, sich durch "Übermaß <strong>und</strong> Übertreibung"<br />

zu zerstören. Autonomie <strong>des</strong> Sports. Schön <strong>und</strong> gut.<br />

Selbstreinigung? Damit klappte es selten.<br />

blicken rein funktionale Anträge hervor: Die Opposition muss<br />

sich radikaler als die Pragmatiker in <strong>der</strong> Koalition positionieren,<br />

die die Ressortverantwortlichen nun einmal nicht beschädigen<br />

dürfen. Das nährt aber auch den Verdacht, nötige Reformen<br />

werden mit einer Metaphorik thematisiert, die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

auf das Drehen von Stellschrauben begrenzt. Die Devise: Eigentlich<br />

sind die zu regelnden Verhältnisse gr<strong>und</strong>sätzlich in Ordnung;<br />

sie müssen nur auf kleinen Fel<strong>der</strong>n ein wenig nachjustiert<br />

werden.<br />

Immerhin, Bun<strong>des</strong>innenminister Dr. Wolfgang Schäuble hat<br />

deutlich im Plenum <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> Bun<strong>des</strong>tages unterstrichen:<br />

Die Bun<strong>des</strong>politik müsse daran festhalten, dass die Autonomie<br />

<strong>des</strong> Sports nicht eingeschränkt wird. Der Minister wörtlich: "Wir<br />

müssen die Eigenverantwortung <strong>der</strong> Sportorganisationen<br />

einfor<strong>der</strong>n <strong>und</strong> stärken <strong>und</strong> von Seiten <strong>des</strong> Staates, <strong>der</strong> Politik<br />

<strong>und</strong> <strong>des</strong> Gesetzgebers, subsidiäre Unterstützung leisten. Wir<br />

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