Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

funktionierende Sportstätten anbietet, die vor 30 bis 40 Jahren
schon einmal bei Olympischen Spielen benutzt wurden. Es heißt, der
olympische Geist ist in der Stadt München zu Hause. In wie vielen
Städten hat der Geist die Koffer gepackt, als die Schlussfeier zu
Ende war! In München ist er nicht nur in der visionären Empfindung
geblieben, nein, diese Stadt hat die Sportstätten im Sinne der
Olympischen Idee erhalten und getragen. Die Münchner Gesellschaft
hat von der ersten Minute bis heute das Leben in diesem Park
erhalten. Derlei muss ein Mitbewerber erstmal präsentieren.
OF: Weiß man, wer gegen München antritt?
Spronk: Es gibt ein Signal aus Norwegen mit Tromsö, eine Andeutung
aus Reno/USA. Ansonsten sind es nur Gerüchte. Wer auch
immer, München ist in seiner Planung am weitesten.
D
reimal in den vergangenen zwei Jahrzehnten haben der deutsche
Sport und seine Partner eine Olympiabewerbung in den
Sand gesetzt, für 1992, 2000 und 2012. Die vielschichtigen Gründe
für die zum Teil desaströsen Abstimmungsniederlagen beim IOC
gipfelten in verhängnisvoller Selbstüberschätzung und törichter
Verkennung der olympischen Realität: Alle drei Kampagnen waren,
Hand aufs Herz, von Haus aus als aussichtslos abgestempelt. Erst
beim vierten Anlauf lässt sich ein wirklich essentielles Bewerbungsbestreben
erkennen: Erfolgsorientierung. Winterolympia 2018 in
München und Garmisch-Partenkirchen macht nur unter einem
einzigen Aspekt keinen Sinn, einem freilich nicht unwesentlichen.
Gemeint ist der Vorgänger 2014, Sotschi, das nur Schmalspurgeografen
auf den asiatischen Kontinent verorten, das aber, weil im
europäischen Teil Russlands gelegen, die Münchner Ambitionen
behindert, legt man die olympische Wahlarithmetik zugrunde, der
zu Folge selten ein Erdteil zweimal hintereinander Winterspiele
zugesprochen bekommt (zuletzt Europa 1992/94).
Davon abgesehen steckt hinter der München-Bewerbung nachvollziehbares
Kalkül. Die Deutschen, so hat es den Anschein, wollen
nach mehr als drei Jahrzehnten der Abstinenz wieder Olympische
Spiele. Eine Bewerbung läge im "gesamtdeutschen Interesse", hat
Innen- und Sportminister Schäuble gesagt. Wie also an sie heran
kommen angesichts des großen Gedränges am Futtertrog des IOC?
Winterspiele sind vermutlich leichter "zu haben". Sommerkandidaten
wie Berlin und Hamburg müssen sich demnach in eine ewig
lange Warteschleife abdrängen lassen, zumal sie frühestens 2013
für 2020 antreten könnten. 2013 indes steht auch eine nicht
unmögliche deutsche Kandidatur für den IOC-Vorsitz im Raum. Nur:
Zweimal Deutschland in einem Jahr wird sich das IOC kaum zumuten.
Zum Kalkül zählt ferner: Die große deutsche Wintersportnation
hatte die Spiele in Eis und Schnee erst einmal, 1936, wäre also an
der Reihe.
Was München 2018 vor anderen (noch nicht bekannten) Konkurrenten
schon gleich beim Startschuss gute Form bescheinigt, ist die
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OF: Zum Schluss noch eine sehr persönliche Frage: Der Olympiapark
rückt durch die Bewerbung noch einmal weltweit in den Mittelpunkt.
Wie groß ist für Sie als Chef des Olympiaparks, der vor zwei
Jahren den Auszug des Fußballs aus dem Olympiastadion hinnehmen
musste, die Genugtuung über die Aufwertung?
Spronk: So wie mein gesamtes Team bin auch ich unglaublich stolz,
dass plötzlich diese Olympische Idee hier wieder so nahe gerückt ist.
Gerade für die jungen Menschen, die im Olympiapark mitarbeiten
und durch den Auszug des Fußballs ihre Zweifel hatten, was denn
noch passieren wird, ist das eine unvorstellbare Vision und Motivation.
Das Interview führte: Michael Gernandt
Erfolgsorientierung
Qualität des ersten Konzepts. Es konzentriert sich - ganz wichtig
nach der Dislozierung von Turin 2006 - auf die Kompaktheit der
Anlagen und weiß hohe Zustimmungsraten in Stadt- und Gemeinderäten
der beteiligten Kommunen hinter sich. Reizvoll ist zudem
der Charme des Vorhabens. Er spiegelt sich freilich nur vordergründig
in dem Faktum wider, dass bisher nie eine Stadt der Sommerspiele
auch Winterolympia ausrichtete. Tiefer greift der Hinweis des
Münchner Koordinators Spronk, noch nie habe ein Olympiabewerber
in seinem Konzept zur Wiederwahl "lebendige, funktionierende
Sportstätten angeboten, die vor 30 bis 40 Jahren schon einmal für
Olympische Spiele benutzt wurden". Derlei kann dem hohen
Umweltstandards und Nachhaltigkeit verpflichteten IOC eigentlich
nicht einerlei sein.
Der tatsächliche Wert dieser Trümpfe hängt nicht nur von der
Ausgestaltung der Machbarkeitsstudie ab. Darüber hinaus wichtig
für München wird sein, welche personelle Qualität sein Bewerbungskomitee
besitzt, wie es die lange Zeit bis zur Wahl 2011
atmosphärisch bewältigt und wie es um das Netzwerk bestellt ist,
das es international knüpfen muss. Auf diesen Feldern unterliefen in
Berlin und Leipzig entscheidende Fehler. Sie dürfen sich nicht
wiederholen. Klippen sind: Die sicher aufkommende Kosten-Nutzenrechnung
und eine Neiddebatte über die Frage, warum schon
wieder Unmengen an Steuergeldern nach München umgeleitet
werden. Und wie steht es um den derzeit demonstrierten Schulterschluss
der Parteien, wenn das Thema Olympia in die bayerischen
Kommunal- und Landestagswahlkämpfe 2008/2009 rutschen sollte?
Sei`s drum, am Ende empfiehlt es sich, einen persönlichen Ehrgeiz
des Münchner Stadtoberhaupts nicht gering zu schätzen. Christian
Ude, vermuten wir mal, möchte es seinem berühmten Mentor
gleichtun: Alt-Oberbürgermeister Jochen Vogel setzte "München
1972" im ersten Anlauf durch.
Michael Gernandt