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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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<strong>des</strong> Sports<br />

keit eher von <strong>der</strong> unterhaltsamen Seite betrachtet <strong>und</strong><br />

folgerichtig unter dem Namen "FC Hollywood" eingeordnet.<br />

Eine Titulierung, die sich <strong>der</strong> FC Bayern München gar nicht<br />

mal ungern gefallen lässt. Aber es war mehr als Schauspielerei.<br />

Die aktuelle Diskussion in <strong>der</strong> bayerischen Lan<strong>des</strong>hauptstadt<br />

offenbarte vielmehr einen ernsten, für den<br />

deutschen Profisport fast exemplarischen Gr<strong>und</strong>konflikt.<br />

Nämlich die zunehmende Entfremdung <strong>der</strong> Vereine von<br />

ihren treuesten Anhängern <strong>und</strong> die schlechte Stimmung in<br />

den Stadien. Das gilt für den Fußballsport übrigens genauso<br />

wie für das Eishockey <strong>und</strong> ist das Zukunftsszenario für<br />

die Boomsportart Handball. Alle diese Sportarten haben<br />

mehr gemein, als es oberflächig betrachtet den Anschein<br />

hat. Ihre Spielstätten heißen Arenen <strong>und</strong> tragen irgendeinen<br />

Namen eines Sponsoren davor. Die Allianz Arena in<br />

München, die AOL-Arena in Hamburg sind nur zwei Beispiele<br />

von vielen für diese Entwicklung. Die Arenen sind<br />

dem Stadtteil, dem urbanen Milieu <strong>und</strong> Alltagsleben <strong>der</strong><br />

Fans räumlich wie inhaltlich längst entrückt. Sie liegen oft<br />

an <strong>der</strong> städtischen Peripherie <strong>und</strong> sind nicht selten nur<br />

über lange Anfahrtswege mit dem Auto zu erreichen. "Es<br />

sind Pilgerstätten für einmal o<strong>der</strong> zweimal die Woche mit<br />

riesigen Parkplätzen davor. Sie sind austauschbar. Man<br />

könnte sie überall hin bauen, weil sie längst den Bezug zu<br />

den Lebenswelten <strong>der</strong> Bewohner, <strong>der</strong> Fans verloren haben",<br />

so <strong>der</strong> Schweizer Architekt Eraldo Consolascio, <strong>der</strong> gerade<br />

in Zürich mit dem offenen Stadion Letzigr<strong>und</strong> eine Art<br />

Gegenentwurf zu den geschlossenen deutschen WM-<br />

Arenen gebaut hat (s. Interview). Die Arenen in Deutschland<br />

sind also, nicht nur namentlich, Sinnbild <strong>der</strong> totalen<br />

Kommerzialisierung vieler Sportarten. Es geht hier um<br />

nichts an<strong>der</strong>es mehr als "gute Unterhaltung". Passend dazu<br />

sind die überteuerten Zonen, Lounges <strong>und</strong> Logen genannt,<br />

die wesentlichen Merkmale dieser Spielstätten. Der klassische<br />

Fan dient bei dieser Sportshow entwe<strong>der</strong> nur noch als<br />

Kulisse mit seiner Vereinsfahne, seiner Trompete <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Kutte, <strong>der</strong> in wenigen ausgewiesenen Zonen kräftig Stimmung<br />

machen darf <strong>und</strong> soll. O<strong>der</strong> er steht in schicker<br />

Uniform vor einer roten Samtkordel, um den Privilegierten<br />

in ihren überteuerten Bereichen Einlass in die allerheiligsten<br />

Zonen zu gewähren ("Genießen Sie das Spiel"). Lifestyle-Streber<br />

<strong>und</strong> schwerreiche Geschäftsleute haben nun<br />

offensichtlich eine <strong>der</strong> letzten Bastionen <strong>des</strong> einstmals<br />

demokratischen Massenereignisses erobert. Nirgendwo wird<br />

das deutlicher als in den neuesten architektonischen Errungenschaften<br />

<strong>der</strong> Fußball-Bun<strong>des</strong>liga wie <strong>der</strong> Allianz Arena,<br />

den neuen Eishockeyarenen (O2-Arena in Berlin, die ab<br />

2008 eröffnet wird) o<strong>der</strong> den neuen Handball-Spielstätten<br />

(wie die SAP-Arena in Mannheim, Spielort <strong>der</strong> Rhein-<br />

Neckar Löwen).<br />

Der Sport ist durch diesen Typus <strong>der</strong> Sportstättenarchitektur<br />

im wahrsten Sinne salonfähig geworden. Der Proletengeruch<br />

<strong>der</strong> Fans hat sich verziehen müssen. So genannte<br />

bessere Kreise haben auf den bunten Sitzschalen Platz<br />

genommen. Im Fußball sind die Zeiten, in denen die deutschen<br />

Stadien als klassenlose Kommunikations- <strong>und</strong> Identifikationszentren<br />

<strong>der</strong> Fans verstanden wurden, spätestens<br />

seit <strong>der</strong> WM 2006 für immer vorbei. Die Arenen stehen<br />

nunmehr für ein höchst perfektioniertes Klassensystem, in<br />

dem krasse Ungleichheit <strong>der</strong> Stadionbesucher sich offen<br />

<strong>und</strong> ohne falsch verstandene Scham, mitunter sogar recht<br />

ordinär, zeigt. Wir hier oben in den gläsernen Galerien mit<br />

Buffet, schicken Hostessen, Blümchen auf dem Waschbecken<br />

<strong>und</strong> Schampus auf dem gedeckten Logenplatz. Ihr da<br />

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