Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

Eltern im Vereinsleben:
unverzichtbar und unbezahlbar
Von Karl Hoffmann
"
Erst kamen die Kinder, dann die Mütter, später die Eltern."
So wird im "BTV-Spiegel", der Mitgliederzeitschrift der
Bremer Turnvereinigung von 1877, der Anfang der "Er +
Sie"-Gruppe beschrieben, die im letzten Jahr ihr 25-jähriges
Bestehen gefeiert hat. Die ehrenamtliche Mitarbeit über die
eigene sportliche Betätigung hinaus hat der Vereinsentwicklung
gut getan, den Akteuren Freude gemacht und ist auch heute
noch für sie immer wieder Selbstbestätigung in einem bekannten
Umfeld. In der Leichtathletik-Abteilung des Turnvereins
Eberbach 1846 haben zwei ehemals aktive und sehr erfolgreiche
Athletinnen nun selbst eine Gruppe übernommen, um den
Sport für ihre eigenen und andere Kinder zu organisieren.Allein
in der Fußballabteilung der DJK Eintracht Coesfeld-VBRS werden
350 Kinder und Jugendliche in 23 Mannschaften betreut.
Sie wollen trainiert, angeleitet, hingebracht und wieder abgeholt
werden. Dabei wird die Mitwirkung der Eltern als von
"unschätzbarem Wert und einfach unbezahlbar" eingestuft.
Während eines Turniers für jugendliche Fußballmannschaften,
das der Fußballclub Grone, Göttingen, durchführt, backen
Mütter 700 Waffeln auf eigene Rechnung und verteilen sie
kostenlos. Wenn der Turnverein 1848 Guntersblum das Dorfgemeinschaftshaus
stundenweise mit Step-Aerobic belegt, betreuen
drei Mütter abwechselnd in einem separaten Raum die
Kinder zwischen sieben Monaten und zwei Jahren.
Eltern tauchen in keiner Statistik auf, wenn Ehrenamtlichkeit
aufgelistet und hochgerechnet wird. Sie üben meistens keine
Wahlämter aus, sind aber unverzichtbare Helfer, wenn es um
regelmäßige oder spontan erforderliche Einsätze zum Wohl des
Nachwuchses geht. Mütter und Väter fahren, waschen abwechselnd
Trikots, bauen Tore auf und wieder ab und verständigen
sich per Telefonkette. Sie treiben Geld für die Mannschaftskasse
ein und zahlen die Meldegelder. Sie feuern ihre Kinder an, weil
eine starke Geräuschkulisse die Leistung fördert, und trösten bei
Verletzungen und Niederlagen mit Anteilnahme und Zuckerwatte.
Tagaus, tagein vollzieht sich so der ganz normale
Übungs- und Wettkampfbetrieb im Kindesalter. Die inzwischen
stetig wachsende sportliche Vielfalt hat sich aus dem "Turnen
für Mutter und Kind" des Deutschen Turner-Bundes entwickelt.
Das inhaltliche, organisatorische und quantitative Angebot in
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den Turnvereinen und -abteilungen ist immer noch beispielhaft.
Inzwischen stimmen fast alle Mitgliedsorganisationen des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in dem Selbstverständnis
überein, den frühzeitigen sportartenspezifischen Bezug
im Interesse einer kindgemäßen sportlich-spielerischen Grundausbildung
zurückzustellen. Diese Philosophie liegt dem Entstehen
und der Arbeitsweise von Kindersportschulen zu Grunde
sowie der Kooperation zwischen Sportvereinen, Schulen und
Kindergärten. In der Pflicht sind nicht nur die Vereinsvorstände,
Trainer und Übungsleiter. Eine solche Denk- und Vorgehensweise
ist die Angelegenheit aller Vereinsmitglieder. Den besonderen
Rückhalt gibt die Familie. Deshalb hat die Karateabteilung des
Vereins für Leibesübungen Pinneberg speziell eine Übungsgruppe
"Family power" eingerichtet. Das Interesse hat die Erwartungen
weit übertroffen. Die Integration der Eltern stellt sicher,
dass sich die Trainer vollständig ihrer verantwortlichen Aufgabe
widmen können: kindgerechte Selbstbehauptung und -verteidigung
zu lehren. Im Männer-Turn-Verein Aurich von 1862
bestehen 400 Familienmitgliedschaften. Sie bilden vor allem
über den Elterneinsatz ein großes ehrenamtliches Potenzial.
Harald Brandenstein, der Präsident des Hockey- und Tennisclubs
Stuttgarter Kickers, gewichtet "Hockey als Familiensport", der
auf Teamgeist, ehrenamtlichen Einsatz und besonderes Elternengagement
angewiesen ist.
Gerade im Verhältnis von Vereinsführungen, Trainern, Übungsleitern,
Kindern und Eltern geht es um gute Beziehungen und
belastbare Verbindungen. Das gilt vor allen Dingen immer dann,
wenn es am richtigen Sportverständnis mangelt. Vorteilhaft
sind da Aktivitäten wie Elternabende im Ruderverein Nürnberg
von 1880 und regelmäßige Elternkontakte in der Handballabteilung
von Pro Sport Berlin. Koordinierende Maßnahmen des
Elternbeirats im Turnverein 1864 Donaueschingen gehören dazu
und die Einbindung der Eltern im Allgemeinen Sportclub Göttingen
von 1846, um das Team junger und engagierter Trainer
im Basketball für Jungen zu unterstützen. Zugleich wächst auch
die elterliche Bereitschaft, Zeit für Ausbildungen zu investieren.
Damit werden nicht nur Defizite abgebaut, sondern auch fachbezogene
Einsätze in der Sportart ermöglicht. Der Mangel an
sachkundigen Mitarbeitern kann auf diese Weise spürbar abge-