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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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echts <strong>und</strong> links auf den billigen Plätzen als Krawallmacher.<br />

Die sind überhaupt noch so lange nötig, wie die<br />

Fanlie<strong>der</strong> nicht vom Band kommen. Um nichts an<strong>der</strong>es, als<br />

um diesen Konflikt von oben <strong>und</strong> unten ging es auf <strong>der</strong><br />

Bayern-Hauptversammlung in dem ungleichen Rededuell<br />

Manager Hoeneß gegen einfachen Fan. "Was glaubt ihr<br />

eigentlich, was wir das ganze Jahr über machen, damit wir<br />

euch für sieben Euro in die Südkurve gehen lassen können",<br />

so Hoeneß zu den Fans. Und weiter: "Das sind die<br />

Leute aus den Logen, denen wir die Gel<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Tasche<br />

ziehen." Die zahlen übrigens bis zu 250.000 Euro pro<br />

Saison für ihre Luxuskabinen. Bayern hat in <strong>der</strong> Allianz-<br />

Arena über 200 davon. Und, so Hoeneß weiter, <strong>der</strong> Klub<br />

habe den Fans ja angeboten, im Stehplatzsektor eine<br />

Blaskapelle aufspielen zu lassen, die die Gesänge<br />

anstimmt. Aber das hätten sie ja nicht gewollt, weil sie es<br />

als "Eingriff in ihre Welt ablehnen", brüllte Hoeneß weiter<br />

in das Mikrofon.<br />

An<strong>der</strong>e Sportarten werden dieser Parallelwelt-Entwicklung<br />

<strong>des</strong> Fußballs folgen. "Die erste Funktion einer Spielstätte<br />

<strong>des</strong> neuen Typs ist doch die Rendite. Und die wird in den<br />

Logen gemacht. Deshalb spielen die klassischen Fans bei<br />

den Planungen für die neuen Arenen kaum mehr eine<br />

Rolle", so <strong>der</strong> Schweizer Architekt Eraldo Consolascio.<br />

OF: Gibt es das perfekte Fußballstadion?<br />

CONSOLASCIO: Ein perfektes Stadion<br />

gibt es, wenn überhaupt, immer<br />

nur für einen bestimmten Ort in<br />

einer bestimmten Umgebung. Wenn<br />

man aber ein Stadion nur als eine<br />

reine Monokultur ansieht, kann<br />

man durch ständige Korrektur <strong>der</strong><br />

Fehler immerhin ziemlich nahe an<br />

ein Idealmodell eines Fußballstadions<br />

herankommen. Mehr nicht. Für<br />

mich ist das Stadion ein Behälter mit Erfahrungen, nicht<br />

mehr als ein Modell, das weiter optimiert wird.<br />

Interessant zu beobachten ist jedoch die sich immer stärker<br />

artikulierende Gegenbewegung <strong>der</strong> klassischen Fans. Dabei<br />

geht es um viel mehr als nur romantisch verklärte Symbolik,<br />

wie Hoeneß <strong>der</strong> Öffentlichkeit weismachen wollte. Die<br />

Anhänger <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ligisten Hansa Rostock wehrten sich<br />

beispielsweise vehement gegen den Verkauf <strong>der</strong> Namensrechte<br />

<strong>des</strong> Ostseestadions. Auch wenn sie das nicht verhin<strong>der</strong>n<br />

konnten, errangen sie immerhin einen Teilerfolg. Sie<br />

setzten einen Schutz <strong>der</strong> Vereinssymbolik durch <strong>und</strong> retteten,<br />

was noch zu retten war. Än<strong>der</strong>ungen sind nur noch<br />

möglich, wenn 80 Prozent zustimmen. Beim Fußball-Zweitligisten<br />

FC. St. Pauli liegt ein Antrag vor, <strong>der</strong> dem Verein<br />

verbieten soll, den Stadionnamen "Millerntor-Stadion" zu<br />

Werbezwecken zu verkaufen. R<strong>und</strong> neunzig Prozent <strong>der</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> sympathisieren mit dem Antrag, so <strong>der</strong> Initiator<br />

Jochen Harberg. Für ihn <strong>und</strong> viel an<strong>der</strong>e wäre eine<br />

Namensän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Millerntors so, als wenn man seinen<br />

Familiennamen verkaufen würde - <strong>und</strong> <strong>der</strong> sei schließlich<br />

heilig, so <strong>der</strong> Fan gegenüber den Medien. Auch <strong>der</strong> Trend,<br />

in Vereinsmuseen die lokale Geschichte <strong>des</strong> Klubs aufzuarbeiten<br />

<strong>und</strong> allen Fans zugänglich zu machen, passt in diese<br />

immer länger werdende Reihe von Basis-Initiativen. Manche<br />

Vereine entdecken nun gar die Vereinskluft aus "den<br />

guten, alten Sportzeiten wie<strong>der</strong>". So trat <strong>der</strong> Eishockeyverein<br />

Kölner Haie Ende November 2007 in den Trikots aus<br />

dem Meisterjahr 1977 an - <strong>und</strong> alle fanden das gut.<br />

Über das Stadion <strong>der</strong> Zukunft <strong>und</strong> die<br />

Fünf Fragen an den preisgekrönten Schweizer Architekten<br />

36<br />

OF: Das von ihnen entworfene Züricher Stadion Letzigr<strong>und</strong> ist<br />

aber alles an<strong>der</strong>e als eine Monokultur - <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb vielleicht<br />

auch nicht perfekt?<br />

CONSOLASCIO: Der Letzigr<strong>und</strong> ist ein multifunktionales, multikulturelles<br />

Stadion. Es wurde für unterschiedliche Nutzungen<br />

konzipiert, also nicht nur für den Fußball. Es muss für die<br />

Leichtathletik genauso funktionieren wie für ein Rockkonzert.<br />

Wichtig war uns aber vor allem, dass die Interessen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

in <strong>der</strong> Nachbarschaft <strong>des</strong> Stadions zur Geltung kommen<br />

- <strong>und</strong> nicht nur die Auflagen von so seltsamen Organisationen<br />

wie UEFA o<strong>der</strong> FIFA. Und gerade das macht die Gestaltung<br />

eines Stadions heute so beson<strong>der</strong>s schwer. Es müssen<br />

immer sehr viele Interessen bedient werden. Deshalb dominiert<br />

in <strong>der</strong> aktuellen Stadionarchitektur eher das Mittelmaß.

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