Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

Der systematische Einzug des Krafttrainings, heutzutage ein
fester Trainingsbestand, begann in die Trainingspläne zahlreicher
Sportarten erst nach dem Zweiten Weltkrieg einzusickern.
Der Autor hat während des Studiums an der Deutschen
Sporthochschule Köln, ein knappes halbes Jahrhundert
ist es kaum her, in dieser Beziehung noch einige Vorurteile
überwinden müssen.
Das änderte sich erst, als uns die Welle des so genannten
"Körperkults" erreichte. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
zu üppiger Blüte herangereift, breitete sich der Muskelkult
über die Tiefen des Atlantischen Ozeans hinweg bis zu
unseren Küsten aus und weckte bei Millionen Männern und
Frauen die Sehnsucht nach Schönheit und Kraft.
Es hat dann noch etwas gedauert, ehe der organisierte Sport
sich dieser archaischen Muskelsehnsucht anzunehmen bereit
erklärte. Denn auch hier musste erst manche mentale Hürde
überwunden werden, ehe man die Vorteile entdeckte. Und
diese sind durchaus vorhanden und werden im wachsenden
Trend zunehmend auch in den Sportvereinen wahrgenommen.
Kraft wächst am Widerstand. Dieses Prinzip
erfährt der wachsende Organismus normalerweise
durch die Schwerkraft der Erde, die als
Hauptgegenspieler der Muskulatur ein allzeit
verfügbares Übungsgerät für seine Entwicklung
ist. Doch die gesteigerten Anforderungen
des Sports verlangen mehr. So genannte
"Kraftmaschinen" setzen nun auch im Breitensport
ihre Wachstumsreize, die auf andere
Art und Weise so nicht erreichbar wären.
Die modernen Trainingsgeräte zur Entwicklung
der Körperkraft sind aus jenen präzise
konstruierten Apparaten entstanden, die
schon in den letzten Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts in der Rehabilitation eingesetzt
wurden. Mit deutschem Erfindungsgeist
gefertigt, fanden diese handwerklichen
Präzisionsgeräte ihren Weg in die Welt und
kehrten dann in abgeänderter äußerer
Gestalt als "Kraftmaschinen" in die Muskelentwicklungsanstalten
der Sportstudios
zurück, die aus den ehemaligen "Muckibuden"
der Hinterhöfe inzwischen zu chromglänzenden
Geräteparks mutiert sind.
Doch dieser Trend hat, wie wohl alles im
menschlichen Leben, seine zwei Seiten - und
die Kehrseite der Muskelmedaille heißt
Doping. Dass dieser Betrug an der sportlichen
Leistung inzwischen nicht nur in manchen
Welten des professionell gesteuerten Sports zu Hause ist,
sondern seine nicht kalkulierbaren Nebenwirkungen auch
dort auszubreiten beginnt, wo Sport noch die schönste
Nebensache der Welt sein soll, ist beunruhigend und muss
durch Gegenkräfte noch konsequenter bekämpft werden.
Doch die positiven Aspekte des Muskeltrainings übertreffen
diese Schattenseiten. So ist die systematische Entwicklung
der Muskulatur ein biologisches Korrektiv gegen die Mutation
der menschlichen Gestalt zur "Couchtomate" - und setzt
besondere Wachstumsreize für Sehnen, Bänder und das
Skelettsystem. Die Entwicklung der Körperkraft hat Auswirkungen
auch auf das allgemeine Wohlbefinden - und entfaltet
im gezielten Training eine besondere Wirksamkeit für
Menschen im Alter, da der Mensch ja trainierbar ist, so lange
er atmet. In unserer Industriegesellschaft, in welcher der so
genannte demografische Faktor eine zunehmend wichtige
Rolle zu spielen beginnt, ist die sportliche Bewegung eine
herausragende Möglichkeit zur gesundheitlichen Vorsorge.
Das systematische Training der Körperkraft wird in der
Zukunft eine noch stärkere Aufmerksamkeit erfahren - und
kann zu einer Wachstumschance für die Weiterentwicklung
unserer Sportvereine werden.
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