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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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gekommen. Intelligente, originelle <strong>und</strong> vor allem praxisrelevante<br />

Lösungen sind bis heute nicht in Sicht.<br />

Dabei stellt sich das Problem <strong>des</strong> Dopingbetrugs als eine<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung dar, wie sie für die Sportwissenschaft kaum<br />

interessanter sein könnte. Der Staat optimiert gemeinsam<br />

mit den Sportorganisationen <strong>der</strong>zeit ein Kontrollsystem,<br />

wohl wissend, dass selbst das perfekteste System von Betrügern<br />

unterlaufen werden kann. In den Labors bemüht man<br />

sich um Nachweismethoden. Hierzu werden enorme Forschungsmittel<br />

aufgewendet. Dabei kann man jedoch davon<br />

ausgehen, dass immer dann, wenn eine neue Methode<br />

entwickelt wurde, in <strong>der</strong> Zwischenzeit erf<strong>und</strong>ene neuere<br />

Substanzen mit dieser Methode nicht nachgewiesen werden<br />

können. In <strong>der</strong> ethischen Diskussion verlässt man sich auf<br />

medizinische Begründungen in Bezug auf die Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> das Wohlbefinden <strong>der</strong> Athleten, obwohl man wissen<br />

müsste, dass das Ges<strong>und</strong>heitsargument we<strong>der</strong> den mo<strong>der</strong>nen<br />

Sport legitimieren kann, noch ein realistischer Maßstab für<br />

das Handeln von Athleten ist. Beim Verbot von Leistung<br />

steigernden Substanzen beruft man sich auf das Fair Play-<br />

Gebot, obwohl klar ist, dass durch den Einsatz <strong>und</strong> durch die<br />

Nutzung an<strong>der</strong>er Technologien ständig gegen das Fair Play-<br />

Prinzip verstoßen wird. Der Hochleistungssport als Materialschlacht<br />

<strong>und</strong> als ingenieursmanipulierte Technologieschau ist<br />

längst Realität geworden. Aus ethischen <strong>und</strong> medizinischen<br />

Erwägungen heraus wird "Substitution" als akzeptabel erwogen,<br />

obwohl die Grenzen zwischen Substitution <strong>und</strong> Manipulation<br />

systematisch nicht zu ziehen sind.<br />

Hinzu kommt: Welche Strafen können bei Dopingbetrug z.B.<br />

als gerecht bezeichnet werden, wenn sich die Akteure <strong>des</strong><br />

Betruges sozialstrukturell <strong>und</strong> unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten erheblich unterscheiden? Welche Abschreckungsmaßnahmen<br />

sind notwendig, wenn <strong>der</strong> Betrug sich in<br />

ganz unterschiedlicher Weise als lohnend erweist? Welche<br />

organisatorischen <strong>und</strong> institutionellen Vorkehrungen sind<br />

erfor<strong>der</strong>lich, will man den Kampf gegen Doping globaler<br />

führen? Diese Art von Fragen könnte nahezu endlos fortgeführt<br />

werden. Doch bereits in ihrer begrenzten Darstellung<br />

verdeutlichen sie das Ausmaß <strong>des</strong> Problems.<br />

Betrachtet man das Dopingproblem in seiner gesamten<br />

Komplexität, so lässt sich also erkennen, dass sich ethische,<br />

juristische, organisatorische, ökonomische, pädagogische,<br />

psychologische <strong>und</strong> soziologische Fragen geradezu auftürmen.<br />

Es gibt wohl kaum ein Problem, in dem es so offensichtlich<br />

ist wie beim Dopingproblem, dass verkürzte einzelwissenschaftliche<br />

Zugänge zur Problemlösung wohl eine<br />

notwendige Bedingung sein können; sie sind jedoch immer<br />

nur ein erster Anfang, will man das Problem auch nur annähernd<br />

in den Griff bekommen. Im Kampf gegen das Dopingproblem<br />

ist <strong>der</strong> "gordische Knoten" zu durchschlagen. Will<br />

hierzu die Wissenschaft einen Beitrag leisten, so kann dies<br />

nur in einem gemeinsamen Bemühen, in einer koordinierten<br />

Aktion, im Forschungsverb<strong>und</strong> <strong>und</strong> über herausragende<br />

Denkleistungen <strong>der</strong> Besten <strong>der</strong> jeweiligen Disziplinen geschehen.<br />

Kreativität <strong>und</strong> höchste Intelligenz sind notwendig,<br />

möchte man einen Schritt vorankommen.<br />

Die aktuelle Situation ist vom Gegenteil geprägt: Red<strong>und</strong>ante<br />

Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> immer gleichen Experimente, längst<br />

bekannte Aussagen <strong>und</strong> Erkenntnisse werden kopiert, ohne<br />

ihre Quellen zu nennen, Geschwätz, moralische Appelle <strong>und</strong><br />

Ehrenerklärungen dokumentieren ein Bild von Hilflosigkeit,<br />

wie es kaum übertroffen werden kann. In Deutschland entstehen<br />

Eliteuniversitäten, Excellenzcluster <strong>und</strong> Graduiertenschulen<br />

werden gebildet. Doch niemand scheint bereit zu<br />

sein, dem größten Massenphänomen in unserer Gesellschaft,<br />

dem Hochleistungssport jene wissenschaftliche Referenz zu<br />

erweisen, die er dringend benötigt. Ohne eine umfassende<br />

wissenschaftliche Hilfe bleibt <strong>der</strong> olympische Hochleistungssport<br />

auf sich allein gestellt. Und es besteht die Gefahr, dass<br />

er den schon seit längerer Zeit beobachtbaren Weg seiner<br />

Selbstzerstörung weiter beschreitet.<br />

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