MOTORRAD 01/2016
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HELD<br />
Leben Leser-Schicksal<br />
KATHRINS<br />
Helmut Masche ist leidenschaftlicher Motorradfahrer und seit fast 30 Jahren begeisterter Leser<br />
von <strong>MOTORRAD</strong>. Seinen größten Traum, das Nordkap, kann er nicht mehr verwirklichen. Doch da<br />
ist seine 28-jährige Tochter Kathrin. Sie will ihm das Kap zeigen. Und in den <strong>MOTORRAD</strong>-Lesern<br />
ein Bild ihres Vaters entstehen lassen. Von Kathrin Masche mit Markus Biebricher; Fotos: Masche, MRD-Archiv<br />
Sommer, Sonne, Strand im Italien<br />
der 70er-Jahre. Die junge Liesbeth<br />
ist im Teenager-Alter und das erste<br />
Mal fern der bayerischen Heimat,<br />
eingeladen von Nachbarn zu diesem Urlaub.<br />
Ihr Freund Helmut kommt sie besuchen:<br />
auf einem 50er Kleinkraftrad über die<br />
Alpen, runter zum Strand, rein in die Arme<br />
der Liebsten. Zur gleichen Zeit läuft zu Hause<br />
in Cham das Volksfest. Liesbeth stellt sich<br />
den Rummel vor, gesteht Helmut, dass sie<br />
große Lust verspüre auf Apfelstrudel und<br />
Volksfestbier. Unter einem Vorwand startet<br />
Helmut sein Moped und fährt den ganzen<br />
Weg nach Deutschland zurück. Wartet auf<br />
den frisch gebackenen Apfelstrudel seiner<br />
Schwiegermutter in spe, schläft in Motorrad-Klamotten<br />
und besorgt noch Dosenbier<br />
von der Tanke nebenan. Eisern fährt er zum<br />
dritten Mal über die Alpen und tischt seiner<br />
großen Liebe die „Mitbringsel“ auf.<br />
Helmut und Liesbeth sind meine Eltern,<br />
die seit jenem fernen Sommer fast jede<br />
Lebenssituation zusammen meistern. Nicht<br />
nur Liesbeth, auch das Thema Motorrad<br />
lässt Helmut nie mehr los. Dank Fleiß und<br />
harter Arbeit kann der gelernte Elektriker<br />
bald große Maschinen fahren. Jede freie Minute<br />
ist er auf Achse, kein Schönwetterfahrer,<br />
sondern einer, den seine Motorradleidenschaft<br />
auch im Winter von innen wärmt.<br />
Helmut wechselt die Arbeit, erlernt den<br />
Beruf des Kranmonteurs. 1987 komme ich<br />
zur Welt, ein spätes Nesthäkchen. Kurze Zeit<br />
später macht sich mein Vater selbstständig<br />
im Baukran-Geschäft. Seine Firma HEMA-<br />
Kranmontagen floriert, er kann sich seine<br />
erste BMW leisten, fährt, putzt, schraubt,<br />
genießt, jeder Urlaub wird auf Motorrädern<br />
verbracht, von denen jetzt einige Einzug<br />
halten ins Haus von Helmut Masche. Die<br />
Touren werden länger, doch für seinen<br />
großen Traum, das Nordkap, reicht es nicht.<br />
Helmut hat Freude an seiner Familie, seinem<br />
Beruf, den langen Tagen auf Montage.<br />
Er errichtet die höchsten Kräne. Dann<br />
kommt der Absturz: Mitte der 90er-Jahre<br />
erhält er die Diagnose „Multiple Sklerose“.<br />
Jetzt werden seine Motorräder zur besten<br />
denkbaren Therapie. BMW und Honda sind<br />
seine Lieblingsmarken, doch letztlich ist<br />
86 LEBEN<br />
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