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100 Jahre Jütro

Eine Firmen- und Familiengeschichte 1911 bis 2011

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1911 bis 2011

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Zum Thema<br />

Die Konservenindustrie<br />

bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

Die ersten größeren Betriebe<br />

entstanden nach 1840 in Braunschweig.<br />

Spargel aus den umliegenden<br />

Anbaugebieten wurde<br />

hier in Dosen gefüllt und haltbar<br />

gemacht. Klempner und Landwirte<br />

funktionierten nun als Zulieferer.<br />

Die 1880er <strong>Jahre</strong>, die eigentlichen<br />

<strong>Jahre</strong>n der Gründerkrise der<br />

deutschen Wirtschaft, gelten gemeinhin<br />

als die Gründerjahre der<br />

Konservenindustrie, und der ausbrechende<br />

Erste Weltkrieg führte<br />

zu einem ungeahnten Anstieg der<br />

Nachfrage nach haltbaren Lebensmitteln.<br />

Die eigenen Soldaten und<br />

auch die der verbündeten Heere<br />

konnten so versorgt werden.<br />

Wenige <strong>Jahre</strong> vor Kriegsausbruch<br />

hatten meine Großeltern<br />

ihre Konservenfabrik in Jüterbog<br />

gegründet, die von diesem kriegsbedingten<br />

Aufschwung der Branche<br />

profitieren konnte. Das wollten<br />

allerdings auch andere, und Konservenfabriken<br />

schossen wie Pilze<br />

aus dem Boden.<br />

Bei Kriegsende stellte sich jedoch<br />

heraus, dass der Bedarf der Bevölkerung<br />

so groß nicht mehr war.<br />

Ohne die zu versorgenden Heere<br />

und Kolonien und nach dem Verlust<br />

der Kriegs- und Handelsflotte<br />

hatte nur noch ein Teil der Betriebe<br />

sein Auskommen. Die Jüterboger<br />

Qualitätskonserven behielten es.<br />

Und das, obwohl die Branche<br />

inzwischen mit einem ernst zu<br />

nehmenden Imageproblem zu<br />

kämpfen hatte.<br />

Schnell waren die Produkte in den<br />

Augen der Verbraucher nämlich<br />

vom Luxusgut zum Billigartikel<br />

geworden. Die Neugründungen<br />

hatten den Konkurrenzdruck verschärft<br />

und manche Hersteller zu<br />

Billigproduzenten werden lassen.<br />

Verbraucher, die von der Qualität<br />

dieser billigen Konserven enttäuscht<br />

waren, betrachteten leicht<br />

die gesamte Erzeugnispalette der<br />

Konservenindustrie als minderwertig.<br />

Ein weiterer Vorwurf, der den<br />

konservierten Erzeugnissen immer<br />

wieder gemacht worden ist, war<br />

der, sie seien vitaminlos oder gar<br />

giftig. Dieser Makel haftete den<br />

Dosen an und schreckte ängstliche<br />

Käufer ab. Die wirtschaftliche<br />

Vereinigung der Konservenindustrie<br />

versuchte immer wieder mit den<br />

unterschiedlichsten Mitteln, Vorurteile<br />

der Verbraucher gegenüber<br />

den Konserven auszuräumen. 1<br />

Vergiftungen entstünden nie durch<br />

Obst- und Gemüsekonserven,<br />

sondern immer nur durch die Beikost,<br />

wie etwa durch verdorbenes<br />

Fleisch. Außerdem sei die Verarbeitung<br />

hochgradig hygienisch,<br />

so dass beispielsweise Erbsen<br />

„mit Menschenhänden gar nicht in<br />

Berührung“ 1 kämen. Gleichzeitig<br />

mahnte die Vereinigung in den<br />

1930er <strong>Jahre</strong>n die Kunden, auf<br />

den Verbrauch deutscher Konserven<br />

zu achten, um die heimische<br />

Landwirtschaft und Industrie zu<br />

stützen.<br />

Braunschweig blieb das Zentrum<br />

der Gemüsekonservenindustrie.<br />

Schwerpunkte der Obstkonservenindustrie<br />

befanden sich<br />

in Hannover, in der Altmark, im<br />

Raum Lübeck und in Sachsen.<br />

Von einem gartenmäßigen Anbau<br />

der Produkte war man inzwischen<br />

zum feldmäßigen Anbau übergegangen.<br />

Braunschweig und der<br />

Spargel waren hier wiederum die<br />

Vorreiter. Neugezüchtete Bohnenbzw.<br />

Erbsensorten ermöglichten<br />

großflächigen Anbau und zeitsparende<br />

Verarbeitung. Den Bedarf an<br />

Beerenobst konnte die heimische<br />

Konservenindustrie jedoch nicht im<br />

Inland decken. Dafür waren Importe<br />

notwendig.<br />

Wie der Betrieb der Großeltern arbeitete<br />

die überwiegende Zahl der<br />

Unternehmen als Familienbetriebe<br />

mit ortsansässigen Beschäftigten<br />

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