100 Jahre Jütro
Eine Firmen- und Familiengeschichte 1911 bis 2011
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1911 bis 2011
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Zum Thema<br />
Die <strong>Jütro</strong> im Gurkenkrieg<br />
In den ersten <strong>Jahre</strong>n nach 1990<br />
konzentrierten wir uns stark auf<br />
die Gurken- und Gemüseverarbeitung.<br />
Ich suchte und fand<br />
Verbindungen zu alten und<br />
neuen Kollegen im Spreewald<br />
und zum Spreewaldverein und<br />
kreierte ab 1990 die „Spreewälder<br />
Art“. Diese Produkte sind<br />
von den Verbrauchern sehr gut<br />
angenommen worden, und wir<br />
schauten sehr zuversichtlich in<br />
die Zukunft.<br />
Für unser neu entwickeltes<br />
„Spreewälder Gurkenfässchen“<br />
erhielten wir 1994 von ALDI<br />
Nord die Einlistung, und dieses<br />
Fässchen entwickelte sich bald<br />
zu einem Top-Artikel. Leider<br />
währte die Freude darüber nicht<br />
lange, denn mit der Übernahme<br />
der Spreewaldkonserve Golßen<br />
durch die Geschwister Linkenheil<br />
begann schon bald die<br />
professionelle Vermarktung der<br />
Spreewälder Erzeugnisse. In<br />
einem ersten Schritt erfolgte die<br />
territoriale Definition des Gebietes<br />
Spreewald, dem Jüterbog,<br />
wenn auch nur wegen einer Differenz<br />
von 18 Kilometern Luftlinie,<br />
nicht angehörte. Der Spreewaldverein<br />
engagierte sich<br />
intensiv für eine Abgrenzung<br />
der Spreewaldregion und die<br />
Herausbildung einer homogenen<br />
Gebietseinheit. Geographische<br />
Begriffe wie „Spreewälder<br />
Gurken“ oder auch „Spreewälder<br />
Meerrettich“ sollten nur<br />
noch Betriebe benutzen dürfen,<br />
die im Wirtschaftsraum Spreewald<br />
angesiedelt waren. Wir zogen<br />
uns auf unser „Gurkenfässchen<br />
Spreewälder Art“ zurück,<br />
und das ging auch für einige<br />
<strong>Jahre</strong> gut. Allerdings wollten wir<br />
uns nicht kampflos geschlagen<br />
geben. Lange Zeit stellten wir<br />
uns dickköpfig und argumentierten,<br />
dass der Spreewald<br />
doch mit dem Wirtschaftraum<br />
Spreewald nicht identisch sei<br />
und kaum einer im wirklichen<br />
Spreewald produziere, der nun<br />
seine Produkte als „Spreewälder“<br />
anbieten durfte. Ja, wir<br />
versuchten kurzzeitig selbst, im<br />
so genannten Wirtschaftsraum<br />
Spreewald zu verarbeiten, doch<br />
der Absatzerfolg blieb aus. Da<br />
unser Hauptabnehmer mit der<br />
Bezeichnung „Spreewälder Art“<br />
keine Probleme hatte, waren wir<br />
zeitweilig versucht, das Problem<br />
gelassener zu sehen, bis<br />
1999 mit der Umsetzung eines<br />
EU-Beschlusses auch diese<br />
Bezeichnung für unsere Produkte<br />
nicht mehr erlaubt war. Heute<br />
gibt es das „Gurkenfässchen<br />
nach hauseigener Rezeptur“,<br />
und die Kunden mögen es immer<br />
noch.<br />
Letztendlich hat uns der Gurkenkrieg<br />
außer einer Menge<br />
Aufregung und nicht unbeträchtlichen<br />
Anwaltskosten<br />
nichts gebracht. Als eigenständiges<br />
Unternehmen hätten wir<br />
uns auf einen derartig langen<br />
Rechtsstreit gar nicht einlassen<br />
können. Allein mit unserem starken<br />
Partner, der I. Schroeder<br />
KG, und deren Markenanwältin<br />
im Rücken war das möglich<br />
gewesen.<br />
Die Geschwister Linkenheil<br />
haben sich damals vom Spreewald<br />
das meiste erhofft und<br />
waren bereit dafür zu streiten.<br />
Ich kann ihre Beweggründe<br />
verstehen. Jeder Unternehmer<br />
hätte so gehandelt. Auch ich.<br />
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