100 Jahre Jütro
Eine Firmen- und Familiengeschichte 1911 bis 2011
Eine Firmen- und Familiengeschichte
1911 bis 2011
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Die dritte Generation – Bernd-Richard und Angelika Meyer<br />
Mit 22 <strong>Jahre</strong>n<br />
Unternehmenschef<br />
Im November 1966 endlich übernahm ich<br />
die Verantwortung für die Konservenfabrik<br />
meiner Vorfahren. Meine Großmutter<br />
war im Sommer 1962 verstorben. Bis zuletzt<br />
hatte sie in der Fabrik mitgearbeitet.<br />
In der Produktion fühlte sie sich genauso<br />
zu Hause wie bei der Kalkulation im Büro,<br />
und mehr als eine Mittagspause gönnte<br />
sie sich auch im Alter nicht. Resolut und<br />
energisch hatte sie gemeinsam mit meiner<br />
Mutter seit dem Kriegsende all ihre<br />
Schaffenskraft in die Erhaltung der Firma<br />
investiert. Dieses Werk weiterzuführen,<br />
ja zu optimieren, war mein erklärtes Ziel.<br />
Ich war 22 <strong>Jahre</strong> alt, gut ausgebildet und<br />
voller Tatendrang. Unser damaliger Prokurist<br />
Herbert Fremdling, der von 1947 an<br />
beinahe 40 <strong>Jahre</strong> bei uns tätig war, hatte<br />
mich bereits mit dem notwendigen kaufmännischen<br />
Wissen ausgestattet, welches<br />
man durchaus auch im Sozialismus<br />
brauchte, wenn man ein Unternehmen<br />
leiten wollte. Auch mit einer staatlichen<br />
Beteiligung von 33 Prozent waren wir weiterhin<br />
ein privates Unternehmen, das zum<br />
<strong>Jahre</strong>sende einen Gewinn erwirtschaften<br />
wollte. Bei einem Einkommenssteuersystem,<br />
das eine Gewinnversteuerung von<br />
95 Prozent vorsah, war das kein leichtes<br />
Unterfangen.<br />
Gesunde Unternehmensentwicklung<br />
oder Festhalten<br />
an den Grundprinzipien?<br />
Zuerst beschäftigte ich mich mit unserem<br />
Sortiment und prüfte die Leistungen, die<br />
zur Herstellung jedes einzelnen Produktes<br />
notwendig waren, genau. Recht<br />
schnell wurde mir klar, dass eine umfassende<br />
Versorgung mit Lebensmitteln, wie<br />
sie die DDR plante und propagierte, auch<br />
für uns nur unter Aufgabe des hohen<br />
Qualitätsstandards, den die Großmutter<br />
immer vertreten hatte, zu machen war. Es<br />
fiel mir nicht leicht, mit diesem Grundprinzip<br />
meiner Vorfahren zu brechen, doch<br />
im Interesse eines gesunden Unternehmens<br />
war dies die einzig mögliche Entscheidung.<br />
In der Folge vollzogen sich<br />
weitreichende technische Veränderun-<br />
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