23.02.2017 Aufrufe

COMPACT-Magazin 02-2017

Jung, wild, patriotisch

Jung, wild, patriotisch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>COMPACT</strong> Titelthema<br />

Front National<br />

Ergebnisse bei<br />

Parlamentswahlen (in Prozent)<br />

12,42<br />

1993<br />

Ergebnisse bei<br />

Europawahlen (in Prozent)<br />

10,52<br />

1994<br />

14,94<br />

11,34<br />

1997<br />

5,69<br />

1999<br />

Quellen: Wikipedia<br />

Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />

20<strong>02</strong><br />

9,81<br />

2004<br />

4,29<br />

2007<br />

6,34<br />

2009<br />

13,60<br />

2012<br />

24,86<br />

2014<br />

Mit 22 Jahren war Marion Maréchal-Le<br />

Pen bei ihrer Wahl die<br />

jüngste Abgeordnete der französischen<br />

Parlamentsgeschichte.<br />

Damit löste sie Louis Antoine de<br />

Saint-Just (1767–1794) ab, der als<br />

24-Jähriger gewählt wurde. Foto:<br />

picture alliance / abaca<br />

nal (FN), man sah sie schon im Alter von zwei Jahren<br />

auf einem Wahlplakat in seinen Armen schlummern.<br />

Ihre Tante Marine Le Pen tritt in diesem Frühjahr<br />

als Präsidentschaftskandidatin des FN an, ihre<br />

Chancen sind nicht schlecht. Was treibt eine junge<br />

Frau, die man ansonsten eher auf den Champs-Élysées<br />

flanieren oder am Montmartre beim Champagnertrinken<br />

vermuten würde, in die Politik?<br />

Zu Anfang wurde sie im Parlament als naives<br />

«Blondchen» belächelt – ein schwerer Fehler der Altparteien.<br />

Der schüchterne Eindruck, den die Jurastudentin<br />

auf den ersten Blick macht, täuscht nämlich<br />

gewaltig. So gelang es ihr beispielsweise 2015,<br />

den ehemaligen Premierminister Alain Juppé in einer<br />

Fernsehdebatte vernichtend zu schlagen. Auch<br />

nimmt sie ihre Gegner gern mit Humor – und führt<br />

sie öffentlich vor. Dann lächelt sie spitzbübisch,<br />

und ihre braunen Augen funkeln im Triumph. Die<br />

Verzweiflung der Multikulti-Bourgeoisie brachte<br />

der Republikaner Christian Estrosi auf den Punkt:<br />

«Wenn sie moderne Kunst für degeneriert erklärt,<br />

rühmt man das Blond ihrer Haare, wenn sie Luthers<br />

Protestantismus mit der deutschen Besatzung vergleicht,<br />

lobt man ihre erfrischende Ausdrucksweise,<br />

wenn sie die Beziehungen zu ausländischen Unternehmen<br />

abbrechen will, gilt das als einfallsreich.»<br />

Selbst der schwarze Rapper Youssoupha ist irgendwie<br />

fasziniert: «Noch nie kam die Ideologie der Le<br />

Pens so sexy rüber.»<br />

Mutter und Patriotin<br />

Dabei steht Marion mit beiden Beinen im Leben.<br />

Als geschiedene Mutter zieht sie ihre Tochter alleine<br />

groß, nebenher macht sie gerade ihren Master<br />

in Rechtswissenschaften. «Ich reite gerne und fahre<br />

gerne Motorrad. Ich führe einfach das Leben einer<br />

jungen Frau von 26 Jahren, und vor allem habe<br />

ich immer noch eine Menge Freunde, die nichts mit<br />

Politik zu tun haben. Ich will dieses künstliche Leben<br />

nicht», sagte sie mit Blick auf andere Parlamentarier<br />

letztes Jahr einem Reporter. Ihre Heimat ist das<br />

Département Vaucluse im Süden des Landes – dort,<br />

wo von La Belle France noch etwas übrig ist, wo bodenständige<br />

Menschen zu Hause sind. Die Region<br />

unterscheidet sich von Paris etwa so wie Sachsen<br />

von Berlin. Man fühlt patriotisch und hat gern eine<br />

Kirche – und nicht etwa eine Moschee – im Dorf.<br />

Marion wurde unpolitisch erzogen. Mit 16 Jahren<br />

begeisterte sie sich kurzfristig für die Politik des<br />

damaligen Premiers Nicolas Sarkozy, erst mit 18 trat<br />

sie dem FN bei. Als sie sich 2010 zum ersten Mal für<br />

ein öffentliches Amt zur Wahl stellte, schaffte sie<br />

es nicht in die Regionalvertretung. Ein Interview damals<br />

endete im Desaster, sie konnte die Fragen nur<br />

stammelnd beantworten, bis sie schließlich abbrach<br />

und ihr Pressesprecher für sie einspringen musste.<br />

Für andere Politiker wäre dies das schmähliche Ende<br />

einer Karriere gewesen, doch für Marion – damals<br />

gerade 20 Jahre alt – war es ein Weckruf: Arbeite<br />

an Dir, verbessere Dich, kämpfe!<br />

«Das Konzept vom Großen Austausch…<br />

Diese Verschwörungstheorie<br />

teile ich nicht.»<br />

<br />

Marine Le Pen<br />

12<br />

Zwei Jahre später hatte sie das schier Unmögliche<br />

geschafft: Sie zog als jüngste Abgeordnete in<br />

der Geschichte der französischen Republik ins Parlament<br />

ein. In ihrem Wahlkreis hatte sie mehr Stimmen<br />

bekommen als die Vertreter aller anderen Parteien<br />

– im französischen Direktwahlsystem ist das<br />

ein Muss, was dem FN angesichts der Übermacht<br />

der Blockparteien bis dahin aber fast noch nie gelungen<br />

war. Ihr Ergebnis von 42,1 Prozent war fünf<br />

Mal soviel wie die 7,8 Prozent, die ihr Vorgänger<br />

dort 2007 erzielt hatte. Privates und Politisches gehen<br />

bei ihr zusammen: «Ich fühle zwei patriotische<br />

Pflichten in mir: Die eine ist die Verteidigung der Unabhängigkeit<br />

und Souveränität meines Landes – und<br />

die andere ist die Geburt von Kindern, die die Botschaft<br />

weitertragen.»

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!