COMPACT-Magazin 02-2017
Jung, wild, patriotisch
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<strong>COMPACT</strong> Politik<br />
Tschechien bleibt<br />
wehrhaft<br />
Der Sozialdemokrat Milos<br />
Zeman – derzeitiger Präsident<br />
der Tschechischen Republik –<br />
hat in einem Interview mit der<br />
Zeitung Blesk am 31. Juli 2016<br />
seinen Mitbürgern nach den<br />
Erfahrungen bisheriger Terroranschläge<br />
dazu geraten, sich auf<br />
den Notfall vorzubereiten:<br />
«Ich finde wirklich, dass die<br />
Bürger sich bewaffnen sollten<br />
gegen die Terroristen. Ich muss<br />
auch ehrlich zugeben, dass ich<br />
meine Meinung geändert habe.<br />
Früher war ich gegen übermäßigen<br />
Waffenbesitz, nach den<br />
Anschlägen denke ich aber nicht<br />
mehr so.»<br />
Nur wenige Menschen in Tschechien<br />
sind trotz Waffenscheins<br />
berechtigt, ihre Waffen in der<br />
Öffentlichkeit zu tragen. Dazu<br />
erklärte Zeman: «Diese Leute<br />
werden sich wohl daran gewöhnen<br />
müssen, ihre Waffe nicht<br />
irgendwo versteckt im Schrank<br />
zu haben. Sie müssen darauf<br />
vorbereitet sein, dass die Situation<br />
eintritt und sie die Waffe<br />
auch nutzen müssen.»<br />
rige Terrorismuswelle, die ohne Zweifel ein unvermeidlicher<br />
und unwiderlegbarer Bestandteil der<br />
Massenmigration ist, hat das teilweise geändert.<br />
Trotzdem sollte das heutige Problem Europas nicht<br />
auf das Thema Terror reduziert werden. Die Fortsetzung<br />
der Massenmigration wird Europa auch ohne<br />
Terrorismus zerstören.<br />
Wir sind in Europa heutzutage gespalten. Man<br />
kann fast über einen Krieg in Europa sprechen, der<br />
bisher zum Glück nur ein Krieg der Ideen und Interpretationen<br />
ist. Die ersten Opfer sind aber schon<br />
gefallen. Die Schlachtformationen, die an beiden<br />
Seiten aufmarschieren, sind wohlbekannt: Auf einer<br />
Seite, meiner Seite, stehen Freiheit, Demokratie,<br />
Verantwortung, Ordnung, Souveränität der europäischen<br />
Nationalstaaten, Patriotismus, Auslandsreisen<br />
und Auslandsaufenthalte statt Migration. Diese<br />
Seite ist relativ leise, friedlich, höflich und zur<br />
Diskussion bereit.<br />
Auf der anderen Seite stehen politische Korrektheit,<br />
Multikulturalismus, Massenmigration, Verantwortungslosigkeit<br />
und Chaos, Moralismus und Manipulation.<br />
Dort stehen Frau Merkel, die Herren Juncker<br />
und Schulz, die unfreiwillige und nicht spontane<br />
Gleichmacherei, Zentralisierung, Harmonisierung<br />
und Standardisierung Europas, Kontinentalismus und<br />
der Kulturmarxismus der Frankfurter Schule. Diese<br />
Seite ist autistisch, arrogant, aggressiv und selbstbezogen.<br />
Leider hat sie stärkere Sprachrohre und die<br />
wirkungsvollere Medien-Artillerie zur Verfügung.<br />
Diese stilisierte Beschreibung halte ich nicht für<br />
eine Karikatur der heutigen europäischen Verhältnisse.<br />
So sind die Karten in Europa heute tatsächlich<br />
verteilt. Wir sollten nie zulassen, dass diese Klarheit<br />
durch die politische Korrektheit vernebelt wird.<br />
Zu meinem Bedauern sehen manche unserer Mitbürger<br />
nicht die Schicksalshaftigkeit und die Dringlichkeit<br />
des heutigen historischen Momentes.<br />
Demokratie ohne Volk?<br />
Das alleine ist schlecht genug. In den letzten Jahren<br />
ist aber ein neues, noch gefährlicheres Phänomen<br />
aufgetaucht: die durchgehende Umgestaltung der europäischen<br />
Gesellschaft – vielleicht genauer gesagt:<br />
die Liquidierung der europäischen Kulturen, Traditionen<br />
und Werte. Und die verursachen wir selbst.<br />
Vor ein paar Tagen bin ich auf einen 26 Jahre<br />
alten Essay von Umberto Eco gestoßen. Er unterschied<br />
schon damals Migration von Immigration und<br />
schrieb: «Die Migration wird die ethnische Umgestaltung<br />
der europäischen Länder, die unvorstellbare<br />
Änderung der Sitten und des Benehmens, eine unaufhaltsame<br />
Hybridisierung der Menschen zur Folge<br />
haben.» Das waren alarmierende Worte, die damals,<br />
Anfang der neunziger Jahre, niemand hören<br />
wollte. Wir sollten sie nicht unterschätzen.<br />
«Man kann fast über einen Krieg<br />
in Europa sprechen.» Vaclav Klaus<br />
40<br />
_ Václav Klaus war Ministerpräsident<br />
(1992–1998), Vorsitzender<br />
des Abgeordnetenhauses<br />
(1998–20<strong>02</strong>) und Staatspräsident<br />
(20<strong>02</strong>–2013) der Tschechischen<br />
Republik. Er gehört zu den<br />
schärfsten Kritikern der EU und<br />
der Merkelschen Politik. Der<br />
Text ist ein leicht gekürzter und<br />
redigierter Redebeitrag, den Klaus<br />
Mitte November 2016 bei einem<br />
Besuch in Österreich vortrug.<br />
Er traf sich damals kurz vor der<br />
Präsidentenwahl mit FPÖ-Parteichef<br />
Heinz-Christian Strache<br />
und dem FPÖ-Präsidentschaftskandidaten<br />
Norbert Hofer. Das<br />
Buch von Václav Klaus und Dr.<br />
Jirí Weigl «Völkerwanderung –<br />
Kurze Erläuterung der aktuellen<br />
Migrationskrise» erschien 2016 bei<br />
Manuscriptum (96 Seiten, 12,80<br />
Euro, ISBN: 3944872304).<br />
Umberto Eco fügte hinzu, dass die Migration unvermeidlich<br />
und nicht zu stoppen sei. Diese Kapitulation<br />
kann ich nicht akzeptieren. Damit dürfen wir –<br />
als verantwortliche Menschen, als Bürger unserer<br />
Nationalstaaten, als Politiker – nicht einverstanden<br />
sein. Das wäre eine unverzeihliche Passivität unsererseits.<br />
Wir müssen etwas tun, wir müssen zur<br />
massiven Erweckung der «schweigenden Mehrheit»<br />
der europäischen Bevölkerung einen Beitrag leisten.<br />
Das Wort Bevölkerung habe ich übrigens absichtlich<br />
gewählt. Wir dürfen nie die These von Menschen<br />
wie Wolfgang Schäuble akzeptieren, die sagen,<br />
dass wir in der jetzigen Welt nicht mehr das<br />
Volk brauchen, sondern nur die Bevölkerung. Nein,<br />
wir sollten nie zulassen, dass wir in einem Land, in<br />
einer Gemeinschaft, ohne Volk, ohne Demos, leben.<br />
Die historische Erfahrung hat uns mehrmals gezeigt,<br />
dass es ohne Demos keine Demokratie gibt. Die Migranten<br />
wollen nicht das Volk sein. Sie kommen zu<br />
uns als Bevölkerung, nicht als das Volk.<br />
2015/16 campierten im sogenannten Dschungel des französischen<br />
Calais rund 10.000 Illegale.. Foto: picture alliance / AA