COMPACT-Magazin 02-2017
Jung, wild, patriotisch
Jung, wild, patriotisch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>COMPACT</strong> Politik<br />
Partys<br />
für Grapscher?<br />
«Mindestens eine Million Menschen<br />
sollen in unsere Gesellschaft<br />
integriert werden. Und<br />
dazu müssen wir unsere Willkommenskultur<br />
pflegen, tolerant,<br />
weltoffen und geduldig sein<br />
– sagt unsere Regierung. (…)<br />
Aber da wären noch ein paar Kleinigkeiten,<br />
über die nur selten<br />
gesprochen wird. Die Einzelfälle,<br />
die man gar nicht so gern wahrnimmt,<br />
die nicht wichtig sind und<br />
die den allgemeinen Integrationsrausch<br />
stören. (…) Zum Beispiel<br />
die aus der Silvesternacht in etlichen<br />
deutschen Städten. Und ihre<br />
neuen Freunde, die im vergangenen<br />
Jahr zu uns gekommen sind<br />
und weiter einreisen. Die Grapscher,<br />
Vergewaltiger, Schläger,<br />
Räuber, die Antänzer, Einbrecher,<br />
Ladendiebe, Taschendiebe, Clanchefs,<br />
Mitläufer, Anstifter, Extremisten.<br />
Was machen wir mit<br />
denen? Auch integrieren? Mit<br />
Sprachkursen bei der Arbeiterwohlfahrt?<br />
Bücherstunden bei<br />
der Caritas? Willkommenspartys<br />
bei den unzähligen Initiativen, die<br />
mit edler Gesinnung und einfallsreichem<br />
Geschäftssinn ihre Versorgungsschläuche<br />
beim Staatssäckel<br />
angeschlossen haben? Da<br />
darf man gespannt sein, teuer<br />
wird’s in jedem Fall.»<br />
(Rainer Wendt, Deutschland in<br />
Gefahr, Riva Verlag München,<br />
19,99 Euro)<br />
werkschaft zu verhindern. Heute behauptet deren<br />
Chef, seine Mitglieder würden in ihren Karrieren<br />
behindert. «Wendt gibt zu, dass seine Truppe gezielt<br />
Mitglieder von der GdP abwirbt», schreibt die<br />
Wirtschaftswoche im April 2015. Auch hier kennt<br />
Wendt die Macht der Medien. Weil im Tatort immer<br />
wieder Tassen mit GdP-Logo auftauchen, soll<br />
die DPolG inzwischen Produktionsfirmen mit ihren<br />
Merchandisingartikeln ausstatten. In drei Bundesländern<br />
ist die DPolG mittlerweile führende Kraft in<br />
den Personalräten.<br />
Innerhalb seiner Gewerkschaft ist Wendt die unbestrittene<br />
Gallionsfigur. Doch ein Karrierefunktionär<br />
ist er nie geworden. Manche sähen ihn gerne<br />
als Kandidaten, wenn der Deutsche Beamtenbund<br />
im kommenden November einen neuen Vorsitzenden<br />
wählt, aber Wendt will nicht antreten. Auch in<br />
die aktive Politik hat es Wendt nie gezogen. Dass<br />
er in den 1970er Jahren der CDU beitrat, «beruht<br />
auf einem heimlichen Irrtum». Er hielt die Ostpolitik<br />
des damaligen SPD-Kanzlers Willy Brandt für falsch.<br />
Heute sieht er es anders, bleibt den Christdemokraten<br />
aber dennoch treu. «Wer mich woanders als<br />
bei der CDU Deutschland politisch vermutet hat, hat<br />
schon immer falsch gelegen», schreibt Wendt Anfang<br />
Dezember 2016 auf Facebook. Gemeint war die<br />
AfD, mit der er «nichts zu tun haben» will.<br />
Vielleicht geht Wendt manches Mal zu weit.<br />
Etwa nach einem umstrittenen Polizeieinsatz in Rosenheim<br />
2010. Damals sollen Polizisten einen Mann<br />
bewusstlos gewürgt und dessen Frau ein Auge ausgeschlagen<br />
haben. Der Einsatz sei «rechtmäßig»<br />
gewesen, weil dies «die Staatsanwaltschaft festgestellt<br />
hat», verteidigt Wendt noch Jahre später<br />
den Gewaltausbruch. Naiver Glaube an die Institutionen,<br />
gar blinder Corpsgeist? Wendt steht für<br />
Law-and-Order, auch für Vorratsdatenspeicherung<br />
und Gummigeschosse. «Polizeiliche Einsatzmittel<br />
müssen Waffen sein, die weh tun, nur dann wirken<br />
sie», sagt Wendt ausgerechnet nach der Knüppelorgie<br />
gegen Demonstranten rund um das Bahnhofsbauprojekt<br />
Stuttgart 21 im September 2010. Damals<br />
saß er im ICE nach München, stieg in Baden-Württembergs<br />
Landeshauptstadt ungeplant aus, stellte<br />
sich vor die Kameras und pries den Einsatz. Heute<br />
verweist er darauf, dass ein Polizist aus den eigenen<br />
Reihen angezeigt wurde, der auf Demonstranten<br />
eindrosch.<br />
Bier mit Flatrate<br />
Rainer Wendt hat viele Seiten. Seinen rheinischen<br />
Humor konnte er sich auch an der Spree<br />
bewahren. Sein erstes Buch hieß Polizei – ein fröhliches<br />
Wörterbuch, erschienen Anfang der 1990er<br />
Jahre. In seinem Büro sammelt er Elefantenfiguren.<br />
Im NRW-Vergnügungspark Wunderland Kalkar –<br />
entstanden auf dem Gelände des nie ans Netz gegangenen<br />
Schnellen Brüters – trinkt Wendt schon<br />
mal Bier zum Flatrate-Tarif. Weil es die Mitglieder<br />
mögen, «und für einen Gewerkschaftschef bedeutet<br />
das Kostenstabilität», sagt er 2015 der Tageszeitung.<br />
In der ARD-Vorabendserie Rentnercops spielt<br />
Wendt 2016 sich selbst. Sein Freund, so heißt es, ist<br />
der Chef der Lokführergewerkschaft Claus Weselsky<br />
– auch der teilt vor Kameras gerne aus.<br />
Seine Dienstwaffe lagert bis heute<br />
im Tresor eines Duisburger Polizeireviers.<br />
Vielleicht ist es manchmal einsam um Rainer<br />
Wendt. Der Neid auf die Blicke der Mädchen<br />
brachte ihn einst zur Polizei. Heute hat er fünf Kinder<br />
von drei verschiedenen Frauen und ist zum dritten<br />
Mal verheiratet. «So einen Verschleiß an Frauen<br />
hat sonst keiner in der Familie», erzählt seine Mutter<br />
Ruth Wendt Ende 2015. Gut möglich, dass er nie<br />
wirklich angekommen ist, immer irgendwie ein Getriebener<br />
blieb – und irgendwo eben auch der Bulle<br />
aus Schimis Revier. Seine Dienstwaffe lagert bis<br />
heute im Tresor eines Duisburger Polizeireviers. Damit<br />
er wieder auf Streife gehen kann, wenn in Berlin<br />
einmal Schluss ist…<br />
34<br />
Anfang <strong>2017</strong> forderten der Grünen-Politiker Oliver von Dobrowolski,<br />
Wendt nicht mehr in Talkshows einzuladen.<br />
Foto: picture alliance / dpa