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COMPACT-Magazin 02-2017

Jung, wild, patriotisch

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<strong>COMPACT</strong> Politik<br />

Partys<br />

für Grapscher?<br />

«Mindestens eine Million Menschen<br />

sollen in unsere Gesellschaft<br />

integriert werden. Und<br />

dazu müssen wir unsere Willkommenskultur<br />

pflegen, tolerant,<br />

weltoffen und geduldig sein<br />

– sagt unsere Regierung. (…)<br />

Aber da wären noch ein paar Kleinigkeiten,<br />

über die nur selten<br />

gesprochen wird. Die Einzelfälle,<br />

die man gar nicht so gern wahrnimmt,<br />

die nicht wichtig sind und<br />

die den allgemeinen Integrationsrausch<br />

stören. (…) Zum Beispiel<br />

die aus der Silvesternacht in etlichen<br />

deutschen Städten. Und ihre<br />

neuen Freunde, die im vergangenen<br />

Jahr zu uns gekommen sind<br />

und weiter einreisen. Die Grapscher,<br />

Vergewaltiger, Schläger,<br />

Räuber, die Antänzer, Einbrecher,<br />

Ladendiebe, Taschendiebe, Clanchefs,<br />

Mitläufer, Anstifter, Extremisten.<br />

Was machen wir mit<br />

denen? Auch integrieren? Mit<br />

Sprachkursen bei der Arbeiterwohlfahrt?<br />

Bücherstunden bei<br />

der Caritas? Willkommenspartys<br />

bei den unzähligen Initiativen, die<br />

mit edler Gesinnung und einfallsreichem<br />

Geschäftssinn ihre Versorgungsschläuche<br />

beim Staatssäckel<br />

angeschlossen haben? Da<br />

darf man gespannt sein, teuer<br />

wird’s in jedem Fall.»<br />

(Rainer Wendt, Deutschland in<br />

Gefahr, Riva Verlag München,<br />

19,99 Euro)<br />

werkschaft zu verhindern. Heute behauptet deren<br />

Chef, seine Mitglieder würden in ihren Karrieren<br />

behindert. «Wendt gibt zu, dass seine Truppe gezielt<br />

Mitglieder von der GdP abwirbt», schreibt die<br />

Wirtschaftswoche im April 2015. Auch hier kennt<br />

Wendt die Macht der Medien. Weil im Tatort immer<br />

wieder Tassen mit GdP-Logo auftauchen, soll<br />

die DPolG inzwischen Produktionsfirmen mit ihren<br />

Merchandisingartikeln ausstatten. In drei Bundesländern<br />

ist die DPolG mittlerweile führende Kraft in<br />

den Personalräten.<br />

Innerhalb seiner Gewerkschaft ist Wendt die unbestrittene<br />

Gallionsfigur. Doch ein Karrierefunktionär<br />

ist er nie geworden. Manche sähen ihn gerne<br />

als Kandidaten, wenn der Deutsche Beamtenbund<br />

im kommenden November einen neuen Vorsitzenden<br />

wählt, aber Wendt will nicht antreten. Auch in<br />

die aktive Politik hat es Wendt nie gezogen. Dass<br />

er in den 1970er Jahren der CDU beitrat, «beruht<br />

auf einem heimlichen Irrtum». Er hielt die Ostpolitik<br />

des damaligen SPD-Kanzlers Willy Brandt für falsch.<br />

Heute sieht er es anders, bleibt den Christdemokraten<br />

aber dennoch treu. «Wer mich woanders als<br />

bei der CDU Deutschland politisch vermutet hat, hat<br />

schon immer falsch gelegen», schreibt Wendt Anfang<br />

Dezember 2016 auf Facebook. Gemeint war die<br />

AfD, mit der er «nichts zu tun haben» will.<br />

Vielleicht geht Wendt manches Mal zu weit.<br />

Etwa nach einem umstrittenen Polizeieinsatz in Rosenheim<br />

2010. Damals sollen Polizisten einen Mann<br />

bewusstlos gewürgt und dessen Frau ein Auge ausgeschlagen<br />

haben. Der Einsatz sei «rechtmäßig»<br />

gewesen, weil dies «die Staatsanwaltschaft festgestellt<br />

hat», verteidigt Wendt noch Jahre später<br />

den Gewaltausbruch. Naiver Glaube an die Institutionen,<br />

gar blinder Corpsgeist? Wendt steht für<br />

Law-and-Order, auch für Vorratsdatenspeicherung<br />

und Gummigeschosse. «Polizeiliche Einsatzmittel<br />

müssen Waffen sein, die weh tun, nur dann wirken<br />

sie», sagt Wendt ausgerechnet nach der Knüppelorgie<br />

gegen Demonstranten rund um das Bahnhofsbauprojekt<br />

Stuttgart 21 im September 2010. Damals<br />

saß er im ICE nach München, stieg in Baden-Württembergs<br />

Landeshauptstadt ungeplant aus, stellte<br />

sich vor die Kameras und pries den Einsatz. Heute<br />

verweist er darauf, dass ein Polizist aus den eigenen<br />

Reihen angezeigt wurde, der auf Demonstranten<br />

eindrosch.<br />

Bier mit Flatrate<br />

Rainer Wendt hat viele Seiten. Seinen rheinischen<br />

Humor konnte er sich auch an der Spree<br />

bewahren. Sein erstes Buch hieß Polizei – ein fröhliches<br />

Wörterbuch, erschienen Anfang der 1990er<br />

Jahre. In seinem Büro sammelt er Elefantenfiguren.<br />

Im NRW-Vergnügungspark Wunderland Kalkar –<br />

entstanden auf dem Gelände des nie ans Netz gegangenen<br />

Schnellen Brüters – trinkt Wendt schon<br />

mal Bier zum Flatrate-Tarif. Weil es die Mitglieder<br />

mögen, «und für einen Gewerkschaftschef bedeutet<br />

das Kostenstabilität», sagt er 2015 der Tageszeitung.<br />

In der ARD-Vorabendserie Rentnercops spielt<br />

Wendt 2016 sich selbst. Sein Freund, so heißt es, ist<br />

der Chef der Lokführergewerkschaft Claus Weselsky<br />

– auch der teilt vor Kameras gerne aus.<br />

Seine Dienstwaffe lagert bis heute<br />

im Tresor eines Duisburger Polizeireviers.<br />

Vielleicht ist es manchmal einsam um Rainer<br />

Wendt. Der Neid auf die Blicke der Mädchen<br />

brachte ihn einst zur Polizei. Heute hat er fünf Kinder<br />

von drei verschiedenen Frauen und ist zum dritten<br />

Mal verheiratet. «So einen Verschleiß an Frauen<br />

hat sonst keiner in der Familie», erzählt seine Mutter<br />

Ruth Wendt Ende 2015. Gut möglich, dass er nie<br />

wirklich angekommen ist, immer irgendwie ein Getriebener<br />

blieb – und irgendwo eben auch der Bulle<br />

aus Schimis Revier. Seine Dienstwaffe lagert bis<br />

heute im Tresor eines Duisburger Polizeireviers. Damit<br />

er wieder auf Streife gehen kann, wenn in Berlin<br />

einmal Schluss ist…<br />

34<br />

Anfang <strong>2017</strong> forderten der Grünen-Politiker Oliver von Dobrowolski,<br />

Wendt nicht mehr in Talkshows einzuladen.<br />

Foto: picture alliance / dpa

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