COMPACT-Magazin 02-2017
Jung, wild, patriotisch
Jung, wild, patriotisch
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<strong>COMPACT</strong> Leben<br />
Cthulhu und die Dämonen des Chaos<br />
_ von Harald Harzheim<br />
Er beschrieb die Kräfte des Nichts, die uns im beginnenden dritten Jahrtausend<br />
zu verschlingen drohen, schon vor dem Zweiten Weltkrieg: Howard Phillips Lovecraft,<br />
der bedeutendste Horrorautor des 20. Jahrhunderts, veröffentlichte seine erste<br />
Geschichte vor 100 Jahren. Er verstarb vor 80 Jahren.<br />
Das Universum: ein gigantisches Grab, kalt, still<br />
und finster, grenzenlose Leere, freischwebende Gesteinsmassen,<br />
ausgebrannte Sonnen. Aber in den<br />
dunkelsten Winkeln, in den kosmischen Wurmlöchern,<br />
da lauern sie: alte Gottheiten und Dämonen.<br />
Dort schlummern sie seit Anbeginn der Zeit. Prähistorische<br />
Kulte aus der Morgendämmerung der<br />
Menschheit ahnten noch ihre einstige Präsenz, verkündeten<br />
deren Wiederkehr: Irgendwann erwachen<br />
die finsteren Götter, irgendwann brechen sich die<br />
Mächte des Chaos wieder Bahn. Und ihre Zeit ist<br />
nah…<br />
Diese kosmische Vision zieht sich durch das gesamte<br />
Werk des Howard Phillips Lovecraft. Konträr<br />
zu seinem großen Vorgänger Edgar Allan Poe quälen<br />
keine individuellen Abgründe, kein Liebesverlust,<br />
keine Angst vor dem lebendig Begrabenwerden<br />
die Seelen der Protagonisten. Lovecrafts Schreckensvision<br />
geht aufs Ganze, zielt auf die gesamte<br />
Menschheit, ist apokalyptisch. In jungen Jahren<br />
träumte der Amerikaner von einer Karriere als Astronom,<br />
erklärte Albert Einstein zu seinem Lieblingswissenschaftler.<br />
Von den antiken Griechen bewunderte<br />
er den frühen Kosmologen Anaxagoras und<br />
den Seinsdenker Anaximander. Aber im lovecraftschen<br />
Universum pulsieren keine pantheistische Intelligenz<br />
(Einstein), kein sortierender Geist (Anaxagoras)<br />
und kein Urgrund (Anaximander). Stattdessen<br />
durchweht Wahnsinn das tote All.<br />
Wenn die dunklen Götter tanzen<br />
In dem Prosagedicht Nyarlathotep (1920) erlebt<br />
der Ich-Erzähler den Untergang der Welt. Dabei<br />
offenbart sich ihm «eine schwindelerregende<br />
Leere über den Sphären von Licht und Finsternis.<br />
Und durch diesen abstoßenden Friedhof des Universums<br />
hört man gedämpften, wahnsinnig machenden<br />
Trommelwirbel und dünnes monotones<br />
Wimmern gotteslästerlicher Flöten aus den Kammern<br />
jenseits der Zeit, ein abscheuliches Schlagen<br />
und Pfeifen, zu dem langsam, ungeschickt und absurd<br />
die gigantischen, dunklen, letzten Götter tanzen<br />
– die blinden, stummen, hirnlosen Zwerge, deren<br />
Seele Nyarlathotep ist.» Nyarlathotep, das ist<br />
eine wahnsinnige Weltenseele in unendlich vielen<br />
Gestalten – getoppt nur noch durch den schreck-<br />
«Die älteste und stärkste Emotion<br />
des Menschen ist Furcht.»<br />
H.P. Lovecraft. Foto: Borja Pindado<br />
(borjapindado.deviantart.com), CC<br />
BY-SA 3.0, Wikimedia Commons<br />
Lovecrafts Inspirationen<br />
führten zur<br />
Figur des Alien.<br />
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