COMPACT-Magazin 02-2017
Jung, wild, patriotisch
Jung, wild, patriotisch
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Boris Palmer, Winfried Kretschmann<br />
und Joachim Gauck. Foto:<br />
picture alliance / dpa<br />
Palmer gilt als Befürworter<br />
schwarz-grüner Koalitionen. Foto:<br />
picture alliance / dpa<br />
«Die Einbürgerung<br />
des Islam in<br />
Deutschland ist dabei<br />
ohne Alternative…».<br />
Palmer, 2007<br />
Volkspartei als Fata Morgana<br />
Palmer selbst hatte 2012 formuliert, wie eine<br />
«grüne Volkspartei» die von der abschmierenden<br />
CDU wie gleichermaßen der SPD hinterlassene Lücke<br />
füllen und «die Bundestagswahl gewinnen» könne:<br />
etwa, indem sie die unpopuläre Forderung nach<br />
einem uneingeschränkten Adoptionsrecht für Homosexuelle<br />
vom Tisch nimmt. Später musste er sich<br />
mitunter als «homophob» bezeichnen lassen, wenn<br />
er die Schwulenehe nicht kritiklos feiern wollte oder<br />
auch nur «eine unverkrampfte Emanzipation» jenseits<br />
übertriebener politischer Korrektheit forderte.<br />
Die Landesarbeitsgemeinschaft QueerGrün Berlin<br />
sah ihn im Oktober 2016 deswegen gleich an der<br />
Seite der Demonstranten, die in Stuttgart gegen<br />
den Gender-Bildungsplan der grün geführten Landesregierung<br />
auf die Straße gehen, was freilich an<br />
der Realität weit vorbeiging.<br />
Das Enfant terrible scheut deutliche Worte nicht,<br />
weder in Gastbeiträgen noch in Talkshows und Interviews<br />
oder in den sozialen Netzwerken. Ein «Mohrenkopf»-Skandal<br />
– schon ist er wieder im Gespräch.<br />
Ist es Lust an der Provokation, die er von seinem Vater,<br />
dem «Remstal-Rebellen» Helmut Palmer, in die<br />
Wiege gelegt bekam (siehe Infobox Seite 33)? Will<br />
er die Grünen anschlussfähig für die Mitte machen?<br />
Spannt er die Feder für den Sprung nach Berlin? Eine<br />
schwarz-grüne Bundesregierung würde er jedenfalls<br />
um ein prominentes Gesicht bereichern.<br />
Daraus, dass er an Koalitionen mit der Union<br />
glaubt, hat Palmer nie einen Hehl gemacht. Im<br />
März 2006 nannte er, damals noch Landtagsabgeordneter,<br />
zehn Bedingungen für ein solches Bündnis<br />
und seufzte: «Wie soll die CDU aber die Modernität<br />
der Grünen ertragen, wenn sie schon einen Andreas<br />
Renner nicht aushält?» Der Ex-Sozialminister<br />
war wegen der Schirmherrschaft über den Christopher-Street-Day<br />
in der schwäbischen Union angefeindet<br />
worden. «Die homophobe, antiliberale<br />
Mehrheit in der CDU des ländlichen Raumes konnte<br />
die Toleranz eines Andreas Renner nicht ertragen»,<br />
meinte Palmer.<br />
Jedenfalls will er seit jener Zeit nicht mehr das<br />
«harte und trockene Brot» der Opposition essen, er<br />
will gestalten. Auch deswegen ist Palmer – noch –<br />
in Tübingen. Hatte er 2004 eine indirekte Wahlempfehlung<br />
für Stuttgarts CDU-Bürgermeister Wolfgang<br />
Schuster ausgesprochen, wurde er bei seiner eigenen<br />
Kandidatur in der Studentenstadt wiederum von<br />
den CDU-Größen Lothar Späth und Manfred Rom-<br />
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