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Über die Situation in der Ostukraine äußerte sich der Präsident in einer Fernsehdiskussion am 17. April 2014<br />
Wahlen legitim sind, muss die Verfassung geändert werden. Nur dann können wir über<br />
die Föderalisierung und Dezentralisierung sprechen. Das ist, was mir mein gesunder<br />
Menschenverstand sagt.<br />
Wir könnten natürlich auch weiterhin ohne gesunden Menschenverstand handeln,<br />
auch wenn ich nicht weiß, wo das uns hinführen soll. Aber wir bleiben in Kontakt mit<br />
allen. Herr [Petro] Poroschenko ist derzeit einer der führenden Kandidaten. Ein wesentlicher<br />
Teil seines Geschäfts befindet sich in Russland. Seine Firma produziert Süßigkeiten,<br />
die viele von Ihnen, wahrscheinlich ohne zu wissen, dass Poroschenko die Fabrik<br />
besitzt und dass er für das Präsidentenamt kandidiert, gegessen haben.<br />
Ich kenne Frau [Julia] Timoschenko sehr gut. Als sie [in einem abgehörten Telefonat<br />
nach dem Krim-Referendum im März 2014] forderte, die Russen «mit Kernwaffen<br />
zu zerstören», glaube ich, sagte sie das, während sie im Zustand eines psychischen<br />
Zusammenbruchs war. Aber ich kenne sie ganz gut. Immerhin unterzeichnete sie den<br />
Gasliefervertrag, den ihre Parteikollegen und andere Vertragsparteien nicht akzeptieren<br />
wollten. [im Jahr 2009; Timoschenkos Unterschrift führte unter Janukowitsch zu ihrer<br />
Gefängnisstrafe]. Doch irgendwann hatten wir gute Geschäftsbeziehungen mit ihr. (…)<br />
Der Treuebruch der NATO<br />
Es wurde uns einmal versprochen, ich erwähnte es bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz<br />
[vgl. Seite 22], dass nach der Vereinigung Deutschlands die NATO<br />
nicht nach Osten erweitert werden würde. Der damalige NATO-Generalsekretär [Manfred<br />
Wörner] sagte uns, dass sich die Allianz nicht über seine [die deutschen] östlichen<br />
Grenzen ausweiten würde. Allerdings begannen sie sich dennoch dorthin auszuweiten,<br />
durch die Aufnahme der ehemaligen Warschauer Pakt-Mitgliedstaaten und später durch<br />
die Aufnahme baltischer Staaten, ehemaliger Sowjetrepubliken.<br />
Früher fragte ich dann: «Warum tun Sie das? Möchten Sie etwa die Sicherheit dieser<br />
Länder gewährleisten? Glauben Sie, dass jemand sie angreifen würde? Also ist es ausreichend,<br />
einen bilateralen Vertrag über Freundschaft und gegenseitige Unterstützung,<br />
einschließlich militärischer Hilfe, zu unterzeichnen, und ihre Sicherheit wird gewährleistet<br />
sein.» Ich hörte dann als Antwort: «Das geht Sie nichts an. Nationen und Länder haben<br />
ihr Recht, eigene Möglichkeiten für die Gewährleistung ihrer Sicherheit zu wählen.»<br />
Gut, das ist wahr. Aber es ist auch wahr, dass wir dann, wenn die Infrastruktur eines<br />
Militärblockes sich unserer Grenze nähert, Gründe für bestimmte Befürchtungen und<br />
Fragen haben. Wir müssen bestimmte Gegenmaßnahmen unternehmen, und es ist auch<br />
wahr, dass niemand uns dieses Recht verweigern kann. Und das zwingt uns, Gegenmaßnahmen<br />
zu treffen.<br />
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