23.02.2017 Aufrufe

COMPACT-Edition 1

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Rede auf dem Valdai-Forum am 19. September 2013<br />

Patriotismus als Synthese<br />

Alle, ob nun die sogenannten Neoslawisten oder die westlich Orientierten, die Etatisten<br />

und die sogenannten Liberalen – die ganze Gesellschaft muss zusammenarbeiten,<br />

um gemeinsame Entwicklungsziele zu definieren. Wir müssen mit der Angewohnheit<br />

brechen, nur den Menschen zuzuhören, die das sagen, was wir hören möchten, und<br />

aufhören, Andersdenkenden mit Wut, Ablehnung oder sogar mit Hass zu begegnen. Und<br />

das von Anfang an. Die Zukunft eines jeden Landes kann man weder per Fingerschnipp<br />

verändern, noch kann man sie mit Füßen treten wie einen Fußball – so stürzt man in<br />

hemmungslosen Nihilismus, in Konsumismus, in Negativismus gegenüber allem und<br />

jedem, in düsteren Pessimismus.<br />

Dass bedeutet, dass die Liberalen lernen müssen, mit den Vertretern der Linken zu<br />

sprechen und umgekehrt, dass Nationalisten bedenken müssen, dass Russland im Besonderen<br />

sich von Anfang an als ein multiethnisches und multikonfessionelles Land gebildet<br />

hat. Nationalisten müssen verstehen, dass sie durch die Infragestellung unseres<br />

multiethnischen Charakters und die Instrumentalisierung des russischen, tatarischen,<br />

kaukasischen, sibirischen oder eines anderen Nationalismus oder Separatismus beginnen,<br />

unseren genetischen Code zu zerstören. In der Tat würden wir beginnen, uns selbst<br />

zu zerstören.<br />

Die Souveränität, die Unabhängigkeit und territoriale Integrität Russlands sind bedingungslos.<br />

Das sind rote Linien, die niemand überschreiten darf. Und bei allen unseren<br />

verschiedenen Ansichten ist doch klar, dass wir Debatten über unsere nationale Identität<br />

und Russlands Zukunft nur führen können, wenn die daran Teilnehmenden allesamt<br />

Patrioten sind. Natürlich meine ich den Patriotismus im wahrsten Sinne des Wortes.<br />

Zu oft in der Geschichte unserer Nation hatten wir es nicht mit einer Opposition<br />

zur jeweiligen Regierung zu tun, sondern mit antirussischen Oppositionellen. Das habe<br />

ich bereits erwähnt, und auch [der Nationaldichter Alexander] Puschkin sprach schon<br />

darüber. Und wir wissen, wie es endete, nämlich mit dem Abriss des Staates als solchen.<br />

Es gibt praktisch keine russische Familie, die von den Wirrungen des vergangenen<br />

Jahrhunderts völlig unberührt blieb. Fragen, wie wir bestimmte historische Ereignisse<br />

beurteilen, teilen unser Land und unsere Gesellschaft immer noch.<br />

Wir müssen diese Wunden endlich heilen und die Matrix unseres historischen Stoffes<br />

reparieren. Wir können nicht weiter in Selbsttäuschung leben und die unansehnlichen<br />

oder ideologisch unbequemen Seiten unserer Geschichte einfach ausblenden,<br />

die Verbindungen zwischen den Generationen zerstören, in Extreme flüchten und Idole<br />

entweder aufs Podest heben oder stürzen. Es ist auch höchste Zeit, damit aufzuhören,<br />

unsere Geschichte nur auf das Schlechte zu reduzieren. Wir beschimpfen uns teilweise<br />

sogar schlimmer als unsere Gegner es je tun würden. Selbstkritik ist notwendig, aber<br />

75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!