Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...
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Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person; Geldrente/Kapitalabfindung §§ 842, 843<br />
cc) Probleme beim Nachweis eines Schadens, insbesondere bei Selbständigen. Bei einem selbständig<br />
Erwerbstätigen stellt sich gelegentlich das Problem, dass er sich mit der Bezifferung des Schadens<br />
schwer tut. Ein verletzter Arbeitnehmer kann ohne weiteres dartun, dass er <strong>für</strong> die Bereitstellung der Arbeitskraft<br />
bezahlt wird, was verletzungsbedingt unmöglich wird. Ein Selbständiger jedoch erhält eine Abgeltung<br />
seines Arbeitskrafteinsatzes nicht nach Dauer <strong>und</strong> Intensität seiner Bemühungen, sondern ausschließlich nach<br />
dem dadurch erzielten wirtschaftlichen Erfolg. 72 Da die Kausalität des Arbeitskraftausfalls auf den geringer<br />
ausgefallenen Gewinn häufig schwer nachweisbar ist, wird versucht, den Erwerbsschaden des Selbständigen<br />
in der Weise zu bemessen, dass die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft zugr<strong>und</strong>e gelegt werden.<br />
Dieser Ansatz wird aber mE der Eigenart selbständiger Erwerbstätigkeit nicht gerecht. Es hat daher bei der<br />
von der <strong>Recht</strong>sprechung im Diplomchemiker-Fall, 73 der Leitentscheidung zu dieser Problemgruppe, eingenommenen<br />
Position zu bleiben, wonach ein Erwerbsschaden eines Selbständigen nur unter der Voraussetzung<br />
des entsprechenden wirtschaftlichen Niederschlags zuzubilligen ist. Freilich würde dieser Fall durch eine<br />
einfühlsamere Anwendung von § 287 ZPO <strong>und</strong> § 252 S. 2 heute anders beurteilt. Worum ging es? Ein Unternehmer<br />
eines pharmazeutischen Unternehmens hatte über einen längeren Zeitraum Versuche angestellt, um<br />
nach deren Abschluss ein Präparat auf den Markt zu bringen. Daran war er durch eine bei einem Verkehrsunfall<br />
erlittene Verletzung gehindert. Der BGH versagte jeglichen Ersatz, weil ein Senat aus monatlich fix besoldeten<br />
Richtern sich nicht in die Lage eines selbständigen Unternehmers hineinversetzen konnte, der jahrelang Vorleistungen<br />
– ohne Gegenleistung – erbringt, ehe er dann ein Produkt am Markt platzieren <strong>und</strong> erfolgreich<br />
verkaufen kann. Diese Fallgruppe ist somit durch eine besonders großzügige Anwendung des § 287 ZPO <strong>und</strong><br />
des § 252 S. 2 in den Griff zu bekommen, nicht aber durch Zubilligung eines Mindestschadens auf Basis einer<br />
fiktiven Ersatzkraft unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Einsatzes der unternehmerischen Arbeitskraft.<br />
74<br />
dd) Haushaltsdienstleistungen an Personen außerhalb der Familie. Nach dem Paradigma-Wechsel<br />
im Familienrecht vom patriarchalischen zum partnerschaftlichen Prinzip war § 845 als Begründung <strong>für</strong> Beeinträchtigungen<br />
des Haushaltsführers nicht mehr tragbar. Die Beeinträchtigung in der Haushaltsführung wurde<br />
fortan als Erwerbsschaden qualifiziert. Bis heute ungeklärt ist indes, ob das lediglich <strong>für</strong> Haushaltstätigkeiten<br />
im Familienverb<strong>und</strong> gilt oder darüber hinaus. Nicht immer erfolgt die Haushaltsführung zugunsten von<br />
gesetzlichen Unterhaltsgläubigern; mitunter werden solche Tätigkeiten unabhängig von einer Unterhaltsbeziehung<br />
oder auch gegenüber weiteren Verwandten oder Fremden erbracht, ohne dass derjenige, der Leistungen<br />
erbringt, etwas da<strong>für</strong> in Rechnung stellt. Die Schwester pflegt den behinderten Bruder. 75 Die Tochter<br />
pflegt die betagte Mutter. 76 Die Oma passt auf die Enkelkinder auf, um der Tochter eine berufliche Erwerbstätigkeit<br />
zu ermöglichen. 77 Der Vater hilft dem Sohn beim Hausbau. 78 Gleich- oder verschiedengeschlechtliche<br />
Partner leben wirtschaftlich so zusammen wie ein Ehepaar. 79 Mitunter werden solche Leistungen auch im<br />
Rahmen einer Wohngemeinschaft oder eines Klosters 80 erbracht.<br />
Die <strong>Recht</strong>sprechung ist in all diesen Fällen in Bezug auf die Anerkennung eines Erwerbsschadens zurückhaltend.<br />
81 Auch in der Literatur 82 gibt es Stimmen, die <strong>für</strong> einen Erwerbsschaden verlangen, dass ein Unterhaltsband<br />
gegeben sein müsse. ME ist indes der Gegenmeinung zu folgen, dass darauf abzustellen ist, ob es<br />
sich inhaltlich um die verletzungsbedingte Vereitelung einer Tätigkeit handelt, die bei Erbringung im Rahmen<br />
der Familie als Erwerbsschaden qualifiziert würde. 83 Anzuknüpfen ist mE an die Art der Tätigkeit, nicht aber<br />
daran, wem gegenüber sie erbracht wird. 84 Besteht ein zumindest faktisches Unterhaltsband, sind bei Beeinträchtigung<br />
der Haushaltsführung im engeren Sinn die Gr<strong>und</strong>sätze des Haushaltsführerschadens anzuwenden.<br />
Besteht eine zumindest quasi-synallagmatische Beziehung, ist auf die entsprechende Gegenleistung abzustel-<br />
72 Van Bühren/Jahnke, Teil 4 Rn 450; Küppersbusch,<br />
Rn 137.<br />
73 BGHZ 54, 45 = NJW 1979, 1411 = SAE 1971, 144<br />
(Hanau); dazu <strong>Lieb</strong>, JZ 1971, 538.<br />
74 So die Rspr: BGH NJW 1994, 652; NZV 1993, 428;<br />
NJW-RR 1992, 852; NJW-RR 1991, 470; BGHZ 90,<br />
334 = NJW 1984, 1881; ebenso MüKo/Wagner,<br />
§§ 842, 843 Rn 42; Küppersbusch, Rn 137; Erman/<br />
Schiemann, § 842 Rn 4; § 843 Rn 4; Bamberger/Roth/<br />
Spindler (18. Edition), § 842 Rn 4, § 843 Rn 15.<br />
75 Dunz, in: FS Steffen, S. 135, 145.<br />
76 OLG Köln NJW-RR 1994, 350.<br />
77 OLG Celle zfs 1982, 133.<br />
78 OLG Köln VersR 1994, 356.<br />
79 Ch. Huber, in: FS-Steffen, S. 193, 203.<br />
80 Ablehnend zum Erwerbsschaden eines Ordensangehörigen<br />
OLG Celle NJW 1988, 2618; dazu Gotthardt,<br />
JuS 1995, 12.<br />
81 OLG Celle zfs 1982, 133; NJW 1988, 2618; kritisch<br />
Ch. Huber, VersR 2007, 1330 ff; bei der nichtehelichen<br />
Lebensgemeinschaft ablehnend OLG Düsseldorf<br />
BeckRS 2009, 24688 = jurisPR-VerkR 2009/20,<br />
Anm. 3 (Jahnke); OLG Celle NZV 2009, 400 =<br />
jurisPR-VerkR 19/2009 Anm. 2 (Jahnke); OLG Düsseldorf<br />
NJW-RR 2006, 1535; OLG Nürnberg NZV<br />
2006, 209 = FamRZ 2005, 2069 (Löhnig). Näheres<br />
dazu in Rn 169.<br />
82 Pardey, Rn 2462.<br />
83 So auch MüKo/Wagner, §§ 842, 843 Rn 54; Bamberger/Roth/Spindler<br />
(18. Edition), § 843 Rn 20; v.<br />
Einem, VersR 1995, 1164, 1166 f; OLG Oldenburg<br />
VersR 1993, 1491.<br />
84 So auch Würthwein, JZ 2000, 337, 346.<br />
Huber 4807<br />
18<br />
19<br />
20<br />
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