Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...
Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...
Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
97a<br />
98<br />
99<br />
100<br />
§§ 842, 843 Abschnitt 8 | Einzelne Schuldverhältnisse<br />
fahrtverletzung nicht nur Auswirkungen auf die Kürzung des Schadenersatzanspruchs nach § 254; darüber<br />
hinaus entfällt in solchen Fällen gem. § 3 EFZG ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. 469<br />
Arbeitsunfall: Ist der Schädiger ein im selben Betrieb Tätiger, wird bei einem Arbeitsunfall durch die §§ 104,<br />
105 SGB VII die zivilrechtliche Haftung ausgeschlossen. 470 An deren Stelle tritt ein Anspruch gegen den<br />
Unfallversicherer. Einerseits kommt der Arbeitgeber ausschließlich <strong>für</strong> die Unfallversicherungsbeiträge auf,<br />
wodurch es zu einer Ablösung seiner Haftung kommt, andererseits soll durch diese Haftungsersetzung der<br />
innerbetriebliche Friede gewahrt werden, indem Zivilprozesse wegen eines Körperschadens hintangehalten<br />
werden. Besonders hinzuweisen ist darauf, dass es sich nicht notwendigerweise um Personen handeln muss,<br />
die beim selben Arbeitgeber beschäftigt sind. Aufgr<strong>und</strong> der Verweisung von § 106 Abs. 3 Var. 3 SGB VII<br />
kommt es zu einer Haftungsersetzung auch dann, wenn Beschäftigte mehrerer Unternehmen auf einer gemeinsamen<br />
Betriebsstätte zusammenwirken. 471<br />
Familienprivileg: Ist der Schädiger ein Familienangehöriger des Verletzten <strong>und</strong> lebt er mit diesem in häuslicher<br />
Gemeinschaft, wird ein Regress des Arbeitgebers versagt. Es findet sich zwar keine ausdrückliche<br />
Regelung im EFZG, aber die entsprechenden Normen des § 86 Abs. 3 VVG sowie des § 116 Abs. 6 SGB X<br />
werden analog angewendet. 472 Der Gr<strong>und</strong> liegt darin, dass nicht mit einer Hand etwas gegeben werden soll,<br />
nämlich ein Schadensersatzanspruch, was mit der anderen wieder genommen wird, nämlich durch die Inanspruchnahme<br />
eines Familienangehörigen, leben doch Geschädigter <strong>und</strong> Schädiger häufig aus einer Kasse.<br />
Zudem soll der familiäre Friede nicht beeinträchtigt werden. Während § 86 Abs. 3 VVG nur noch auf die<br />
häusliche Gemeinschaft abstellt, wurde der Wortlaut von § 116 Abs. 6 SGB X nicht entsprechend angepasst.<br />
ME sollte § 116 Abs. 6 SGB X im Lichte der jüngeren Norm des § 86 Abs. 3 VVG ausgelegt werden, wo<strong>für</strong><br />
die Entscheidung des BVerfG 473 spricht, dass eine häusliche Gemeinschaft selbst zwischen dem Kind <strong>und</strong><br />
dem Elternteil gegeben ist, bei dem das Kind nicht wohnt, der aber mit diesem häufig Umgang hat; 474 jedenfalls<br />
<strong>für</strong> die Entgeltfortzahlung ist eine Analogie zu § 86 Abs. 3 VVG zu be<strong>für</strong>worten, auch dann, wenn davon der<br />
haftpflichtversicherte Schädiger nicht unmittelbar betroffen ist <strong>und</strong> davon lediglich die Haftpflichtversicherung<br />
profitiert. 475 Aufgr<strong>und</strong> des Trennungsprinzips ist das folgerichtig (s.a. Rn 120).<br />
Quoten- bzw Befriedigungsvorrecht des Arbeitnehmers: Wenn der Schadensersatzanspruch wegen eines<br />
Mitverschuldens gekürzt ist oder deshalb nicht in vollem Umfang durchsetzbar ist, weil der Schädiger nicht<br />
über ausreichend der Zwangsvollstreckung unterworfenes Vermögen verfügt, so steht dem verletzten Arbeitnehmer<br />
in Bezug auf den sachlich kongruenten Erwerbsschaden 476 gem. § 6 Abs. 3 EFZG ein Vorrecht<br />
zu. 477 Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nur insoweit ein Regressrecht hat, wenn der gesamte Schaden des<br />
Verletzten gedeckt ist. Soweit die Entgeltfortzahlung zu 100 % erfolgt, kommt dem keine Bedeutung zu, weil<br />
sich infolge der vollen Abdeckung des Schadens durch die Entgeltfortzahlung keine Konkurrenz ergibt.<br />
b) Regressanspruch der Sozialversicherungsträger. aa) Gr<strong>und</strong>satz der sachlichen <strong>und</strong> zeitlichen<br />
Kongruenz (§ 116 SGB X). Besteht keine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers, hat der verletzte<br />
Arbeitnehmer Anspruch auf diverse Sozialleistungen. Soweit diese Lohnersatzfunktion haben, kommt es zu<br />
einem Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger. 478 Diese Sozialleistungen werden im Regelfall<br />
gewährt, weil zwischen dem Verletzten <strong>und</strong> dem leistungspflichtigen Sozialversicherungsträger das Band<br />
eines Versicherungsverhältnisses besteht. Sofern das nicht der Fall ist, wenn etwa ein Sozialhilfeträger oder<br />
die B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> Arbeit Leistungen erbringt, gelten <strong>für</strong> den Regressanspruch Besonderheiten. 479 Die<br />
Verzahnung der einzelnen Sozialversicherungsleistungen <strong>und</strong> deren Regressberechtigung gegenüber dem<br />
Ersatzpflichtigen, insbesondere die Frage, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang Sozialversicherungsbeiträge ersatzfä-<br />
469 Zu den von der <strong>Recht</strong>sprechung gebildeten Fallgruppen<br />
Diehl, zfs 2007, 543, 546 unter Hinweis darauf,<br />
dass diese bei Verkehrsunfällen mit der grob fahrlässigen<br />
Obliegenheitsverletzung in der Kaskoversicherung<br />
deckungsgleich sein müssten, wobei die <strong>Recht</strong>sprechung<br />
diese Parallele bisher nicht bemüht hat.<br />
Nach der durch das neue VVG erfolgten Beseitigung<br />
des Alles-oder-nichts-Prinzips ist die Parallele<br />
womöglich auch nicht mehr so hilfreich, weil der Qualifizierung<br />
eines Verhaltens als grob fahrlässig nicht<br />
mehr eine so bedeutende Rolle zukommt.<br />
470 Staudinger/Vieweg, § 843 Rn 133; Rolfs, DB 2001,<br />
2294 ff; Gamperl, NZV 2001, 401 ff; Kirchhoff, NZV<br />
2001, 361, 364 f.<br />
471 BGHZ 148, 214 = NJW 2001, 3125; BGHZ 148, 209<br />
= NJW 2001, 3127; BGHZ 145, 331 = NJW 2001, 443;<br />
BGH NJW-RR 2001, 741; Freyberger, MDR 2001,<br />
541, 543; Gitter, in: FS Wiese, S. 131, 135; Höher,<br />
4834 Huber<br />
VersR 2001, 372; Imbusch, VersR 2001, 1485 ff;<br />
Staudinger/Vieweg, § 843 Rn 133; Waltermann, NJW<br />
2004, 901 ff.<br />
472 BGHZ 66, 104 = NJW 1976, 1208 zu § 4 LFZG; ebenso<br />
zu § 5 Abs. 1 OEG BGH BeckRS 2011, 20327; Küppersbusch,<br />
Rn 110; Staudinger/Vieweg, § 843 Rn 132.<br />
473 BVerfG NJW 2011, 1793.<br />
474 Ebenso Jahnke, NZV 2008, 57 ff; Dahm, NZV 2008,<br />
280 ff; aA Möller, NZV 2009, 218 ff.<br />
475 Für die Anwendung des Familienhaftpflichtprivilegs<br />
schon zur alten <strong>Recht</strong>slage Diehl, zfs 2007, 543, 549.<br />
476 Diese Einschränkung in seinem Beispiel übersehend<br />
Diehl, zfs 2007, 543, 548.<br />
477 Küppersbusch, Rn 111; Staudinger/Vieweg, § 843<br />
Rn 129.<br />
478 Erman/Schiemann, § 843 Rn 14.<br />
479 Küppersbusch, Rn 711.