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Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...

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Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person; Geldrente/Kapitalabfindung §§ 842, 843<br />

chung lehnt das zu <strong>Recht</strong> ab. Wie beim Nutzungsausfallschaden einer Sache ist es hier gr<strong>und</strong>sätzlich möglich,<br />

den Niederschlag in der Vermögenssphäre durch die entgeltorientierte Methode zu dokumentieren. Schwierigkeiten<br />

des Verletzten sind deshalb mit Beweiserleichterungen auf prozessualer Ebene zu begegnen, nicht<br />

aber dadurch, dass ihm ein bequemerer alternativer Bewertungsansatz eingeräumt wird. 163<br />

Abgelehnt wird im Rahmen der arbeitswertorientierten Bewertung der Ansatz der Opportunitätskosten, somit<br />

der Ansatz der Kosten, die dadurch entstehen, dass eine eingestellte Ersatzkraft anderswo mehr hätte verdienen<br />

können. 164 Dem Gr<strong>und</strong>e nach ist das auch zu billigen, weil eben bloß eine weniger wertvolle Leistung erbracht<br />

wird. Völlig abzulehnen ist das Abstellen auf die Opportunitätskosten indes nicht, weil es Konstellationen<br />

gibt, in denen der Verletzte aus durchaus achtbaren Gründen – Zeitdruck, besonderes Integritätsinteresse –<br />

eine Ersatzkraft heranzieht, die zu einem Einsatz nur bereit ist, wenn sie nicht weniger verdient als bisher. Im<br />

Rahmen der Verhältnismäßigkeit (§ 251 Abs. 2) sind mE solche Kosten, die über die einer vergleichbaren<br />

Ersatzkraft hinausgehen, durchaus ersatzfähig. Zu verweisen ist namentlich darauf, dass ein Unternehmen<br />

oder der Haushalt mit betreuungsbedürftigen Kindern <strong>für</strong> einen gewissen Zeitraum fortgeführt werden soll,<br />

<strong>für</strong> den der Verletzte anstelle einer x-beliebigen Person auf eine Vertrauensperson zurückgreifen will, die eine<br />

höher dotierte Stelle aufgibt. Noch ausgeprägter ist ein solches Interesse beim Anspruch wegen vermehrter<br />

Bedürfnisse, wenn es um die Pflege einer schwer verletzten Person geht.<br />

4. Nebentätigkeit. Im Ausgangspunkt macht es keinen Unterschied, ob eine Haupt- oder eine Nebentätigkeit<br />

verletzungsbedingt nicht mehr ausgeübt werden kann. 165 Bei der Nebentätigkeit muss indes streng geprüft<br />

werden, wie lange sie der Geschädigte ohne Verletzung wahrgenommen hätte. Besonders bei Jugendlichen<br />

ist die Dauer problematisch. 166 Aber auch bei Erwachsenen ist Skepsis angebracht, wenn durch die Nebentätigkeit<br />

auf Dauer keinerlei Freizeit zur Regeneration verbleibt. Es hat dann eine zeitliche Begrenzung der<br />

Rente zu erfolgen. 167 Auch ist zu erwägen, ob der Hauptarbeitgeber auf Dauer damit einverstanden gewesen<br />

wäre. 168 Auf die sozialversicherungsrechtliche Zulässigkeit kommt es indes nicht an. 169 Der Erwerbsschaden<br />

kann aber auch bei zwischenzeitig erfolgter Ges<strong>und</strong>ung sich fortpflanzen, 170 wenn dem Verletzten eine<br />

Nebentätigkeit gekündigt wurde 171 <strong>und</strong> er in der Folge keine solche Tätigkeit mehr findet.<br />

5. <strong>Recht</strong>swidriger Erwerb. Im Ausgangspunkt soll der Verletzte nicht im Wege eines Schadensersatzanspruchs<br />

etwas ins Verdienen bringen können, was er ohne Verletzung nicht behalten hätte können, weil er das<br />

aufgr<strong>und</strong> eines rechtswidrigen Erwerbs bezogen hätte. Wie bei der <strong>Recht</strong>sfolge der Nichtigkeit eines Vertrages<br />

bei Verstoß gegen ein Verbotsgesetz gem. § 134 ist auch beim Erwerbsschaden zu differenzieren, ob das<br />

Verbot soweit reicht, dass der Gesetzgeber eine Rückabwicklung gebietet oder das nicht der Fall ist. 172 Ein<br />

Erwerbsschaden wird versagt bei Verstößen gegen die Schwarzarbeit, 173 die Arbeitszeitordnung 174 <strong>und</strong> die<br />

Aufenthaltserlaubnis von Ausländern in Deutschland, 175 nicht aber bei Steuerhinterziehung 176 oder Verstoß<br />

gegen Meldepflichten nach dem Sozialversicherungsrecht. 177<br />

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, inwieweit ein Wertewandel stattgef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> auch in der Gesetzgebung<br />

sich niedergeschlagen hat. Der BGH hat in einer älteren Entscheidung 178 ausgesprochen, dass bei Verletzung<br />

einer Prostituierten diese zwar im Ausgangspunkt keinen Erwerbsschaden geltend machen könne, weil es sich<br />

um eine unerlaubte Tätigkeit handle. Freilich kann es auch nicht hingenommen werden, dass diese der Allgemeinheit<br />

zur Last falle, was der Fall wäre, wenn sie Sozialhilfe in Anspruch nehmen würde. Die salomonische<br />

Lösung bestand somit darin, ihr einen Erwerbsschaden in Höhe der Sozialhilfesätze zuzubilligen. In<br />

der Literatur 179 ist man sich einig, dass diese Entscheidung heute anders ausfallen müsste. Es wird ins Treffen<br />

163 Zur Subsidiarität der arbeitswertorientierten Berechnungsmethode<br />

Steffen, VersR 1985, 605, 606 f.<br />

164 MüKo/Wagner, §§ 842, 843 Rn 18.<br />

165 BGH NJW 1998, 1633; Palandt/Sprau, § 842 Rn 3;<br />

Bamberger/Roth/Spindler (18. Edition), § 842 Rn 5.<br />

166 OLG Schleswig BeckRS 2009, 16407: Annahme bei<br />

einem Medizinstudenten, dass Aufgabe in der Phase<br />

der Examensvorbereitung.<br />

167 OLG Köln VersR 1989, 755.<br />

168 Van Bühren/Jahnke, Teil 4 Rn 316 f.<br />

169 BGH NJW 1994, 851; Bamberger/Roth/Spindler (18.<br />

Edition), § 843 Rn 11.<br />

170 Eggert, VA 2006, 116, 117.<br />

171 OLG Celle BeckRS 2011, 06346 = jurisPR-VerkR<br />

2011/2 Anm. 3 (Wenker): Kündigung des Nebenarbeitsverhältnisses<br />

als Reinigungsarbeiter in einem<br />

Betrieb mit weniger als 5 Arbeitnehmern, so dass kein<br />

Kündigungsschutz nach dem KSchG bestand.<br />

172 MüKo/Wagner, §§ 842, 843 Rn 55; van Bühren/<br />

Jahnke, Teil 4 Rn 274.<br />

173 BGH NJW 1990, 2542; OLG Brandenburg BeckRS<br />

2010, 12595; LG Oldenburg VersR 1988, 1246 (LS);<br />

Küppersbusch, Rn 44.<br />

174 BGH NJW 1986, 1486.<br />

175 BGH VersR 1989, 284.<br />

176 BGHZ 136, 125 = NJW 1997, 2599; ZIP 2001, 202.<br />

177 BGH NJW 1994, 851 = EWiR 1994, 287 (Plagemann);<br />

Küppersbusch, Rn 43; aA Bliesener, r+s Sonderheft<br />

2011, 10 ff unter Hinweis auf das Gesetz zur Intensivierung<br />

der Bekämpfung der Schwarzarbeit <strong>und</strong> damit<br />

zusammenhängenden Steuerhinterziehung vom<br />

23.7.2004, wonach Arbeitgeber <strong>und</strong> Beschäftigter bei<br />

einem Haushaltsscheck einer schriftlichen Meldepflicht<br />

unterliegen.<br />

178 BGHZ 67, 119 = NJW 1976, 1883 = JZ 1977, 173<br />

(Stürner) = JR 1977, 104 (Lindacher).<br />

179 Schulze/Staudinger, § 842 Rn 4; Erman/Schiemann,<br />

§ 842 Rn 5; Staudinger/Schiemann, § 252 Rn 17; van<br />

Bühren/Jahnke, Teil 4 Rn 275.<br />

Huber 4813<br />

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