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Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...

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Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person; Geldrente/Kapitalabfindung §§ 842, 843<br />

Abs. 2 gegeben ist. Strittig ist nach wie vor die <strong>Recht</strong>slage bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 793<br />

deren Verbreitung in unterschiedlichen Ausprägungen in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen hat. 794<br />

Für eine Versagung wird ins Treffen geführt, dass der BGH 795 die Vorteile aus dem Eingehen einer nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaft bei § 844 Abs. 2 nicht als Vorteil angerechnet habe, so dass im Verletzungsfall<br />

kein Ersatz gebühren könne. Abgesehen davon, dass dies fragwürdig ist, handelt es um unterschiedliche Probleme.<br />

796 Unterschiedlich beantwortet wird der Gleichlauf von Familienrecht <strong>und</strong> Deliktsrecht. 797 Abgestellt<br />

wird darauf, dass keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, weshalb ein Erwerbsschaden abzulehnen<br />

sei. 798 Eingeräumt wird ein Anspruch bei einer entsprechenden vertraglichen Absprache, 799 wobei aber so<br />

strenge Anforderungen aufgestellt werden, 800 dass nicht einmal ein Anwalt den Anforderungen an die Darlegungslast<br />

genügt hat. 801 Diese conditio diabolica wird schon deshalb kaum jemals erfüllt sein, weil sich eine<br />

nichteheliche Lebensgemeinschaft dadurch auszeichnet, dass die Partner gerade ohne Ehe- <strong>und</strong> wohl auch<br />

sonstigen schriftlichen Vertrag zusammenleben wollen. 802 Im Regelfall würde bei Abstellen auf einen –<br />

schriftlichen – Vertrag ein wesentlich geringerer Ersatzanspruch resultieren; ausnahmsweise aber ein viel<br />

höherer, wenn ein begüterter älterer Herr mit einer jüngeren Partnerin zusammenlebt, wobei sich dann die<br />

Frage stellt, welche Leistungen im (Quasi-)Synallagma stehen. 803 ME gebührt in solchen Fällen – wie auch<br />

bei Haushaltsdienstleistungen zugunsten von Kommunen oder Klosterbruderschaften 804 – ein Ersatzanspruch,<br />

weil es bloß darum geht, ob eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung der Arbeitskraft gegeben ist. 805 Da es<br />

<strong>für</strong> die Bemessung des Erwerbsschadens wegen verletzungsbedingter Vereitelung von Haushaltsdienstleistungen<br />

in der Kernfamilie nicht auf gesetzliche Unterhaltspflichten ankommt, sondern bloß auf die tatsächliche<br />

Ebene, ist auf das Band einer gesetzlichen Unterhaltspflicht auch <strong>für</strong> den Gr<strong>und</strong> des Anspruchs folgerichtig<br />

zu verzichten. 806 Der Bemessungsansatz <strong>für</strong> den Erwerbsschaden eines Haushaltsführers weicht freilich von<br />

sonstigen schadenersatzrechtlichen Bewertungsansätzen ab, als auf die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft abgestellt<br />

wird, auch wenn eine solche nicht eingestellt wird. Die Analogie zur Ehe ist daher bei einer nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaft nur zu bejahen, wenn eine Wohn- <strong>und</strong> Wirtschaftsgemeinschaft besteht; 807 darüber<br />

hinaus soll es darauf ankommen, dass die Partner <strong>für</strong> einander einstehen wollen <strong>und</strong> keine weitere Gemeinschaft<br />

gleicher Art besteht. 808 Ins Treffen geführt wird <strong>für</strong> eine Gleichbehandlung eine entsprechende Vorgehensweise<br />

auf anderen <strong>Recht</strong>sgebieten. 809 Abzulehnen ist freilich, dass ein Anspruch nur dann besteht, wenn<br />

eine solche nicht-eheliche Lebensgemeinschaft schon <strong>für</strong> einen bestimmten Zeitraum bestanden hat. 810 Zutreffenderweise<br />

gebührt Ersatz auch dann, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft erst lange nach der Verletzung<br />

begründet wird <strong>und</strong> dann Behinderungen auftreten. 811 Allenfalls ist es denkbar, die Rente zeitlich<br />

enger als bei einer Ehe zu befristen, weil die Bestandsgarantie einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft<br />

geringer sein mag als die einer Ehe, wobei zu bedenken ist, dass in Deutschland jede 3. Ehe geschieden<br />

793 Be<strong>für</strong>wortend LG Zweibrücken NJW 1993, 3207;<br />

OLG Karlsruhe DAR 1993, 391; Pardey, Rn 883;<br />

ders., DAR 1994, 265; ablehnend OLG Düsseldorf<br />

BeckRS 2009, 24688 = jurisPR-VerkR 2009/20,<br />

Anm. 3 (Jahnke); OLG Celle NZV 2009, 400 =<br />

jurisPR-VerkR 19/2009 Anm. 2 (Jahnke); OLG Düsseldorf<br />

NJW-RR 2006, 1535; OLG Nürnberg NZV<br />

2006, 209 = FamRZ 2005, 2069 (Löhnig); KG Berlin<br />

NJW-RR 2010, 1687 = SVR 2011, 102 (Balke) =<br />

jurisPR-VerkR 1/2011 Anm. 2 (H. Lang); van Bühren/<br />

Jahnke, Teil 4 Rn 481; Küppersbusch, Rn 183;<br />

Palandt/Sprau, § 843 Rn 8; offen lassend OLG Rostock<br />

zfs 2003, 233; OLG Hamm NZV 2005, 150.<br />

794 Jahnke, NZV 2007, 329: im Jahr 2003 4 Mio. B<strong>und</strong>esbürger,<br />

330: Hinweis auf Bandbreite von studentischen<br />

Wohngemeinschaften bis zu Rentenkonkubinaten;<br />

Delank, VGT 2007, 41: 2,5 Mio. heterosexuelle Paare<br />

davon 800.000 mit Kindern; Ch. Huber, NZV 2007, 1:<br />

46 % der in Deutschland Lebenden sind verheiratet,<br />

6 % leben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.<br />

795 BGH NJW 1984, 2520.<br />

796 Ch. Huber, NZV 2007, 1, 4.<br />

797 Für einen Gleichlauf Jahnke, NZV 2007, 329, 336;<br />

dagegen Pardey, zfs 2007, 303, 307; Ch. Huber, NZV<br />

2007, 1, 3.<br />

798 Jahnke, NZV 2007, 329, 334 unter Hinweis auf die<br />

weitgehend zustimmende Literatur, wobei der Autor<br />

freilich nur die ihm genehme, nicht aber die beträchtliche,<br />

wohl überwiegend gegenläufige Literatur zitiert,<br />

nicht eben ein Markenzeichen wissenschaftlicher Red-<br />

lichkeit. Vgl etwa Staudinger/Schiemann § 252 Rn 53:<br />

Erwerbsschaden der Lebensgefährtin „heute kaum<br />

noch bestritten“.<br />

799 Balke, SVR 2007, 16; Schirmer, DAR 2007, 2, 10:<br />

selbst bei vertraglicher Absprache kein Anspruch, weil<br />

bloße Fiktion; Zoll, r+s Sonderheft 2011, 133, 138:<br />

ablehnend, dass es darauf ankommen soll.<br />

800 Jahnke, NZV 2007, 329, 336: Abschluss eines schriftlichen<br />

Partnerschaftsvertrags; Balke, SVR 2007, 16.<br />

801 OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1535.<br />

802 Delank, VGT 2007, 41, 43.<br />

803 Ch. Huber, NZV 2007, 1, 4.<br />

804 Ch. Huber, in: FS Steffen, S. 193, 200 ff; zustimmend<br />

Bamberger/Roth/Spindler (18. Edition), § 843 Rn 20.<br />

805 Delank, VGT 2007, 41, 53; Röthel, NZV 2001, 329,<br />

333; aA Schirmer, DAR 2007, 2: Gefahr der uferlosen<br />

Ausweitung der Ersatzpflicht.<br />

806 Zoll, r+s Sonderheft 2011, 133, 138; Pardey, DAR<br />

2010, 14, 18; aA Balke, SVR 2006, 321, 323.<br />

807 Ch. Huber, NZV 2007, 1, 2: Erotische Dimension ohne<br />

Bedeutung.<br />

808 Pardey, zfs 2007, 303, 309.<br />

809 Pardey, zfs 2007, 303, 307 f: Zwangsvollstreckungsrecht<br />

in Bezug auf verschleiertes Einkommen; Delank,<br />

VGT 2007, 41, 49: Sozialrecht.<br />

810 Pardey, zfs 2007, 303, 309: 2 Jahre; Delank, VGT<br />

2007, 41, 50: 1 Jahr mit Bezug auf das Sozialrecht.<br />

Gegen solche Zeiträume Ch. Huber, NZV 2007, 1, 4.<br />

811 Pardey, zfs 2007, 303, 309.<br />

Huber 4859

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