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Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...

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Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person; Geldrente/Kapitalabfindung §§ 842, 843<br />

zungsunabhängige Tage der krankheitsbedingten Verhinderung. Je geringer die Anzahl der Arbeitstage ist,<br />

ein umso höheres regressfähiges Entgelt ergibt sich pro Arbeitstag. Zu bedenken ist dabei, dass gewisse Zulagen<br />

nicht während des gesamten Jahres, namentlich nicht während der Urlaubszeit, bezahlt werden. 455 Der<br />

Rückgriffsanspruch des Arbeitgebers mindert sich insoweit, als sich der Arbeitnehmer auf seinen Schadensersatzanspruch<br />

Ersparnisse als Vorteile anrechnen lassen muss, etwa Fahrtkosten oder die Verpflegung im<br />

Krankenhaus, 456 freilich nur insoweit, als sie quantitativ <strong>und</strong> qualitativ der Ernährung ohne Verletzung entspricht.<br />

457 Soweit die gesetzliche Krankenkasse keinen Selbstbehalt vorsieht, soll deren Regressanspruch –<br />

anders als der einer privaten Krankenkasse 458 – dem Regressanspruch des Arbeitgebers vorgehen, weil er<br />

einerseits auch der Existenzsicherung dient, andererseits der Anspruchsübergang schon im Zeitpunkt der Verletzung<br />

erfolgt. 459 Eine solche Berechnung muss ein Anwalt bzw Fachanwalt <strong>für</strong> Verkehrsrecht bewältigen;<br />

bei Heranziehung eines Sachverständigen sollen dessen Kosten nicht ersatzfähig sein. 460 In der Praxis dürften<br />

freilich nur die allerwenigsten (Fach-)Anwälte zu einer solchen Berechnung in der Lage sein!<br />

ee) Zeitpunkt des Übergangs. Anders als beim Regress des Sozialversicherungsträgers nach § 116<br />

SGB X, aber ebenso wie im Privatversicherungsrecht nach § 86 VVG kommt es zu einem Anspruchsübergang<br />

im Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Arbeitgeber. Bedeutung hat dies <strong>für</strong> Abfindungsvergleiche,<br />

die der Arbeitnehmer mit dem Ersatzpflichtigen vor diesem Zeitpunkt geschlossen hat. An diese ist der<br />

Arbeitgeber geb<strong>und</strong>en; insoweit wird sein Rückgriffsanspruch vereitelt. 461 In einem solchen Fall kommt es<br />

bei Vertretenmüssen des Arbeitnehmers freilich gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG – wie im Fall des Vorsatzes nach<br />

§ 86 Abs. 2 S. 2 VVG 462 – dazu, dass der Arbeitgeber insoweit von der Entgeltfortzahlungspflicht frei wird,<br />

als er sich ohne Verzicht des Arbeitnehmers beim Ersatzpflichtigen hätte regressieren können. 463 Erwägenswert<br />

ist mE die abgestufte <strong>Recht</strong>sfolge des § 86 Abs. 2 S 2 bzw 3 VVG – Ausschluss bei Vorsatz, Kürzung<br />

bei grober Fahrlässigkeit 464 – auch bei § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG heranzuziehen, leuchtet es doch kaum ein, einen<br />

Arbeitnehmer strenger zu behandeln als einen Versicherungsnehmer. 465 Bei § 116 SGB X stellt sich dieses<br />

Problem typischerweise nicht, weil es bereits im Verletzungszeitpunkt zu einem Anspruchsübergang kommt,<br />

so dass Verfügungen des Verletzten zu Lasten des Sozialversicherungsträgers ausgeschlossen sind. Dieser<br />

Umstand führt darüber hinaus dazu, dass der Regress des Arbeitgebers gem. § 6 EFZG gr<strong>und</strong>sätzlich nur<br />

insoweit zum Tragen kommt, als nicht <strong>für</strong> diesen Zeitraum eine sachlich kongruente Sozialversicherungsleistung<br />

an den Verletzten erbracht worden ist; auch ein vom Verletzten oder Arbeitgeber gegen den Schädiger<br />

erwirktes Feststellungsurteil vermag diese <strong>Recht</strong>sfolge nicht zu vermeiden. 466 Bedeutsam ist das insbesondere,<br />

wenn der Verletzte eine solche Rente vom Sozialversicherungsträger erhält <strong>und</strong> beim Arbeitgeber weiterbeschäftigt<br />

wird, in der Folge aber immer wieder infolge der vom Schädiger zu verantwortenden Verletzung<br />

erkrankt. 467 Ein Abfindungsvergleich zwischen dem Verletzten <strong>und</strong> dem Ersatzpflichtigen führt aber zur Vereitelung<br />

des Regressanspruchs des Arbeitgebers mit der <strong>Recht</strong>sfolge des § 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG, so dass es<br />

angebracht sein kann, solche Ansprüche aus dem Vergleich auszuklammern. Zu beachten ist dabei, dass vom<br />

Verletzten unternommene Maßnahmen zur Verjährungsabwendung gr<strong>und</strong>sätzlich nicht dem <strong>Recht</strong>snachfolger<br />

zugutekommen. 468<br />

ff) Versagung oder Beschränkung des Regressanspruchs. Grobes (Mit-)Verschulden des verletzten<br />

Arbeitnehmers: Wird der Arbeitnehmer bei einem Verkehrsunfall von einem Schädiger verletzt, ist ihm aber<br />

ein grobes Mitverschulden anzulasten, hat dieses qualifizierte Mitverschulden wie Trunkenheit oder Vor-<br />

455 OLG Hamm zfs 1996, 211.<br />

456 Diehl, zfs 2007, 543, 548; van Bühren/Jahnke, Teil 4<br />

Rn 470.<br />

457 Ch. Huber, r+s Sonderheft 2011, 34, 37 f.<br />

458 BGH VersR 1971, 127.<br />

459 BGH NJW 1984, 2628; kritisch dazu Ch. Huber, r+s<br />

Sonderheft 2011, 34, 37.<br />

460 OLG Hamm VRR 2011, 185 (Zorn).<br />

461 Küppersbusch, Rn 110.<br />

462 Bei grober Fahrlässigkeit hat nach § 86 Abs. 2 S 3 VVG<br />

eine Mäßigung stattzufinden; bei leichter Fahrlässigkeit<br />

ergibt sich keine Sanktion.<br />

463 Staudinger/Vieweg, § 843 Rn 126.<br />

464 Zur Schwelle der groben Fahrlässigkeit bei Zurechnung<br />

des Anwaltsverschuldens des Geschädigten<br />

Luckey, VRR 2008, 404, 406.<br />

465 Zur Versagung der Entgeltfortzahlung wegen eines<br />

Verzichts des Arbeitnehmers auf künftige Ansprüche<br />

trotz Vorhersehbarkeit einer Folgeoperation LAG<br />

Schleswig NZA-RR 2006, 568; Luckey, VRR 2008,<br />

404, 407.<br />

466 BGH NJW-RR 2009, 455 = SVR 2009, 143 (J. Lang)<br />

= jurisPR-VerkR 2009/4 Anm. 2 (H. Lang); NJW-RR<br />

2005, 1517.<br />

467 Kritisch dazu Ch. Huber, in: FS M. Binder, S. 583, 594:<br />

Normative Korrektur zugunsten eines Vorrangs des<br />

Regresses des Arbeitgebers, weil die Entgeltfortzahlung<br />

gegenüber der Erwerbsminderungsrente die konkretere<br />

Auffangmaßnahme darstellt.<br />

468 BGH NJW-RR 2009, 455 = SVR 2009, 143 (J. Lang)<br />

= jurisPR-VerkR 2009/4 Anm. 2 (H. Lang); NJW 2008,<br />

2776: hier aber Abwendung der Verjährung durch<br />

Berufung des Gläubigers auf Treu <strong>und</strong> Glauben.<br />

Huber 4833<br />

96<br />

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