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Dauner-Lieb - Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und ...

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§§ 842, 843 Abschnitt 8 | Einzelne Schuldverhältnisse<br />

Stärkungsmittel, dessen Verabreichung ex ante durchaus angezeigt war, dessen Einnahme aber nicht erfolgte,<br />

weil der Ersatzpflichtige die Zahlung verweigert <strong>und</strong> der Geschädigte es nicht auf eigene Kosten angeschafft<br />

hatte, konnte sein Ziel nicht mehr erreichen, weil der Verletzte auch ohne das Stärkungsmittel gerade so rasch<br />

ges<strong>und</strong> geworden ist wie bei dessen Einnahme. Während die Heilungskosten zumeist erfolgsbezogen <strong>und</strong><br />

typischerweise nachholbar sind, geht es bei den vermehrten Bedürfnissen darum, dass der Verletzte infolge<br />

des Zahlungsverzugs <strong>und</strong> des Unterbleibens einer bestimmten Maßnahme eine bestimmte Lebensphase weniger<br />

angenehm verbringen kann, was gerade nicht nachholbar ist.<br />

Verzichtet der Geschädigte aber aus freien Stücken auf eine bestimmte Bedarfsdeckung, kann er den da<strong>für</strong><br />

erforderlichen Geldbetrag nicht abstrakt ersetzt verlangen. Davon zu unterscheiden ist, dass bei tatsächlicher<br />

Durchführung einer Maßnahme nicht stets ein rechnerischer Schaden in Form eines Geldabflusses in einer<br />

bestimmten Höhe nachweisbar ist, so namentlich dann, wenn Familienangehörige qua Unterhaltsrecht Leistungen<br />

erbringen, <strong>für</strong> die der Verletzte auch Marktleistungen in Anspruch nehmen könnte. Nach der Wertung<br />

des § 843 Abs. 4 soll es dadurch zu keiner Entlastung des Schädigers kommen; diese sind vielmehr marktkonform<br />

zu bewerten.<br />

Modalität der Abrechnung<br />

Für einen wiederkehrenden Bedarf ist eine Rente vorgesehen. Entsprechend dem Postulat der subjektiv-konkreten<br />

Schadensberechnung ist die jeweils getroffene zumutbarerweise gewählte Gestaltung maßgeblich. Für<br />

die Vergangenheit ist darüber eine präzise Aussage möglich, nicht aber <strong>für</strong> die Zukunft. Entweder wird darüber<br />

vom Gericht oder bei der außergerichtlichen Regulierung von den Parteien eine Annahme getroffen; oder aber<br />

es wird im Rahmen einer fortlaufenden Pflegeschadensliquidierung ein Vorschuss geleistet <strong>und</strong> jeweils am<br />

Ende des Jahres erfolgt eine konkrete Abrechnung. 1123 Diese Art der Regulierung entspricht in hohem Maß<br />

der subjektiv-konkreten Schadensberechnung; erwähnt sei freilich, dass darin auch beträchtliches Streitpotenzial<br />

steckt. 1124 Entsprechendes gilt, wenn <strong>für</strong> einen Mehrbedarf ein Kapitalbetrag begehrt wird; der Ersatzbetrag<br />

kann dann bloß vorschussweise verlangt werden. 1125<br />

V.<br />

Zeitliche Befristung<br />

Werden durch die Verletzung vermehrte Bedürfnisse ausgelöst, sind diese typischerweise bis zum Lebensende<br />

gegeben. 1126 Während der Erwerbsschaden, der auf die Abgeltung der Nachteile im beruflichen Erwerbsleben<br />

gerichtet ist, bis zum fiktiven Bezug einer Altersrente begrenzt ist, sind der Erwerbsschaden wegen Beeinträchtigung<br />

in der Haushaltsführung sowie der diesbezügliche Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse zeitlich<br />

nicht begrenzt. 1127 Eine umfängliche Begrenzung ergibt sich allenfalls daraus, dass verletzungsunabhängig<br />

mit fortschreitendem Lebensalter die Kräfte nachgelassen hätten, so dass zB die Kausalität <strong>für</strong> eine Ersatzkraft<br />

jedenfalls partiell zu verneinen ist. Soweit es da<strong>für</strong> keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, trägt die<br />

Beweislast da<strong>für</strong> der Ersatzpflichtige. War eine – auch 81 Jahre alte – Person bis zum Unfall rüstig <strong>und</strong> agil,<br />

ist anzunehmen, dass sie auch weiterhin ihren Haushalt allein bewältigt hätte. 1128<br />

VI.<br />

VII.<br />

Sachliche Mehraufwendungen<br />

1. Verkehrsmittel. Da heute nahezu jeder über ein Fahrzeug verfügt, geht es kaum noch um die Anschaffungskosten<br />

eines Fahrzeugs. 1129 Ausnahmsweise ist das bei einem querschnittgelähmten Studenten so, der<br />

sich in dieser Phase kein Auto angeschafft hätte, verletzungsbedingt auf ein solches aber angewiesen ist. 1130<br />

Der Verletzte ist dabei berechtigt, ein Neufahrzeug anzuschaffen, weil die Sicherheit eine besondere Rolle<br />

spielt, was bei einem Fahrzeug, das älter als 5 Jahre ist, nicht mehr gegeben ist. 1131 Ersatzfähig sind dabei auch<br />

die Betriebs- unter Einschluss der Benzinkosten abzüglich der ersparten Kosten <strong>für</strong> ein öffentliches Verkehrsmittel.<br />

1132 Der Mehrbedarf liegt zumeist nur noch in der behindertengerechten Ausstattung des Fahrzeugs wie<br />

etwa einem Automatikgetriebe. 1133 Da solche Einbauten selten zu einer Wertsteigerung des Fahrzeugs führen,<br />

stellt sich auch kaum das Problem, dass durch den Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse lediglich die<br />

1123 So im Sachverhalt der Entscheidung OLG Zweibrücken<br />

MedR 2008, 741 mit Besprechungsaufsatz Ch.<br />

Huber, MedR 2008, 712 ff.<br />

1124 Ch. Huber, in: FS Müller, S. 35, 47 f; ders., MedR<br />

2008, 712, 713.<br />

1125 Dies verkennend BGHZ 163, 351 = NJW 2006, 1271<br />

mit Besprechungsaufsatz Ch. Huber, NZV 2005,<br />

620 ff: unbedingter Zuspruch der behindertengerechten<br />

Ausgestaltung des Zweitwohnsitzes ohne Nachweis<br />

der Durchführung einer solchen Maßnahme.<br />

4878 Huber<br />

1126 Pardey, Rn 1842.<br />

1127 MüKo/Wagner, §§ 842, 843 Rn 61.<br />

1128 OLG Hamm VRR 2007, 228 (Luckey).<br />

1129 Van Bühren/Jahnke, Teil 4 Rn 154.<br />

1130 OLG Schleswig BeckRS 2009, 16407.<br />

1131 OLG Schleswig BeckRS 2009, 16407.<br />

1132 OLG Brandenburg BeckRS 2010, 13987.<br />

1133 BGH NJW-RR 1992, 792; MüKo/Wagner, §§ 842,<br />

843 Rn 65.

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