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SPORTaktiv Februar 2019

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auch, dass er noch nie nach einem Plan<br />

trainiert hat. „Ich hasse Trainingspläne,<br />

weil sie in der Lage sind, aus einem<br />

Lustlauf einen Zwangslauf zu machen.“<br />

Wie weit er jeweils laufen wird, entscheidet<br />

er meist beim Wegrennen. Außer<br />

am Dienstag, seinem wöchentlichen<br />

Fixtermin: Da läuft er, der auch ehrenamtlich<br />

beim Roten Kreuz mitarbeitet<br />

oder sich in der Behindertenhilfe engagiert,<br />

als Begleitläufer von blinden und<br />

sehbehinderten Menschen. „So kann ich<br />

meinen Lauf spleen auch sinnvoll sozial<br />

einsetzen.“<br />

Qual und Euphorie<br />

Obwohl er persönliche Bestzeiten auch<br />

noch nach dem 60. Geburtstag aufgestellt<br />

hat, ist Josef Kladenskys Motto:<br />

nicht schneller, dafür möglichst weit<br />

laufen. Einer der längsten Nonstop-Läufe<br />

seines Lebens war der Spartathlon mit<br />

ICH HASSE<br />

TRAININGS­<br />

PLÄNE, WEIL<br />

SIE IN DER LAGE<br />

SIND, AUS EINEM<br />

LUSTLAUF EINEN<br />

ZWANGSLAUF<br />

ZU MACHEN.<br />

245 hügeligen Kilometern – gleichzeitig<br />

der härteste, gemeinsam mit dem Badwater<br />

Ultra bei 55 Grad Hitze. Von 250<br />

Startern geben beim Spartathlon in der<br />

Regel zwei Drittel auf – Kladensky überquerte<br />

nach 34:51 Stunden die Ziellinie.<br />

Ja, Ultralaufen habe natürlich auch<br />

mit Quälerei zu tun, räumt er freimütig<br />

ein. Doch Schmerzphasen würden immer<br />

wieder vergehen und sich mit Euphoriephasen<br />

abwechseln. Das Überwinden<br />

von Tiefs sei auch eine der großen<br />

Herausforderungen und Erkenntnisse<br />

von Ausübenden dieser Sportart<br />

– zu lernen, dass es viel weiter geht, als<br />

man glaubt. Eine schöne Analogie zum<br />

gesamten Leben, findet Kladensky. Und<br />

zu den Schmerzen beim Laufen sagt er<br />

auch: „Schmerz ist ein wichtiger Ratgeber.<br />

Allerdings kommt es schon auch auf<br />

den Sender an: Die Blase an der kleinen<br />

linken Zehe ist nicht stimmberechtigt.“<br />

Kein schwarzes Loch<br />

Einmal sei er gebeten worden, seine<br />

Freunde im Laufsport aufzuzählen. Auf<br />

74 sei er gekommen. Auch ein Grund,<br />

warum er noch nie bereut habe, „mit<br />

dem ganzen Blödsinn angefangen zu haben“.<br />

Kladensky führt aus: „Wenn du in<br />

diesen Rennen einen Fremden triffst, ist<br />

die Wahrscheinlichkeit groß, dass er<br />

zum Freund wird. Weil er erstens ähnlich<br />

tickt wie du und zweitens wie du in<br />

einer Ausnahmesituation steckt.“<br />

Die freundschaftliche Atmosphäre<br />

und die oft fast familiäre Szene sind es<br />

übrigens auch, die er an den österreichischen<br />

Ultraläufen und Bergmarathons<br />

so schätzt: Ötscher, Veitscher und Kainacher<br />

Berglauf hat er 2018 absolviert.<br />

„Dort drückt dir der Veranstalter persönlich<br />

die Hand.“ Zum Thema familiär:<br />

Dass seine Christine seine Laufleidenschaft<br />

nur bedingt teilt („sie läuft<br />

ihre Runde um den Häuserblock“), findet<br />

er nicht weiter schlimm und es tut<br />

der Liebe keinen Abbruch: „Es gibt zwei<br />

Zugänge: ‚Gleich und gleich gesellt sich<br />

gern‘ oder ‚Gegensätze ziehen sich an‘.<br />

Bei uns trifft einfach das Zweite zu.“<br />

Der 70. Geburtstag war schon ein<br />

Einschnitt, sagt Josef Kladensky – das<br />

Gefühl: „Wahnsinn, jetzt bist du schon<br />

ein alter Mann.“ Doch er nimmt auch<br />

das mit Humor: „In der M60-Klasse<br />

gibt es bei manchen meiner Rennen keine<br />

Starter. Dafür in der M70 einen.“ Er<br />

fühlt sich „subjektiv“ sehr gut und seine<br />

jüngsten Leistungen sind der Beweis,<br />

dass eine Zahl allein gar nichts aussagt.<br />

So wie auch die 42,195 Kilometer keine<br />

Grenze markieren, hinter der das<br />

„Menschenunmögliche“ beginnt. „Hinter<br />

dem Marathon ist kein schwarzes<br />

Loch – aber es wird dich nicht mehr loslassen“,<br />

formuliert Josef Kladensky eine<br />

Botschaft, die er in seinem Buch transportieren<br />

will. Er muss es wissen. Und<br />

wird hoffentlich noch viele Jahre lang<br />

beweisen dürfen, was jenseits der 42<br />

Kilometer alles möglich ist.<br />

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