SPORTaktiv Februar 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
EIN WAGHALSIGER SELBSTVERSUCH: WIE FÜHLT ES SICH<br />
AN, GEGEN EINEN PROFIBOXER IM RING ZU STEHEN? EIN<br />
REPORT ÜBER BRENNENDE LUNGEN, SURRENDE KÖPFE<br />
UND SCHLÄGE, DIE AUS DEM NICHTS KOMMEN.<br />
VON MARKUS GEISLER<br />
Fotos: GEPA pictures (6x), Getty Images<br />
nglaublich, wie lang drei<br />
U<br />
Minuten sein können. 180<br />
Sekunden, in denen nicht<br />
nur Lunge und Muskeln<br />
brennen, sondern auch der<br />
Kopf surrt: Passt die Beinarbeit? Hält die<br />
Deckung? Und wo zum Teufel kam die<br />
Faust grad her, die erst am Kopf und unmittelbar<br />
danach am Bauch eingeschlagen<br />
hat? Dazu die über allem stehende Frage:<br />
War es wirklich eine gute Idee, sich auf eine<br />
Box-Challenge gegen Marcos Nader, Österreichs<br />
besten Faustkämpfer, einzulassen?<br />
Dabei hatte alles ganz harmlos begonnen.<br />
„Jetzt machen wir erst einmal die Grundschule“,<br />
sagt Marcos. Zwei Wochen zuvor<br />
Boxprofi Marcos Nader mit <strong>SPORTaktiv</strong>-Redakteur Markus Geisler.<br />
hatten wir vereinbart, uns im Boxklub<br />
Bounce im 16. Wiener Bezirk zu treffen,<br />
den er mit seinem Bruder und Trainer Daniel<br />
führt. Meine Idee: Eine Reportage darüber<br />
zu schreiben, wie es sich für einen<br />
Hob bysportler anfühlt, in einem etwa 35<br />
Quadratmeter großen Ring zu stehen und<br />
ein paar Runden gegen jemanden zu fighten,<br />
der mit Leberhaken und rechter Gerade<br />
sein Geld verdient. So ganz ohne Vorkenntnisse<br />
will mich Marcos dann aber<br />
doch nicht der Gefahr aussetzen. Also: linker<br />
Fuß vor, rechte Hand zum Kinn, rechter<br />
Ellenbogen vor die Leber, linke Hand<br />
auf Augenhöhe, dazu ein leichter Rundrücken,<br />
um möglichst wenig Trefferfläche zu<br />
bieten. „Ich sage, in welche Richtung du einen<br />
Schritt machst. Der Fuß, der den kürzeren<br />
Weg hat, bewegt sich zuerst. Dazu<br />
eine Schlag-Kombination in die Luft, zuerst<br />
mit der Hand, wo sich auch der Fuß<br />
zuerst bewegt hat.“ Klingt in der Theorie<br />
eindeutig einfacher, als es die koordinative<br />
Praxis hergibt. Nach zehn Minuten versucht<br />
es Marcos mit einem vorsichtigen<br />
Lob: „Ganz gut! Oder besser: Nicht so<br />
schlecht! Also für jemanden, der das zum<br />
ersten Mal macht ...“<br />
Als Nächstes steht eine Runde Sparring<br />
auf dem Programm. Marcos stülpt die großen<br />
Handschuhe, Pratzen genannt, über,<br />
die eine etwa gesichtsgroße Trefferfläche haben,<br />
um gezielte Schläge zu üben. „Stell dir<br />
vor, zwischen uns wäre eine Schnur gespannt,<br />
die nicht reißen darf. Du musst<br />
also jede meiner Bewegungen mitgehen“,<br />
erklärt Nader. Dann schießt er die Kommandos<br />
raus: rechts, links, immer diagonal<br />
geschlagen. Dabei bewegen wir uns durch<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
199